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Inflation Lebensmittelpreise fallen in Deutschland – und setzen die EZB unter Druck

Der Einkauf im Supermarkt ist im vergangenen Jahr deutlich teurer geworden – auch wenn sich die Preisanstiege zuletzt wieder ein wenig abgeschwächt haben
Der Einkauf im Supermarkt ist im vergangenen Jahr deutlich teurer geworden – auch wenn sich die Preisanstiege zuletzt wieder ein wenig abgeschwächt haben
© IMAGO/Martin Wegner
Nach den Energiepreisen sinken auch die Nahrungsmittelpreise in Deutschland. Die für die Geldpolitik der EZB wichtigste Kennzahl, die Kerninflation, zeigt dagegen keinerlei Entspannung an – im Gegenteil.

Auf den ersten Blick scheint sich bei der Inflation nicht viel verändert zu haben. Die Inflationsrate – die Änderung der Verbraucherpreise im Jahresvergleich – ging im April laut Statistischem Bundesamt auf 7,2 Prozent zurück. Im März hatte sie bei 7,4 Prozent gelegen. Ein Blick auf die Details und auf die Preisbewegungen nicht im Jahres-, sondern im aktuellen Monatsvergleich zeigen allerdings einige erhebliche Veränderungen – positive und negative.

So begannen vor allem die Lebensmittelpreise im April, erstmals seit zwei Jahren teils deutlich zu sinken. Im Schnitt waren Nahrungsmittel 0,8 Prozent billiger als im März. Speiseöle wie Sonnenblumen- oder Rapsöl kosteten gut 8 Prozent weniger. Butter wurde 3,6 Prozent billiger. Die Preise für frisches Gemüse, die zuvor unter anderem aufgrund einer Kältewelle in Spanien besonders stark in die Höhe geschnellt waren, sanken wieder um 10 Prozent.

Die jüngsten Preissenkungen machen die vorherigen monatelangen Steigerungen zwar bei Weitem noch nicht wett – so lagen die Nahrungsmittelpreise auch im April noch gut 17 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, sieht aber Hinweise, dass eine Trendwende eingesetzt hat. Er habe Hoffnung, „dass auch bei der Lebensmittelinflation der Höhepunkt jetzt klar hinter uns liegt“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Lebensmittel seien zuvor zum einen teurer geworden, weil die Weltmarktpreise für Agrarprodukte gestiegen waren. Zum anderen, weil Energie teurer geworden war, die etwa zum Heizen von Gewächshäusern eingesetzt wird. „Beide Faktoren sind inzwischen weggefallen“, sagte Dullien.

Bei den Energiepreisen, dem anderen großen Inflationstreiber im vergangenen Jahr, hatte schon früher eine Trendwende eingesetzt, die sich im April allerdings nur teilweise fortsetzte. Während Heizöl sich noch einmal um 3,1 Prozent deutlich verbilligte, sanken die Strom- und Gaspreise um 0,3 beziehungsweise 0,1 Prozent nur leicht. Auch Diesel kostete im April noch einmal gut 2 Prozent weniger als im März. Superbenzin wurde allerdings mit 2,8 Prozent wieder deutlich teurer. Ebenso wie – trotz Preisbremse – Fernwärme, für die Kunden im Durchschnitt 3,3 Prozent mehr als im Vormonat bezahlten mussten.

Kerninflation verselbstständigt sich

Während die Verbraucher bei den im vergangenen Jahr besonders stark zu Buche schlagenden Kosten für Energie und Lebensmittel teilweise nun eine Entlastung spüren, steigen die Preise insgesamt weiter an. Die Inflation verlagert sich dabei in andere Bereiche. Bekleidung und Schuhe etwa waren im April 1,8 Prozent teuer als einen Monat zuvor. Auch die Preise für viele Dienstleistungen zogen an. Übernachtungen etwa kosteten im Monatsvergleich 1,8 Prozent mehr, Pauschalreisen wurden 1,4 Prozent teurer.

Für die Europäische Zentralbank, die versucht, die Inflation mit ihrer Geldpolitik zu steuern, ist diese Verschiebung ein Problem. Eine zentrale Kennzahl für die Notenbanker ist die sogenannte Kerninflation. Sie bildet die Preisentwicklung ohne Energie und Nahrungsmittel ab. Deren Preise schwanken oft stärker als die anderen. Die Kerninflation zeigt daher im Vergleich zur Gesamtinflation hartnäckigere Preisveränderungen, denen die Geldpolitik eine größere Aufmerksamkeit widmen muss.

Im Jahresvergleich war die Inflation auch im April noch stark von den Nahrungsmittelpreisen geprägt. Die Gesamt- lag mit 7,2 Prozent deutlich über der Kerninflation. Im Monatsvergleich ist es allerdings nun umgekehrt: Die Gesamtinflation lag hier bei 0,4 Prozent, auf ein ganzes Jahr hochgerechnet entspricht das einer Inflation von 4,9 Prozent. Die Kerninflation aber mit 0,6 Prozent, das entspricht auf ein Jahr hochgerechnet 7,4 Prozent, lag deutlich darüber. Abgesehen davon, dass die EZB nicht nur auf die deutsche, sondern die Gesamtinflation im Euroraum achten muss, bietet die aktuelle Preisentwicklung in Deutschland daher aus Sicht der Notenbanker keinerlei Anlass, bei der Inflationsbekämpfung nachzulassen.

Dieser Artikel ist zuerst auf n-tv.de erschienen.

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