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US-Steel-Deal Trumps goldene Aktie: Der Präsident beherrscht nun einen Stahlkonzern

Goldene Aktie, goldene Zeiten: Donald Trump Ende Mai in einem Stahlwerk von US Steel in Pittsburgh
Goldene Aktie, goldene Zeiten: Donald Trump Ende Mai in einem Stahlwerk von US Steel in Pittsburgh
© Daniel Torok/White House / IMAGO
Die US-Regierung erhält im Zuge der Übernahme des Stahlgiganten US Steel eine goldene Aktie. Das ist eine Idee ganz nach dem Geschmack von Donald Trump – aber für Amerika ein Paradigmenwechsel

Donald Trumps Vorliebe für die Farbe Gold ist hinreichend bekannt. Angefangen von seinem New Yorker Penthouse über das neu eingerichtete Oval Office bis hin zum jüngst verkündeten Trump-Phone: Alles glitzert, glänzt, ist golden.

Es verwundert daher wenig, dass eine „goldene Aktie“ eine Idee ganz nach dem Geschmack des US-Präsidenten ist. Sie ist das zentrale Element der vor wenigen Tagen endlich vereinbarten Übernahme der amerikanischen Stahlikone US Steel durch den japanischen Konkurrenten Nippon Steel für 14,9 Mrd. Dollar.

Bedingung für den Deal, auf die sich die US-Regierung nach einem anderthalb Jahre andauerndem Ringen eingelassen hat: Der Präsident erhält über eine solche goldene Aktie eine weitreichende Kontrolle über US Steel. Laut „New York Times“ soll die US-Regierung dafür eine einzige Vorzugsaktie erhalten, die „Class G“ heißen soll – G steht dabei für Gold. Damit verbunden seien vertraglich fixierte Einflussrechte auf Aufsichtsrat und Geschäftspolitik, die unbefristet gelten sollen. Dividendenzahlungen oder andere Formen, von der Firmenbeteiligung zu profitieren, soll die goldene Aktie allerdings nicht beinhalten.

„Totale Kontrolle“

Wie Handelsminister Howard Lutnick stolz auf X verkündete, gingen mit der goldenen Aktie „kraftvolle Bedingungen“ einher, um nationale Sicherheitsinteressen genauso wie die Rechte amerikanischer Arbeitnehmer zu wahren. So dürfe ohne Zustimmung der Exekutive die Firmenzentrale nicht aus Pittsburgh oder gar das gesamte Unternehmen ins Ausland verlegt werden, es dürften keine Jobs oder die Produktion verlagert, keine Werke stillgelegt oder geschlossen werden. Und nicht zuletzt behalte sich der Präsident vor, eine mögliche Änderung des Firmennamens abzulehnen.

„Wir haben eine goldene Aktie, die ich kontrolliere oder die der Präsident kontrolliert“, sagte Trump am Donnerstag voriger Woche gegenüber Reportern. Er sei allerdings „ein wenig besorgt, wer auch immer der Präsident sein“ werde in Zukunft, jedenfalls aber habe er oder sie dann „die totale Kontrolle“.

Es ist zwar auch in den USA nicht unüblich, dass die Regierung sich bei Übernahmen aus dem Ausland aus Erwägungen nationaler Sicherheit einmischt und Deals nur unter Auflagen erlaubt. Die Konstruktion mit der unbefristet geltenden goldenen Aktie im Falle des Stahl-Deals sieht aber nach einem deutlich schwereren Eingriff aus als sonst üblich.

Bruch mit Traditionen

So ist die Idee einer goldenen Aktie für Regierungen in anderen Teilen der Welt durchaus gelebte Praxis. Für die USA aber ist es ein entschiedener Schritt weg von der bislang vorherrschenden Wirtschaftspolitik, die traditionell mehr auf freie Märkte und weniger auf staatliche Interventionen setzte.

Richtig ist: Schon unter Joe Biden haben sich die Vereinigten Staaten zunehmend einer dirigistischen Wirtschaftspolitik zugewandt; allerdings setzte sich Trump im Wahlkampf entschieden davon ab. Nur sind derart althergebrachte Dogmen wie Markt oder Staat ohnehin nichts, was Trump und sein Team als Leitplanken wahrnehmen würden. Im Gegenteil, sie wünschen sich unkonventionellere Ansätze. Und Trump an seinen bisherigen Aussagen und Versprechen zu messen, ist ein zweckloses Unterfangen. Der Präsident verfolgt keine konsistente Strategie, er ist ein Stimmungspolitiker.

Trotzdem, die Einmischung bei US Steel bleibt ein Bruch mit Traditionen. Gegenüber der „New York Times“ nannte der ehemalige Regierungsbeamte Aaron Bartnick es „ziemlich beispiellos“, als Bedingung für einen Deal eine Staatsbeteiligung einzugehen. Als Shareholder in privaten Unternehmen ist der amerikanische Staat sonst eher nur in Zeiten tiefer konjunktureller Krisen aufgetreten und das auch nur bei Firmen, die von überragendem nationalen Interesse waren. Während der Finanzkrise Ende der 2000er-Jahre passierte das etwa bei den Autobauern General Motors und Chrysler und den Hypothekenriesen Fannie Mae und Freddie Mac.

„Im Prinzip verstaatlicht“

In anderen Ländern ist die Praxis der goldenen Aktie deutlich weiter verbreitet: In Großbritannien existiert das Konzept seit den 1980er-Jahren, als die konservative Regierung reihenweise Betriebe privatisierte, aber dennoch einen gewissen Einfluss behalten wollte. Heute hält der Staat goldene Aktien am Rüstungskonzern BAE Systems und dem Triebwerkshersteller Rolls-Royce. In Brasilien gibt es goldene Aktien beim Flugzeugbauer Embraer, dem Bergbaukonzern Vale und dem Wasserversorger Sabesp.

In Amerika aber regierte sonst eher die Ansicht, der Staat solle sich raushalten. So kritisierte der libertäre Ex-Republikaner Ron Paul, mit der goldenen Aktie könne die US-Regierung „jede geschäftliche Entscheidung der Unternehmensleitung außer Kraft setzen, wenn sie zu dem Schluss kommt, dass diese Entscheidung die nationale Sicherheit gefährdet“. Anhänger der Idee einer goldenen Aktie hätten offenbar vergessen, „welche Fehler daraus resultieren, wenn Politiker und Bürokraten private Unternehmen leiten“.

US Steel, bilanziert der Handelsexperte Scott Lincicome vom renommierten Cato Institute auf X, sei „im Prinzip verstaatlicht worden – von der politischen Partei, die angeblich den amerikanischen Sozialismus bekämpft“.

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