Im März ging ein Beben durch die Finanzwelt: Der Schweizer Großbank Credit Suisse drohte die Pleite, in der Not übernahm die Konkurrentin UBS das Institut. Nun gab die UBS ihre ersten Quartalszahlen nach dem Aufkauf bekannt.
Die Bank verzeichnete demnach im zweiten Quartal einen absoluten Rekordgewinn von 29 Mrd. Dollar – den bisher höchsten Quartalsgewinn, den jemals einer Bank erzielen konnte. Die Summe ergibt sich aus einer buchhalterischen Differenz: Die UBS zahlte 3,8 Mrd. Dollar für die Credit Suisse, der Bilanzwert des übernommenen Kreditinstituts war aber damals deutlich höher. Der bereinigte Gewinn für das erste gemeinsame Quartal von UBS und Credit Suisse belief sich hingegen auf 1,1 Mrd. Dollar.
UBS-Chef Sergio Ermotti bestätigte außerdem, dass man das lokale Geschäft des ehemaligen Rivalen bis zum nächsten Jahr vollständig integrieren werde. Die Marke „Credit Suisse“ wird damit vollständig verschwinden. Diese Frage war bis zuletzt offen gewesen.
Allein in der Schweiz 3000 Kündigungen
Der Abschluss der Transaktion liegt nun fast drei Monate zurück. Und die Umsetzung einer der größten Fusionen in der Geschichte der globalen Finanzwelt läuft auf Hochtouren. Das Geschäft wurde im März in aller Eile eingefädelt, als die Credit Suisse auf den Konkurs zusteuerte – die Kunden hatten das Vertrauen in das 167 Jahre alte Institut verloren. Neben dem immensen Gewinn verkündete Ermotti aber auch schlechte Nachrichten: Allein in der Schweiz werden 3000 Stellen gestrichen. Weltweit wird die UBS wohl tausende weitere Arbeitsplätze abbauen.
Die Bank kündigte zudem an, zwei Drittel der Investmentsparte der Credit Suisse zu schließen – dazu auch fast das komplette Trading. Damit wolle man sich von Geschäftsbereichen trennen, die nicht in die bestehende Strategie passen.
„Es gibt keinen Spielraum für nostalgische Überlegungen“, sagte Ermotti am Donnerstag. „Wir setzen unsere Strategie um und machen damit sehr gute Fortschritte.“ Die Anleger vertrauen Ermotti bislang: Der Aktienkurs ist seit Jahresbeginn um mehr als ein Drittel gestiegen und liegt aktuell auf dem höchsten Stand seit der Finanzkrise 2008. Am Donnerstag stieg der Kurs noch einmal um 7,2 Prozent. „Ein absolut irrationaler Kursprung“, sagte Volker Brühl, Professor für Banking und Finance am Frankfurter Center for Financial Studies, zu Capital.
„Kurzes Strohfeuer“
„Das wird sich sehr schnell wieder relativieren“, glaubt Brühl. „Spätestens, wenn die nächsten Quartalszahlen kommen.“ Viele Anleger ließen sich allein von dem Wort „Rekordgewinn“ blenden und kauften aus Furcht, den Erfolg der Übernahme zu verpassen. „Das alles ist ein kurzes Strohfeuer und mit Sicherheit nicht nachhaltig.“
Der vermeintliche Rekordgewinn sei tatsächlich das Gegenteil eines tollen Geschäfts, so Brühl. „Das zeigt einfach, wie kritisch die Credit Suisse bewertet wird und wie marode sie tatsächlich ist.“ Eigentlich wird bei einer Übernahme nämlich üblicherweise mehr bezahlt, als das übernommene Unternehmen als Bilanzwert aufweist. Die Differenz zwischen Bilanzwert und Kaufpreis heißt Goodwill. Der beziffert die positiven Erwartungen für die Zukunft des Unternehmens. Das Gegenteil davon ist der sogenannte Badwill, also die Erwartungen von bisher unbekannten Risiken. Und eben das sind die 29 Milliarden, die die UBS nun als Erfolg verkauft. „Dieser Gewinn ist nicht mehr als ein Puffer für künftige Risiken aus der Transaktion“, sagt Brühl.
Wenn man beurteilen wolle, „wie gut oder schlecht die UBS dasteht, muss man diesen Effekt rausrechnen“, so Brühl. Und dann zeige sich ein anderes Bild: Der operative Gewinn der UBS sei nahe null, die Erträge rückläufig und die Kosten stiegen, so der Finanzexperte. „Das heißt: Operativ ist es ein schlechtes Quartal.“