Anzeige

Nach „Credit Suisse“-Niedergang Schweizer Regierung fordert von UBS Milliarden an Zusatzkapital

Menschen stehen vor einem UBS-Logo
Die UBS ist die letzte verbliebene Schweizer Großbank
© URS FLUEELER
Die Schweizer Regierung zieht Schlüsse aus dem Niedergang der Credit Suisse – und will mehr Sicherheit von der letzten verbliebenen Schweizer Großbank UBS. Die Aktie legte zu

Die Schweizer Regierung will nach dem Untergang der Credit Suisse mit strengeren Regeln ein weiteres Bankendebakel verhindern. Vor allem für die UBS drohen einschneidende Verschärfungen der geltenden Vorgaben. Die einzige verbleibende Großbank des Landes soll ihre die Bilanz mit weiteren bis zu 26 Mrd. Dollar an Kernkapital aufpolstern, wie den am Freitag veröffentlichten Vorschlägen des Finanzministeriums zu entnehmen war. Gegenwärtig beläuft sich das Kernkapital der UBS auf 69,2 Mrd. Dollar. Rund zehn Jahre Zeit hat die UBS, das Kapital aufzubauen.

„Damit wird der Schweizer Finanzplatz stabiler und resilienter“, erklärte Finanzministerin Karin Keller-Sutter auf einer Pressekonferenz. Sie gehe nicht davon aus, dass die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt werde. Sie rechne auch nicht mit einer Verteuerung der Kredite in der Schweiz. „Was stimmt ist, dass das Wachstum im Ausland teurer wird.“ Es sei nicht Sache der Regierung zu entscheiden, ob die UBS ihren Hauptsitz in der Schweiz behalte, sagte sie auf eine entsprechende Frage. Sie hoffe, dass die Bank in der Schweiz bleibe, aber es handle sich um eine unternehmerische Entscheidung.

Nach einer Bankenkrise orchestrierte die Schweizer Regierung im März 2023 eine Notübernahme der Credit Suisse durch den größeren Rivalen UBS, um damit auch eine mögliche weltweite Finanzkrise abzuwenden. „Die Krise der Credit Suisse hat Schwachstellen aufgezeigt“, sagte der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Martin Schlegel. „Der Vorschlag des Bundesrats behebt diese Schwachstellen.“

Mehr Kapital für Auslandstöchter der UBS

Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die gegenwärtig als zu gering eingestufte Kapitalunterlegung der Auslandstöchter. Im Fall der Credit Suisse hatte die Teil-Unterlegung den Verkauf von Töchtern erschwert, weil dies bei der Muttergesellschaft eine Kapitallücke aufgerissen und die Krise verschärft hätte. Die gegenwärtige Regelung habe die Krisenbewältigung bei der Credit Suisse erschwert und sogar als krisenbeschleunigend gewirkt, erklärte die Finanzmarktaufsicht Finma.

Statt einer Eigenkapital-Unterlegung von bisher 60 Prozent sollen es in Zukunft 100 Prozent sein. Das Finanzministerium fordert nun nicht nur mehr Kapital von der UBS, sondern auch eine höhere Qualität des Kapitals. Gegenwärtig kann die Großbank die Auslandstöchter mit hartem Eigenkapital sowie mit sogenannten AT1-Anleihen unterlegen, die in einer Krise in Eigenkapital gewandelt werden können. Dem Finanzministerium zufolge hilft hartes Eigenkapital beim Überwinden einer Krise mehr als die Wandelanleihen. Den Berechnungen zufolge muss die UBS allein für die Auslandstöchter weitere 23 Mrd. Dollar bereitstellen. Zudem sollen Software-Eigenentwicklungen und Steuergutschriften nicht mehr im gleichen Maß angerechnet werden können. Dies löst einen weiteren Kapitalbedarf von rund 3 Mrd. Dollar aus.

Das neue Kernkapital soll teilweise AT1-Anleihen ersetzen. Den Bestand dieser Papiere kann die UBS damit um rund 8 Mrd. Dollar verringern. Zudem gebe es eine Reihe von Möglichkeiten wie einer Verlagerung von Kapital von einer Tochtergesellschaft zur anderen, um den effektiven Kapitalbedarf zu drücken. „Der erforderliche Kapitalaufbau kann dadurch im Idealfall ohne externe Kapitalaufnahme, ohne übermäßige Einschränkung im organischen Wachstum und ohne übermäßige Reduktion der Ausschüttungen umgesetzt werden“, betonte das Finanzministerium.

Parlament hat das letzte Wort

Im Vorfeld befürchtete die UBS durch deutlich strengere Kapitalanforderungen Wettbewerbsnachteile gegenüber den internationalen Rivalen. Diese Sorgen versuchte das Finanzministerium zu dämpfen, auch wenn die Vorgaben für das Züricher Institut in Zukunft etwas strenger sind. Gemäß den Vorschlägen müsste die UBS 15 bis 17 Prozent der risikogewichteten Aktiven als Kernkapital halten. Bei der Deutschen Bank sind es 13,8 Prozent, bei Morgan Stanley 15,7 Prozent.

Ob es zu der Verschärfung kommt, hängt vom Schweizer Parlament ab. Bis 2027 dürften die Abgeordneten die Kapitalfrage abschließend beraten. Experten rechnen damit, dass die UBS im Vorfeld ihre Lobbyarbeit intensivieren dürfte und damit bei der traditionell bankenfreundlichen Mehrheit des Parlaments auf offene Ohren stoßen könnte. In Kraft treten dürften die neuen Bestimmungen frühestens 2028. Sollte es zu einer Volksabstimmung kommen, würde es noch länger dauern. Für die Einführung sieht die Regierung dann eine Übergangsfrist von mindestens sechs bis acht Jahre nach Inkrafttreten der neuen Regelung vor.

Die Anleger reagierten mit Käufen auf die Ankündigung, die Aktie gewann bis zu sechs Prozent. „Die Vorschläge sind so ungünstig, wie es für UBS nur sein kann“, erklärte Morningstar-Analyst Johann Scholtz. „Es bedeutet, dass sie sich jetzt für einige Erleichterungen einsetzen und selbst einige Maßnahmen ergreifen kann, um die Auswirkungen abzumildern.“ Die drohenden schärferen Kapitalanforderungen hatten bei der UBS-Aktie bisher allerdings Bremsspuren hinterlassen. Während die europäischen Bankaktien in den vergangenen zwölf Monaten durchschnittlich um 40 Prozent zugelegt hätten, traten die Anteile der UBS praktisch auf der Stelle.

Oliver Hirt, Paul Arnold und Ariane Lüthi, rtr/ks

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel