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Rheinmetall in Unterlüß Hinter den Kulissen von Deutschlands größter Waffenschmiede

Produktion von 35-mm-Patronen bei Rheinmetall
Produktion von 35-mm-Patronen bei Rheinmetall
© Nikita Teryoshin
Seit dem Ukrainekrieg müsste die Rüstungsbranche eigentlich boomen. Doch deutsche Waffenhersteller tun sich schwerer mit der Zeitenwende, als viele gehofft haben – auch sie selbst. Ein Ortsbesuch in Unterlüß

Derzeit hängt die Weltgeschichte auch von Dana Stocker ab. Genau wie von ihren Kollegen in der Mittelkaliberfertigung bei Rheinmetall in Unterlüß, Niedersachsen. Es beginnt mit einer Maschine, auf der „Treibladungspulverzuführung“ steht. Klapp, klapp kippt diese eine weiße Substanz in je zwei grüne Hülsen. Regelmäßig, aber in sehr kontrolliertem Tempo nimmt einer von Stockers Kollegen die vollen Röhren hinaus und stellt sie in eine Kiste, die per Band zur nächsten Anlage zuckelt, wo die flaschenhohe Patrone ihre Gestalt erhält. 

Sie tun, was sie könnten, versichern alle Mitarbeiter hier. Aber während die Anlage ruckelt, kommen täglich Nachrichten, wie sehnlich in der Ukraine Munition wie diese erwartet wird. Mit den Patronen könnten die Landesverteidiger vom Flakpanzer Gepard aus angreifende russische Drohnen abschießen, Menschen retten, die Front halten vielleicht. Immer wieder findet Stocker, die ursprünglich Graveurin gelernt hat, Kratzer in den Hülsen, Materialmängel, Unregelmäßigkeiten. „Für mich ist es keine Frage, dass das hier wichtig ist“, sagt die 25-Jährige. Sie kontrolliert als Qualitätsprüferin die Produktion. „Würden wir nicht liefern, könnte sich die Ukraine nicht wehren.“ Am Rand der Halle steht die fertige Ware. In Metallkisten, olivgrün, auf Polnisch beschriftet.

Dana Stocker prüft im Werk die Patronen
Rheinmetall-Mitarbeiterin Dana Stocker prüft 2024 im Werk in Unterlüß die Patronen
© Nikita Teryoshin

Die Mittelkaliberfertigung, ein schlichter, einstöckiger Wellblechbau in dem weitläufigen, bewaldeten Gelände, ist der ganze Stolz der Firma Rheinmetall an ihrem wichtigsten Standort. Die Produktion von 35-mm-Munition für NATO-Armeen und für die angegriffene Ukraine wurde nach dem Beginn des Kriegs dort „in Rekordzeit“ aufgebaut, wie die Verantwortlichen sagen. Im Januar 2023 lief sie, seit Juni liefert sie. Jetzt überlegt man, von einer in zwei Schichten zu wechseln. Mitte des Jahres könnte es losgehen. All das ist schnell für die deutschen Rüstungsindustrie. Aber ist es auch schnell genug für die Weltgeschichte? 

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