Anzeige

Kolumne Strategiewechsel bei Start-up-Schmieden

Inkubatoren waren in den letzten Jahren ein deutsches Erfolgsmodell. Jetzt wandelt sich das Modell der Firmen-Werften. Von Martin Kaelble

Deutschlands Ruf in der Welt der Start-ups ist mittlerweile fast jedem bekannt: Amerikanische Vorbilder nachbauen und sie auf aggressiven Expansionskurs setzen. In Punkto schnelle Marktdurchdringung im Internet können die Deutschen ausnahmsweise mit den Amis mithalten. Manche meinen gar, sie könnten es besser als alle anderen.

Ein zentrales Element hierbei waren so genannte Inkubatoren – Start-up-Werften die Firmen in Serie ausspuckten. Der größte und bekannteste: Rocket Internet, der Inkubator der Samwer-Brüder. Mit dem Erfolg der Samwer-Werft folgten schnell andere. In Berlin, Hamburg, Köln und München schossen überall Inkubatoren aus dem Boden.

Nun braucht es bei Start-ups naturgemäß ein paar Jahre, bis sich herausstellt, ob die Sache fliegt oder nicht. Und damit auch, ob ein Inkubator unterm Strich erfolgreich ist. 2013 war so etwas wie das Jahr der Wahrheit für das Inkubatoren-Modell. Auf jeden Fall zeigt sich seither eine Art Bereinigung der Inkubatoren-Landschaft.

Notwendiger Strategiewechsel

Die Gründe dafür variieren. Teils wurden die Hoffnungen nicht erfüllt, Start-ups hoben nicht schnell genug ab. Die Macher verzettelten sich in zu vielen Mini-Firmen. Am Ende stimmte bei einigen die Erfolgsquote einfach nicht. Dazu gibt es viele so genannte Inkubatoren, die nicht wirklich seriös arbeiten. Kommt man hier nach einer Modewelle auf den Boden der Tatsachen zurück? Geht einem Hype nun die Luft aus?

So unterschiedlich die Gründe auch sein mögen, jedenfalls zeigt sich eine klare Tendenz. Der Inkubator Hackfwd von Xing-Gründer Lars Hinrichs hat 2013 komplett aufgegeben. Die Gründe dafür hat Hinrichs auf der Website hinterlassen. Andere Start-up-Werften wie Foundfair und Springstar haben sich deutlich verschlankt.

Selbst erfolgreiche große Werften bauen ihr Modell um: Der Berliner Inkubator Team Europe, hat gerade erst ein Riesen-Ding gelandet und viel Geld für sein Zugpferd Delivery Hero eingesammelt. Doch trotz solcher Erfolge haben auch sie bereits einen Strategieschwenk eingeleitet. Damit einher geht eine Bereinigung des Portfolios und eine Fokussierung auf weniger Firmen.

Verspätete Entdeckung der Inkubatoren

Diese Entwicklung ist allerdings nur die eine Seite der Geschichte. Denn während sich die digitalen Pioniere mehr und mehr vom klassischen Inkubatoren-Modell abwenden, hat ihn die alte Wirtschaft gerade erst so richtig entdeckt. Wie immer recht spät und verzögert springen die Großen nun auf den Trend auf. Hier hat die Welle richtig Fahrt aufgenommen, zuletzt sprossen Corporate-Inkubatoren überall aus dem Boden, zum Beispiel bei Axel Springer oder Otto. ProSieben/ Sat.1 und die Telekom waren hier vor Jahren die Vorreiter. Es wird sich in einiger Zeit zeigen, ob hier die Alten auch nur einem Hype aufgesessen sind. Oder ob Inkubatoren ganz andere Erfolge zeigen, wenn sie an große Konzerne angeschlossen sind und deren Strukturen und Schlagkraft nutzen können.

Und Rocket Internet? Auch dort wolle man sich fokussieren, heißt es. Doch das Original unter den deutschen Inkubatoren dürfte wohl vorerst weiter Start-ups in Serie produzieren.

E-Mail: Kaelble.Martin@capital.de

Folgen Sie Capital auf Twitter: @capitalMagazin

Neueste Artikel