Eines ist immerhin wirklich neu bei Tesla: Elon Musk baut den Disclaimer gleich mit ein. Als er am Donnerstagabend in den Warner-Bros.-Filmstudios seinen Prototypen für ein neues autonom fahrendes Auto zeigte, kündigte der Haupteigner des Autoherstellers einerseits das Fahrzeug und den dazugehörigen Fahrdienst für 2027 an. Andererseits räumte er ein, dass er öfter mal „zu optimistisch“ bei seinen Ankündigungen sei. Es kann also auch sein, dass das „Cybercab“ getaufte Fahrzeug und das zugehörige Geschäftsmodell erst später starten. Immerhin will Tesla laut der Ankündigung bereits ab dem kommenden Jahr die Technik in Kalifornien erproben, dafür werden dann umgebaute Versionen aktueller Tesla-Fahrzeuge benutzt. Vielleicht gibt es sie also tatsächlich irgendwann einmal, die große, autonom fahrende Flotte von Tesla-Roboterautos, die jedermann per App nutzen kann und die billiger fährt als der Stadtbus.
Man muss allerdings daran erinnern, dass Musk so etwas schon öfter versprochen hat. So hat er 2016 gesagt, die Technik sei praktisch fertig und Tesla brächte sie 2017 auf den Markt. Den Käufern seiner Fahrzeuge hat er versprochen, dass sie ihre Autos zum Geldverdienen autonom in der Gegend herumfahren lassen könnten, als Taxidienste – sobald die Genehmigung da sei, würden die entsprechenden Funktionen freigeschaltet werden können. Davon hat er beim Hollywood-Studio jetzt nicht mehr gesprochen. Stattdessen soll das Cybercab nun als neues Fahrzeug mit neuer Technik kommen.
Musk passt sich Konkurrenz an
Bemerkenswert an der Präsentation ist ihr offener performativer Widerspruch: Musk hatte sie angesetzt, um zu zeigen, dass Tesla immer noch disruptiv und innovativ ist. Und dass seine Firma damit die hohe Aktienbewertung im Vergleich zu traditionellen Herstellern rechtfertigt. Denn innerhalb des vergangenen Jahres hatte es genau daran unter Analysten und Investoren zunehmend Zweifel gegeben: Die Gewinnmarge des Konzerns ist dermaßen abgerutscht, dass die Frage aufkam, ob Tesla nicht viel mehr wie ein Traditionshersteller behandelt werden muss. Das Wort „legacy“, das für die „alten“ Hersteller wie Ford, GM, VW, Toyota verwenden wird, war lange eines von Elon Musks Schimpfworten. Von all diesen wollte er sich mit der Cybercab-Präsentation wieder deutlich absetzen.
Gleichzeitig, und darin liegt der Widerspruch, machte er damit aber das, was traditionell diese alten Hersteller machen: Mit Showcars und Prototypen versuchen, Hoffnung zu erzeugen. In der Tech-Logik, der Tesla eigentlich anhängt, ist es eigentlich erstrebenswert, sich nicht mit Prototypen aufzuhalten, sondern schnell mit Innovationen zu kommen – man kann ja das Produkt bei möglichen Unzulänglichkeiten durch ein Software-Update optimieren.
Immerhin konnte Teslas Cybercab bei der Präsentation bereits autonom fahren – auf dem Warner-Bros.-Studiogelände, das nicht zum öffentlichen Straßenraum zählt. So führte Tesla zwar das Fahrzeug vor, dieses musste weder dichten Alltagsverkehr bewältigen noch andere Autos, Fußgänger, Radfahrer, Hunde beachten. Vielsagend wäre, wenn stimmt, was bislang unbestätigte Berichte sagen: Dass Tesla vor der Vorführung das Gelände aufwändig digital vermessen haben soll, um eine dreidimensionale virtuelle Karte davon zu modellieren. Denn in der Vergangenheit hatte Musk immer betont, seine Autos würden autonom fahren können, ohne eine solche virtuelle Karte zu benötigen.
Mehr Designobjekt als praxistauglich
Und das Auto selbst, dessen Design einige Beobachter an das Kleinserienfahrzeug VW XL1 erinnert, das der deutsche „Legacy“-Konzern vor zehn Jahren auf den Markt brachte (auch wenn das Tesla-Modell anders als das Deutsche kein Lenkrad hat)? Es ist zweifelhaft, ob ein zweisitziges Coupé mit riesigen Flügeltüren, wie es Tesla jetzt zeigte, das richtige für einen Taxidienst ist. Die Google-Schwesterfirma Waymo, die seit dem Sommer in San Francisco regulär autonome Taxidienste anbietet, nutzt hochbauende Fünftürer von Jaguar. Die Toyota-Partnerfirma May fährt mit Großraumlimousinen, die hinten eine Schiebetür haben. Schön sind die Autos beider Anbieter nicht – aber praktisch.
Das Tesla-Fahrzeug scheint dagegen vor allem auf Anerkennung als Designobjekt hin gestaltet zu sein und nach Maßstäben der „alten“ Autowelt. Dafür sprechen auch die Flügeltüren, ein Element, das bei Autoenthusiasten – und auch bei Elon Musk seit Teslas flügeltürenbewehrtem Model X – mit gewissen Sehnsüchten verbunden wist. Es ist aber weder besonders praktisch oder effizient nutzbar, noch lässt es eine einigermaßen kostengünstige Produktion zu. Die aber hat Musk eigentlich im Auge. Denn er sagte in dem Filmstudio, dass das Cybercab unter 30.000 Dollar kosten werde und man damit einen Massenmarkt erreichen wolle. Gegen beides spricht das Design. Euphorie weckte es zwar bei den vielen Tesla-Jüngern, die Musks Firma zu der Präsentation geladen hatte. Doch die Aktie des Unternehmens gab vor Börsenöffnung zunächst um fünf Prozent nach. Sie war nach den enttäuschenden Margenzahlen zum ersten Quartal zunächst stark gefallen. Dann aber hatte Musk das Cybercab-Event angesetzt und die Aktie hatte wieder um rund 50 Prozent zugelegt.