Anzeige

Gesundheitssystem Krankenhausreform: Die Revolution ist ausgeblieben

Der Umsatz in privaten Kliniken steigt 
Revolution? Oder Revolutiönchen? Lauterbachs Krankenhausreform ist da
© IMAGO / Markus van Offern
Mit der Krankenhausreform will Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Kliniklandschaft fit für die Zukunft machen. Kann das so gelingen? Gastautor Djordje Nikolic meldet Zweifel an

Da ist sie nun, die langersehnte Krankenhausreform, von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach als „Revolution“ angekündigt. Im Januar 2024 soll sie in Kraft treten und den Weg in eine wohnortnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung bundesweit ebnen. Endlich! Das mag der ein oder andere denken. Doch viel ändern wird sich meiner Meinung nach im deutschen Gesundheitswesen nicht. Statt eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung zu sichern, wird deren Weiterentwicklung dem Zufall überlassen.

Die angekündigten Vorhaltepauschalen sollen ab 2026 kommen. Bis dahin drohen weiterhin einige Insolvenzen von Kliniken statt eines kontrollierten Umbaus der Krankenhauslandschaft in Deutschland. Denn: Es gibt im Gesundheitsetat für 2024 keine finanziellen Mittel, um eine sinnvolle Übergangsfinanzierung für versorgungsrelevante Kliniken hinzubekommen. Das Eckpunktepapier lässt diese Fragen ebenfalls offen – wie beispielsweise die finanzielle Ausstattung durch Bund und Länder oder die Liquiditätssicherung gerade in Bezug auf die Tarif- und Inflationsentwicklung der Krankenhäuser.

Die Anzahl der Insolvenzen wird jedoch nicht so groß ausfallen, wie sie oftmals prophezeit wird. Warum? Uniklinika sind per se nicht insolvenzfähig, da sie Landesbetriebe sind. Bei kommunalen Häusern wird die Politik vor Ort nicht zulassen, dass Kliniken schließen – schon gar nicht in Wahljahren. Bei konfessionellen Krankenhäusern ist dies schon eher denkbar, wenn die Kirche erforderliche Finanzspritzen nicht leisten will. Für private Träger sind Schließungen ein probates Mittel, wenn eine ihrer Kliniken nicht mehr wirtschaftlich ist.  

Es wird nicht jeder weitermachen können wie bisher

Mit einer sich selbst überlassenen Bereinigung des Klinikmarkts wird der Idee, die vorhandenen personelle Ressourcen auf weniger Kliniken zu verteilen, entgegengewirkt. Eine gut geplante Anpassung der Kliniklandschaft hätte auch zu einer besseren Umverteilung der personellen Ressourcen geführt. Das war ein mitgedachter Effekt bei der Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft, bei der nicht jedes Haus möglichst viele Fachbereiche anbietet, sondern Kliniken sich spezialisieren sollen. Im Fokus stand bei dieser Idee die medizinische Qualität.

Um qualitativ hochwertige Medizin zu bieten, wird nicht jeder weitermachen können wie bisher. Denn es gibt eine Überversorgung, wie die Bedarfsanalyse zeigt. Aber welche Klinik wird auf Leistungen verzichten wollen, wenn man die Qualität dafür im eigenen Haus gegeben sieht? Zudem bin ich davon überzeugt, dass die Vorhaltepauschalen die Bereitschaft der Kliniken in der eigenen Region medizinisch zu kooperieren eher hemmen wird. Vor allem Kliniken von großen Verbünden werden dazu keine Veranlassung sehen. Wenn die Vorhaltepauschalen von 60 Prozent an einem Bundesdurchschnitt gemessen werden, sind deren Kliniken klar im Vorteil. Müssen sie doch aufgrund zentraler Strukturen nicht jede personelle Ressource jeweils in den einzelnen Kliniken vorhalten. Zumindest wird die Vorhaltepauschale aber die wirtschaftliche Situation der kleineren Krankenhäuser entspannen.

Viele offene Fragen

Im Eckpunktepapier ist ebenfalls festgehalten, dass eine sektorenübergreifende Versorgung folgen soll, also damit eine Abkehr von der strengen Trennung der Patientenbehandlung im ambulanten oder stationären Bereich. Das gemeinsame Finanzierungsmodell für den ambulanten und stationären Bereich, die sogenannte Hybrid-DRG, soll Anfang 2024 kommen. So steht es zumindest in dem aktualisierten Arbeitspapier des BMG. Zu Umfang und Inhalt ist bislang nichts bekannt.  

Das sogenannte „Level-1i- Haus“ als neue sektorenübergreifende Versorgungsform ist angedacht, aber noch viel zu wenig konkretisiert. Klar ist nur, dass es sich um kleine Gesundheitseinrichtungen handelt, die aber künftig keine Notfallversorgung durchführen dürfen. Hier gibt es noch viele offene Fragen. Dabei sind Antworten auch hier dringend nötig, Ärzte fehlen sowohl in der stationären als auch der ambulanten Versorgung. Und das inzwischen nicht mehr nur in den ländlichen Regionen, sondern auch in den Städten.

Die Krankenhauslandschaft wird sich verändern. Aber anders als vorgesehen. Und vor allem im Schneckentempo. Bis dahin könnte das ein oder andere versorgungsrelevante Krankenhaus auf der Strecke bleiben.

Prof. Dr. med. Djordje Nikolic ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Krankenhausberatung Consus.health und Professor für Klinikmanagement an der SRH Fernhochschule – The Mobile University

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel