Wegweisende Entscheidungen habe ich diese Woche getroffen: zum einen die Titelgeschichte für das nächste Heft, zum anderen fragte eine Bildredakteurin, ob sie ihren Hund übergangsweise mit in die Redaktion bringen dürfe, bis sie einen neuen Hundesitter gefunden habe.
Klar, sagte ich. Solange der Hund auch bei der Produktion hilft. Schließlich sind wir hier eine junge Redaktion, die noch im Aufbau ist, und nicht „The Atlantic“, der seit 1862 das Weltgeschehen mit Worten umwälzt.
Der Hund wurde mir im Übrigen persönlich vorgestellt. Ich habe vorgeschlagen, er solle sich erst mal an einem Kurzkommentar für Online versuchen. (Ich überlege gerade, dass ein positives Feedback für Hunde recht kurz ausfallen kann: „Wow.“)
Übergangsweise ist er also hier. Die Definition von „übergangsweise“ respektive „vorübergehend“ ist im Leben übrigens immer eine interessante Sache. Weil ich glaube, dass dieses Wort ein Mythos ist. Nicht erst, seitdem wir übergangsweise Länder an der Peripherie retten und deren Staatsanleihen aufkaufen..
Wenn Sie im Büro jemand bittet, ob Sie übergangsweise, sagen wir mal, das Projekt von Herrn Meier mitbetreuen könnten, sollten sie wissen: In Unternehmen ist „übergangsweise“ gleichbedeutend mit „auf immer und ewig“ und vor allem „ab sofort allein“. Natürlich zu gleichen Bezügen.
Ich empfehle den Dachboden-Check, bevor Sie zusagen. Der ist schnell gemacht: Hat Sie schon mal jemand gefragt, ob er vorübergehend ein paar Sachen auf Ihrem Dachboden unterstellen kann (oder im Keller)? Sehen Sie, die Worte „unterstellen“ und „übergangsweise“ vertragen sich nicht. Krempel, der eingelagert wird, liegt dort für immer, Kram von Freunden und Bekannten ist wie Atommüll in einem Salzbergwerk. Es gibt nichts Schöneres im Leben, als für Freunde zum Wertstoffhof zu fahren.
Ich glaube sogar, dass Dachböden nur dafür erfunden wurden, um Kram der Menschheit wegzusperren. Als die Böden zu voll wurden und vor Gerümpel zu bersten drohten, wurden Flohmärkte erfunden, auf denen Ramsch von einem Dachboden auf die Straße gebracht wird, dort für ein paar Euro den Besitzer wechselt, der den Krempel auf einen anderen Dachboden trägt. Ich glaube ja auch, dass in diesen Castor-Transporten oft gar keine Brennstäbe aus Kernkraftwerken drin sind, sondern Kram von deutschen Dachböden, den wir heimlich ins Ausland schaffen. Denn seit Deutschland, gottlob, keine Kriege mehr führt und in Frieden lebt, wird der Kram auf den Dachböden nicht mehr alle 30 Jahre weggebombt. Zugegeben, ich bin noch ganz am Anfang, diese Theorie zu belegen.
Dachboden-Check heißt also: Überlegen Sie sich immer, ob sie „noch einen Platz frei“ haben, in diesem Fall: in Ihren Ressourcen. Stellen Sie sich bei jeder Aufgabe, die Ihnen übertragen wird, vor, es wäre eine große Kiste, die jemand bei Ihnen einlagern will. Es lohnt sich, erst mal hineinzuschauen, vielleicht ist ja ein altes Grammophon drin. Doch machen Sie sich keine Illusionen: Kollegen geben Ihnen nur gesprungenes Porzellan und alte Zeitungen.