Die Bundesregierung hat das Verbot von Waffenexporten nach Saudi-Arabien aufgehoben. Die erste Lieferung für den Wüstenstaat kommt vom Bodensee: Dort, im kleinen Städtchen Überlingen mit gerade einmal 23.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, wird das Luftabwehrsystem Iris-T entwickelt. 150 Lenkraketen gehen nun nach Saudi-Arabien. Wie funktioniert Iris-T und wer ist der Hersteller aus Baden-Württemberg?
Deutschland lieferte das Luftabwehrystem Iris-T SLM Ende 2022 in die Ukraine, von dem eines 140 Mio. Euro kostet und aus fünf Teilen besteht: drei LKW mit darauf montierten Raketenwerfern, eine Radaranlage und ein Gefechtsstand. Es ist mobil einsetzbar und kann eine mittlere Großstadt mit mehr als 500.000 Einwohnern und einer Fläche von etwa 200 Quadratkilometern schützen. Iris-T ist in der Lage, Flugzeuge, Hubschrauber, Drohnen und Raketen in bis zu 20 Kilometer Höhe und einer Reichweite von 40 Kilometern zu zerstören.
Diese Variante geht aber ausdrücklich nicht nach Saudi-Arabien, sondern eine andere: Die nun dorthin gelieferten Iris-T-Raketen sind sogenannte Luft-Luft-Lenkflugkörper. Sie werden von Flugzeugen aus abgeschossen und unterscheiden sich damit deutlich von den Systemen gleichen Namens, die die Ukraine gegen russische Angriffe geliefert bekam.
Saudi-Arabien hat von Eurofightern aus in den vergangenen Wochen etliche Raketen eliminiert, die Huthi-Rebellen Richtung Israel abgeschossen hatten. Die Kampfflugzeuge sollen bald mit den Iris-T-Raketen munitioniert werden.
Generell soll die Kriegstechnik, wie sie in die Ukraine geliefert wurde, ein Rundumschutz vor Angriffen sein, doch eine vollständige und 100-prozentige Absicherung bietet es wie auch andere Systeme nicht. Bisher hat Diehl Defence das Waffensystem auch an Schweden, Norwegen und Ägypten verkauft – nach vorheriger Genehmigung durch die Bundesregierung. Besonders die Lieferung nach Kairo galt wegen der geographischen Nähe zu Israel und der Beteiligung am Kampf gegen den Bürgerkrieg im Jemen als heikel und äußerst umstritten.
Größter Arbeitgeber im Ort
In einem Werbefilm bezeichnet Diehl Defence seine Waffensysteme als „technology for peace and freedom“ – als Technologie für Frieden und Freiheit. „Mit der Entwicklung und Fertigung von Lenkflugkörpern und Munition für Heer, Luftwaffe und Marine zählt das Unternehmen zu den Technologieführern am Weltmarkt“, schreibt der Rüstungskonzern über sich auf seiner Website.
Diehl Defence ist Teil der familiengeführten Diehl Unternehmensgruppe aus Nürnberg, die 1902 mit einer Gießerei startete und inzwischen als großer Industrie- und Rüstungskonzern Geschäfte mit Schwergewichten wie Boeing und Airbus macht. Diehl Defence liefert nach eigenen Angaben seit mehr als 50 Jahren Technik für die Bundeswehr. Knapp 3200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter Ingenieure, Techniker und Fachkräfte, arbeiten für die Firma. Das macht sie zur größten Arbeitgeberin in Überlingen.
Das Geschäft läuft also gut für Diehl Defence. Die Geschäftsführung, bestehend aus vier Männern, kann sich über volle Auftragsbücher freuen. 2022 machte das Unternehmen laut eigenen Angaben einen Umsatz von 810 Mio. Euro. Es steuert damit ein Fünftel zum Gesamtumsatz der Unternehmensgruppe bei. Und der Kurs steht weiter auf Wachstum: Seit Ende 2021 wird der Standort Überlingen unweit des Bodensee-Ufers ausgebaut und weitere Mitarbeitende eingestellt.
