Die Kryptobranche steht einmal mehr in der Kritik: Nachdem in diesem Jahr bereits Plattformen wie Terra, 3AC oder zuletzt FTX in sich zerfielen, gerät nun der nächste Broker in den Fokus: Am Mittwoch teilte „Genesis“ mit, bis auf weiteres keine Auszahlungen mehr vorzunehmen. Im Zuge des FTX-Kollapses stehe man einem „ungewöhnlichen“ Volumen an Abhebungsaufträgen gegenüber, hieß es zur Begründung. Die Aufträge überstiegen die derzeitige Liquidität der Kreditsparte Genesis Global Capital, erklärte der Interimschef Derar Islim.
Genesis überprüfe alle Optionen zur Beschaffung neuer Mittel und werde nächste Woche einen Plan für das Kreditgeschäft vorlegen. Die Maßnahmen sollen aber nur das Kreditgeschäft betreffen, stellte er klar. Der Kassa- und Derivatehandel sowie das Verwahrungsgeschäft bleiben hingegen „voll funktionsfähig“.
Die Kryptobörse Gemini gilt als der größte Kreditgeber von Genesis. Am Mittwoch gab Gemini bekannt, mit Genesis zusammen an einer Lösung zu arbeiten und Gelder „so schnell wie möglich“ zurückzuzahlen. Gemini wird von den Risikokapitalgebern und Zwillingsbrüdern Cameron und Tyler Winklevoss geführt, die für ihren Rechtsstreit mit Mark Zuckerberg um das soziales Netzwerk ConnectU bekannt sind.
Der plötzliche Kollaps von FTX löste im Krypto-Sektor eine Welle der Panik aus. Anleger haben daraufhin begonnen, ihre Vermögenswerte von den Plattformen abzuziehen. Als einer der ältesten und bekanntesten Kryptobroker bietet Genesis professionellen Anlegern digitale Vermögenswerte sowie Handels- und Verwahrungsdienstleistungen an. In den letzten Jahren war es Genesis außerdem gelungen, sich als einer der größten Kryptowährungskreditgeber zu etablieren. Fonds konnten sich so Dollar oder virtuelle Währungen bei dem Krypto-Broker leihen.
Das Geschäft mit Kryptokrediten ist in diesem Jahr allerdings dramatisch geschrumpft. Im dritten Quartal lag das Volumen der Darlehensvergabe nur noch bei 8,4 Milliarden Dollar. In den ersten drei Monaten des Jahres waren es noch 44,3 Milliarden Dollar.
Genesis hat letzte Woche mitgeteilt, dass es von seiner Muttergesellschaft, der Digital Currency Group, eine Kapitalspritze in Höhe von 140 Millionen Dollar erhalten wird. 175 Millionen Dollar aus dem Derivategeschäft würden auf einem FTX-Handelskonto feststecken. Bereits der Bankrott des Krypto-Hedgefonds Three Arrows Capital (3AC) hatte Genesis durch ein Darlehen von 2,4 Milliarden Dollar stark belastet.
Aus Gerichtsdokumenten geht hervor, dass Three Arrows etwa die Hälfte des erforderlichen Kapitals zurückgezahlt hat. DCG hat daraufhin die ausstehenden Verbindlichkeiten übernommen und ist nun der größte Gläubiger des gescheiterten Hedgefonds.
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