Die Gespräche zwischen der EU und China über die neuen Zölle für E-Autos aus dem asiatischen Land laufen bislang offenbar eher zäh. Laut Beteiligten versuchen beide Seiten sich derzeit erst einmal über die Frage zu verständigen, ob China tatsächlich seine Autobauer subventioniert. Genau das wirft die EU den Chinesen vor und begründet damit die Zölle gegen BYD und Co. Dass sich die Regierung in Peking überhaupt auf Verhandlungen eingelassen hat, werten Praktiker als positives Zeichen.
Zu den Fakten: Von Freitag an müssen chinesische Importeure die Zölle vorläufig entrichten, die nach einer kurzfristigen leichten Korrektur der EU-Kommission nach unten bei bis zu 37,6 Prozent liegen – zusätzlich zu dem Satz von 10 Prozent der für Autoimporte ohnehin anfällt. Vorläufig bedeutet, dass die Importeure zunächst nur eine Bankgarantie für die entsprechende Summe beibringen müssen. Die Summe selbst würde dann erst nach einem endgültigen Beschluss im Herbst eingezogen.
Während die Zölle auf diese Weise indirekt bereits kassiert werden, sollen die Gespräche mit der chinesischen Regierung weitergehen. Der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis hat die Verhandlungen bereits am 22. Juni mit einem Termin beim chinesischen Handelsminister Wang Wentao in Peking aufgenommen. Seitdem werden die Gespräche auf höchster Beamtenebene fortgesetzt. Dass die Verhandlungen stattfinden, deute darauf hin, dass es Lösungsmöglichkeiten geben könnte, glauben Beteiligte. Ähnlich äußerte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: Immerhin rede man nun wieder miteinander, sagte Habeck anlässlich eines China-Besuchs in der ARD.
China sei an einer Lösung interessiert, so die Wahrnehmung. Und: China habe gute Gründe, an einer Lösung interessiert zu sein, weil der Zugang zu vielen anderen Märkte – etwa die USA – für chinesische E-Autos bereits weitgehend verschlossen se. Europa sei damit der letzte große offene Markt für die exporthungrigen Autohersteller aus der Volksrepublik.
China bestreitet Subventionsvorwurf
Einfach werden die Gespräche trotzdem nicht. Im aktuellen Stadium geht es offenbar erst einmal um die chinesische Subventionspolitik. Die Europäer argumentieren: Mit Subventionen machten die Chinesen ihre Autos auf unfaire Weise billig. Die EU wolle verhindern, dass auf dem Automarkt Vergleichbares passiert wie im Markt für Solarpanels, den China nahezu vollständig an sich gezogen hat. Deshalb will die EU den Subventionsvorteil durch die Zölle abschöpfen und sieht sich dabei im Einklang mit internationalem Handelsrecht.
Öffentlich hatte Peking den Subventionsvorwurf bislang bestritten. In den Verhandlungen sprechen die EU-Emissäre nun jede einzelne Subvention an, die sie in ihrer Untersuchung gefunden haben – es geht etwa um bevorzugten Zugang chinesischer Firmen zu Rohstoffen, günstige Kredite von staatlichen Banken, verbilligte Grundstücke für die Hersteller von der öffentlichen Hand. In den Verhandlungen soll die chinesische Seite differenzierter auf die Vorwürfe reagieren, ohne sie einzuräumen: Einige der genannten Subventionen würden weiter in Abrede gestellt, bei anderen würde nur bestritten, dass sie den schädlichen Effekt haben, den die EU unterstellt.
Über Lösungen soll überhaupt erst gesprochen werden, wenn beide Seiten sich über die Betrachtung der Subventionen verständigt haben. Das heißt, über Kompromisse wird vorerst gar nicht geredet. Und aus Sicht der EU-Kommission kommen überhaupt nur Lösungen in Frage, die die von ihr beklagten Subventionsprobleme beseitigen. Damit würden einige der kursierenden Vorschläge schon ausscheiden, etwa eine Idee, die Bundeskanzler Olaf Scholz zugesprochen wird. Demnach würden beide Handelspartner wechselseitig 15 Prozent auf Autoexporte erheben, das heißt, die europäischen Autozölle würden von 10 Prozent nur leicht steigen, die chinesischen würden von jetzt 25 Prozent etwas deutlicher sinken. Für die EU-Kommission kommt das jedoch nicht in Frage.
Die EU will keinen Kuhhandel akzeptieren
Auch auf ein größeres Handelspaket, das Produkte jenseits der Autos einbezieht, will sich die europäische Seite nicht einlassen. Peking hatte sich seinerseits nach dem europäischen Zollbeschluss über angeblich unfaire EU-Importe ins Land beklagt und eine Untersuchung über Zölle auf möglicherweise auf ungebührliche Weise verbilligtes europäisches Schweinefleisch in Gang gebracht. Auf einen Handel über den Handel will sich Brüssel aber bislang auch nicht einlassen. Schweinehälften gegen Autos, das wäre demnach kein Modell. Im Grunde läuft die Vorstellung der Europäer darauf hinaus, dass die Chinesen die beklagten Subventionen zurückdrehen müssten. Immerhin sind sie offenbar bereit eine Konzession zu machen: Einmal erhaltene Subventionen sollen nicht nachträglich ausgeglichen werden.
Vier Monate Zeit haben die Verhandler noch, bis die Strazölle dann für fünf Jahre endgültig beschlossen werden sollen. In den kommenden zwei Wochen findet noch ein sogenanntes Beratungsverfahren statt, in dem die EU-Mitgliedstaaten der Anwendung der Zölle noch widersprechen können. Aber obwohl etwa die deutsche Bundesregierung gegen die Zölle ist, gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass das geschieht – dafür gibt es genug Zollbefürworter in der EU.