Am 3. Oktober 1929 im Hauptmünzamt in München. Der Mann, dem alle im Saal gespannt zusehen, heißt auch noch ausgerechnet Tausend: Franz Tausend. Ein einzigartiges Kunststück hat er versprochen: Aus einem Stückchen Blei will er 100 Milligramm pures Gold machen. Unter amtlicher Aufsicht. Am ganzen Körper haben ihn Helfer zuvor gefilzt, um Zutaten für einen Trick zu finden. Vergeblich.
Auf seiner Bühne hat Tausend nur einen Tisch, darauf diverse Apparaturen, Schmelztiegel und Brenner. Es zischt und brodelt, Tausend redet und erklärt, und am Ende hat er einen großen Klumpen, den er auseinanderbricht. Ganz unten auf dem Boden des Tiegels schließlich liegt ein kleines Körnchen, das gelb glänzt: „Tausend hat den Beweis erbracht, dass er tatsächlich in der Lage ist, Gold herzustellen“, triumphiert sein Rechtsanwalt Anton Graf von Pestalozza. Eine Sensation.
Es ist eine Zeit, in der solche Wundermeldungen begierig aufgegriffen werden. Die Wirtschaftslage hat sich verschlechtert. Die Industrieproduktion in den USA und Europa schrumpft, die Arbeitslosenzahlen steigen, und Deutschland ächzt unter den Reparationszahlungen nach dem Ersten Weltkrieg. Wenige Wochen nach Tausends Auftritt wird der Börsencrash in New York eine globale Depression auslösen. Männer wie er fanden in dieser Lage leicht Zuhörer, die ihren blumigen Versprechen glauben wollten.