Anzeige
Anzeige

Schwache Konjunktur Schwacher Export, Immobilienkrise und Konsumflaute: Chinas Wirtschaft taumelt

Baustelle eines Hochhauses in Schanghai
Baustelle in Schanghai: Viele Bauprojekte in China stocken
© Wang Gang/CFOTO / Picture Alliance
Chinas Wirtschaft ist in Turbulenzen: Der Export schwächelt, der Immobilienmarkt bricht ein, und die Chinesen haben ihre Konsumlaune verloren. Die kommunistische Führung in Peking steht vor großen Herausforderungen

Die schlechten Nachrichten für Chinas Wirtschaft häufen sich. Allein diese Woche gab es mehrere, die für sich allein schon unerfreulich sind. Die Exporte brachen ein, die Importe auch, der riesige Immobilienentwickler Country Garden steckt in Zahlungsschwierigkeiten, und dann ist das Land auch noch in eine Deflation abgerutscht. Das chinesische Erfolgsmodell steckt in erheblichen Schwierigkeiten – der Exportboom ist zu Ende, die Immobilienkrise ist es nicht.

Die Führung in Peking hatte sich das völlig anders vorgestellt. Nach dem Ende der harten Corona-Lockdowns sollte die Wirtschaft mit einer kräftigen Erholung durchstarten. Doch es kam anders. Im zweiten Quartal wuchs das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zwar immerhin um 6,3 Prozent, aber diese Zahl ist trügerisch. Denn die drakonischen Corona-Maßnahmen hatten vor einem Jahr die Konjunktur abgewürgt.

Für das laufende Jahr hat die Führung in Peking das vor diesem Hintergrund bescheidene Wachstumsziel von insgesamt 5 Prozent verordnet. Zur Einordnung: Im vergangenen Jahrzehnt hatte das jährliche Wachstum im Schnitt bei 7 Prozent gelegen, in den 2000er Jahren noch bei mehr als 10 Prozent.

Chinas Wirtschaftskraft leidet nicht mehr an den Nachwehen der Pandemie, die Ursachen liegen tiefer. Ein Kernproblem ist, dass in China der Konsum sinkt. Das ist für die Kommunistische Partei vor allem deshalb alarmierend, weil sie das Wirtschaftsmodell verändern möchte: weg von der Exportabhängigkeit hin zum Binnenkonsum.

„Gebt mir mein Gehalt“

Die Kaufzurückhaltung der Chinesen hat viele Ursachen. Da ist zunächst der kriselnde, hoch verschuldete Immobiliensektor. Das Land hatte einen jahrelangen, gigantischen Immobilienboom erlebt - der Sektor machte zeitweise gut ein Viertel der gesamten Wirtschaft des Landes aus. Doch nun platzt die auf Pump finanzierte Blase.

Viele Chinesen haben ihre kompletten Ersparnisse in Wohnungen gesteckt und sich für den Kauf hoch verschuldet - und müssen nun nicht nur erleben, dass Immobilienpreise einbrechen. Firmen haben wegen Geldmangel Probleme, Projekte abzuschließen. Kunden müssen deshalb fürchten, dass ihre im Voraus bezahlten Wohnungen nie gebaut werden. Da ist es nicht überraschend, wenn Chinesen ihr Geld zusammenhalten.

Derweil verprügelten Anfang August ehemalige Mitarbeiter des Immobilienkonzerns Shenzhen Baoneng den Chef Yao Zhenhua, vor dem Hauptsitz des Unternehmens. Sie warfen dem Milliardär vor, dass Gehälter nicht gezahlt wurden, und klebten Zettel mit der Forderung „Gebt mir mein Gehalt“ auf die Scheiben seiner schwarzen Maybach-Luxuslimousine. Nach dem Vorfall nahm Zhenhua an einem Treffen teil, bei dem er angesichts von Liquiditätsproblemen Entlassungspläne bekanntgab.

China droht ein Teufelskreis: Verbraucher und Unternehmen zahlen derzeit lieber ihre Schulden zurück, anstatt zu konsumieren und zu investieren. Viele Menschen werden beim Geldausgeben zögerlicher, weil sie den Verlust ihres Jobs oder eine Kürzung ihres Lohns fürchten. Chinas Jugendarbeitslosigkeit ist außerordentlich hoch, jeder fünfte der 16- bis 24-Jährigen ist ohne Job. All das führt zu noch mehr Vorsicht - und bremst die Konjunktur noch weiter.

Importe gehen stark zurück

Die Zurückhaltung zeigt sich auch daran, dass das allgemeine Preisniveau in China im Juli um 0,3 Prozent gesunken ist. Das sollte allerdings nicht überbewertet werden. Denn zum einen liegt das vor allem auch daran, dass die Preise für Schweinefleisch - eine wichtige Ernährungsquelle in der Volksrepublik - stark gesunken sind. Zum anderen ist milde Deflation in China nicht ungewöhnlich.

Beunruhigender ist eine andere Zahl: Die Erzeugerpreise gingen um mehr als vier Prozent zurück und sanken damit den zehnten Monat in Folge. In der Statistik werden diese Preise ab Fabriktor geführt - also bevor die Produkte weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Sie geben einen frühen Hinweis darauf, wie sich die allgemeinen Verbraucherpreise entwickeln. Ein weiterer Indikator für den schwächelnden Konsum: Im Juli brachen die Importe um mehr als zwölf Prozent ein.

Die Regierung in Peking will die Konjunktur ankurbeln. Doch die bisher umgesetzten Maßnahmen haben noch keine nennenswerte Wirkung entfaltet. Wenn sich der Immobilienmarkt nicht erholt und der deflationäre Druck zunimmt, wird es immer schwerer, die Wende hinzubekommen.

Der Artikel ist zuerst bei ntv.de erschienen

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel