
Die Bremer Vulkan war der ganze Stolz der Hansestadt. Eine Werft von Weltruf. U-Boote, Kreuzfahrtschiffe und Containerriesen liefen hier vom Stapel. Bis zu 23.500 Schiffbauern gab der Werftverbund Arbeit. Mancher Vulkanese arbeitete dort bereits in dritter oder vierter Generation. Tradition pur, seit mehr als 100 Jahren.
Seit 1997 ist die Werft Geschichte, ausgelöscht. Was blieb, war ein handfester Politskandal. Im Mittelpunkt steht Friedrich Hennemann, der als Bremer Senatsdirektor auf den Chefsessel des Konzerns gehievt wurde. Denn die Vulkan, das war Bremen, gepäppelt mit Millionen aus der Landeskasse.
Noch im Juni 1995 fabulierte Hennemann von einem „maritimen Weltkonzern“, schwärmte von einem „ozeanischen Jahrhundert“. Dutzende Betriebe bündelte er unter dem Dach der Vulkan. Doch viele der Zukäufe erwiesen sich als Problemfälle. Denn längst hatte mit Korea ein Konkurrent den Weltmarkt erobert, der Schiffe in gleicher Qualität, aber deutlich billiger produzieren konnte.

Um überhaupt Aufträge zu bekommen, baute die Bremer Vulkan Schiffe mit Verlust. Die Löcher in der Bilanz versuchte sie mit Geldern zu stopfen, die die Treuhand für Werften in Wismar und Stralsund gezahlt hatte – mehr als 2 Mrd. D-Mark. Geld, das in Ostdeutschland investiert werden sollte, um dort die Arbeitsplätze zu sichern. Doch die Subventionen zirkulierten im gesamten Konzern – und versickerten dort.
Als Börsenspekulanten wie Florian Homm erste Gerüchte über Liquiditätsprobleme streuten, war der Konzern nicht mehr zu retten. Leerverkäufer witterten ihre Chance und schickten die Aktie auf Talfahrt. Von September 1995 bis Mai 1996 fiel das Papier von 80 auf 1,50 D-Mark.
Auf Druck der Banken musste Hennemann gehen. Er hinterließ einen Berg an Schulden: 4 Mrd. D-Mark. Im Mai meldete die Bremer Vulkan Insolvenz an. 15.000 Menschen verloren ihren Job.
Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Untreue gegen Hennemann und andere Manager. Denn 854 Mio. D-Mark blieben verschwunden. Erst 14 Jahre später, im Mai 2010, wurde das Verfahren endgültig eingestellt. Kritiker vermuteten, das Gericht habe das Verfahren absichtlich in die Länge gezogen, um den ehemaligen Senatsdirektor zu schonen. Denn viele Belege waren inzwischen verloren gegangen. Kassenbücher und Geschäftsberichte müssen schließlich nur für zehn Jahre aufbewahrt werden.
Hauptperson
Friedrich Hennemann wurde am 17. April 1936 bei Bremen geboren. 1977 wurde er zum Senatsdirektor in Bremen ernannt und zehn Jahre später an die Konzernspitze der Bremer Vulkan gehievt. In einem ersten Verfahren wurde ihm 2001 eine Mitschuld an der Pleite gegeben. Doch zwei Jahre auf Bewährung erachtete die Staatsanwaltschaft als zu wenig und ging in Revision. Der BGH entschied 2004, das Verfahren müsse neu aufgerollt werden. 2010 wurde es aber eingestellt.
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