Nicht weit von der Front: Tomaten, so weit das Auge reicht. Ein Feld bis zum Horizont. 94 Hektar gute Schwarzerde im Südosten der Ukraine, gezielt bewässert und dicht besetzt mit reich behangenen Pflanzen. Am Himmel darüber ist keine Wolke zu sehen, die Sonne brennt auf die Erde, das Thermometer zeigt 36 Grad. „Bestes Tomatenwetter“, scherzt Oleksiy Sypko, während die Erntemaschinen das Feld durchkämmen. Sie reißen die Pflanzen aus der Erde, schütteln die Tomaten ab und lassen die Stängel auf dem Feld liegen, während ein Transportband die Früchte in einen begleitenden Lastwagen spuckt. „Wir pflanzen hier nur spezielle feste Sorten, die sich maschinell ernten lassen“, sagt der 43-Jährige, der ein Firmenpolohemd in Tomatenrot trägt. „Täglich können wir so 12.000 Tonnen ernten, dafür wären sonst 60.000 Pflücker nötig.“ Klingt viel, ist viel. Doch es könnten auch viele Tonnen mehr sein.
Allein im Sommer 2021 nämlich hat der Tomatenmarkhersteller Inagro rund 775.000 Tonnen Tomaten zu Paste und Pulver verarbeitet. Damit war das Unternehmen der Familie Sypko der größte Hersteller von Tomatenmark in der Ukraine und Nummer drei in Europa. Rund 10.000 Tonnen Tomatenmark im Wert von etwa 15 Mio. Euro gingen etwa nach Deutschland, an Lebensmittelproduzenten wie Nestlé, Kühne, Unilever und Dittmann.
Anfang 2022 dann begannen die Sypkos gerade, ihre vierte Fabrik südlich von Cherson zu bauen – als Russland in der Ukraine einmarschierte. Eigentlich wollte Inagro mit der neuen Fabrik die Produktion auf mindestens 1 Million Tonnen pro Jahr hochfahren, „stattdessen mussten wir zuerst die Minen und Blindgänger von unseren Feldern räumen und die zerstörten Anlagen reparieren, um überhaupt arbeiten zu können“, sagt Sypko.