Anzeige

Debatte Kleine Pause für die Strompreise

Stromverbraucher können im nächsten Jahr durchatmen. Doch die Erholung ist nur vorübergehend. Von Susanne Hounsell
Hounsell_portrait

Susanne Hounsell ist Associate Director European Energy Policy bei IHS Inc. in Paris. Sie schreibt regelmäßig auf capital.de über Energiethemen

Die Strompreise an der Börse sinken für die Stromversorger und die Rufe nach Weitergabe der niedrigen Marktpreise an die Verbraucher werden lauter. Vor allem seit die EEG-Umlage, mit der deutsche Endverbraucher die Energiewende über ihre Stromrechnung finanzieren, wieder angestiegen ist – wenn auch um einiges weniger als von vielen befürchtet.

Zusammengenommen könnten die niedrigen Marktpreise für Strom und die nur leicht gestiegene EEG-Umlage den deutschen Haushalten im nächsten Jahr eventuell endlich eine Verschnaufpause bei der jährlichen Stromrechnung bescheren. Fraglich ist jedoch, wie lange diese Pause anhalten wird – und ob nicht andere Kosten doch noch einen Strich durch die Rechnung machen.

Wind und Sonne für lau

Der Marktpreis für Strom an der Börse reflektiert (frei nach Adam Smith) Angebot und Nachfrage – also insbesondere die Kosten für Kohle- und Gaskraftwerke auf der einen, und die Stromnachfrage der Verbraucher auf der anderen Seite. Beim deutschen Stromangebot kommt noch hinzu, dass der Wertverlust des Börsenstroms aus konventionellen Kraftwerken umso höher ist je mehr Strom aus Wind und Sonne produziert wird. Denn Wind und Sonne produzieren Strom für lau – im Gegensatz zu den Kohle- und Gaskraftwerken, die deshalb weniger oder gar nicht produzieren, wenn schon ausreichend Wind und Sonne für Strom sorgen.

Neben der steigenden Stromproduktion aus Wind und Sonne ist ein weiterer Grund für den Preisverfall an der Börse nun aber vor allem, dass auch die Kosten für Kohle- und Gaskraftwerke immer weiter sinken. Der Grund: Internationale Preise für Öl, Kohle und Gas sind auf einem Tiefstand. Nimmt man zur günstigeren Angebotsseite eine vergleichbar geringe Stromnachfrage hinzu, dann kommt man auf das heutige Niedrigpreisniveau an der Strombörse.

Die Weitergabe der niedrigen Marktpreise an die Verbraucher wird ein erster Schritt sein – aber mit begrenzten Zukunftsperspektiven. Natürlich, je länger das niedrige Preisniveau an der Börse anhält, desto mehr werden die Stromversorger die gesunkenen Beschaffungskosten auch an ihre Kunden weitergeben. Damit würde der Effekt der leicht gestiegenen EEG-Umlage zumindest nächstes Jahr abgefangen.

Kostspieliger AKW-Stopp

Aber der Marktpreis wird nicht jedes Jahr weiter sinken, sondern sich höchstwahrscheinlich auf Niedrigniveau stabilisieren. Die Abschaltung der Kernkraftwerke und eine zumindest partielle konjunkturbedingte Erholung der Nachfrage werden die Auswirkungen des Ausbaus der erneuerbaren Energien und niedrigen Brennstoffpreise abfangen.

Somit bleibt die Weitergabe der niedrigen Börsenpreise für Strom eher eine kurzfristige und einmalige Gelegenheit, die Verbraucherpreise zu entlasten.

Hinzu kommt, dass Marktpreise und EEG-Umlage zusammen heute nur gerade ein Drittel der durchschnittlichen Haushaltsstromrechnung bestimmen. Die anderen zwei Drittel setzen sich aus einer Reihe weiterer Umlagen und Steuern, sowie Netz- und anderen Versorgungskosten zusammen.

Zahlen für den Netzausbau

Besonders die Netzkosten steigen in manchen Regionen im nächsten Jahr an, auch bedingt durch den für die Energiewende benötigten fortschreitenden Netzausbau. So droht beispielsweise in Baden-Württemberg eine zwanzigprozentige Erhöhung der Netztarife, die auch in die Verbraucherstrompreise miteinfließen wird. Zusätzliche Kosten kommen unvermeidlich auf den Stromverbraucher zu, wenn Stromtrassen zumindest teilweise mittels teurer Erdkabel ausgebaut werden.

Der Netzausbau sowie der Ausbau der erneuerbaren Energien sind noch lange nicht geschafft, und damit ist auch der Spitzenkostenpunkt der Energiewende noch nicht überschritten. Die Möglichkeiten, im Sinne des Verbrauchers am Strompreis zu schrauben, werden jedoch zusehends schwerer zu finden sein.

Neueste Artikel