Wenn Gewerkschaften sinkende Arbeitskosten begrüßen, stecken vermutlich staatliche Hilfen dahinter. Viele Mitgliedsländer der Europäischen Union haben 2020 ihre Wirtschaft mit Kurzarbeit, Subventionen oder Steuervergünstigungen gestützt und versucht, Massenentlassungen zu verhindern. Besonders deutlich fiel dieser Effekt laut dem Statistischen Bundesamt in Irland aus. Dort halbierten sich die ohnehin niedrigen Lohnnebenkosten auf neun Euro je 100 Euro Bruttoverdienst. EU-weit lag dieser Posten bei 33 Euro. „Für Malta wurde sogar ein negativer Wert ermittelt“, teilte die Behörde mit. „Die an die Unternehmen gezahlten Lohnsubventionen überstiegen hier die Sozialbeiträge der Arbeitgeber, sodass insgesamt negative Lohnnebenkosten zu Buche stehen.“
Allerdings können natürlich auch sinkende oder stagnierende Löhne dafür sorgen, dass Arbeit nicht teurer wird. Arbeitgeber haben unter Verweis auf die Pandemie häufig die anstehenden üblichen Lohnsteigerungen zurückgewiesen. EU-weit hatte die Krise 2020 hingegen oberflächlich betrachtet keine Auswirkung auf die Arbeitskosten. Sie stiegen um 2,9 Prozent auf 28,00 Euro. Damit bewegte sich der Trend trotz der Pandemie auf dem Niveau der Vorjahre. 2019 hatte der Anstieg bei 2,7 Prozent gelegen, 2018 waren es 2,8 Prozent gewesen. 16 Mitgliedsstaaten lagen bei den Lohnkosten unter dem EU-Durchschnitt, fünf verzeichneten im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang.
In diesen Ländern sind die Arbeitskosten gesunken
Arbeit hat sich 2020 in Belgien lediglich um 1,6 Prozent verteuert. Damit lag das Land deutlich unter dem EU-weiten Durchschnitt von 2,9 Prozent. Spitze war Belgien hingegen bei den Gesamtkosten von Arbeit. Hier belegte es mit 41,40 Euro Platz drei. Die Arbeitskosten im Verarbeitenden Gewerbe waren gar mit 44,20 Euro die zweithöchsten in der Union.
Die Slowakei kam mit einem Plus von nur 1,5 Prozent in diesem Ranking auf Platz neun. Das ergab Arbeitskosten in Höhe von 13,70 Euro – Platz 19 in der Europäischen Union. Einen Rang höher schnitt die Slowakei bei den Kosten je Arbeitsstunde im Verarbeitenden Gewerbe ab (12,90 Euro).
Luxemburg und Schweden teilten sich mit jeweils 0,6 Prozent Platz sieben in der Liste der Länder mit dem geringsten Anstieg bei den Arbeitskosten 2020. Beide befanden sich allerdings bereits auf sehr hohem Niveau. Luxemburg belegte mit 41,80 Euro in der EU Platz zwei. Schweden kam in der Gesamtliste mit 39,80 Euro auf Platz vier.
Eine Arbeitsstunde kostete Arbeitgeber in Zypern 2020 im Schnitt 14,90 Euro (Platz 16). Das waren 3,6 Prozent weniger als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Vergleichsweise besonders billig fielen die Arbeitskosten im Verarbeitenden Gewerbe aus. 12,30 Euro bedeuteten im EU-Vergleich lediglich Platz 20.
Jedes zweite Land dieser Rangliste gehört zu den zehn EU-Staaten mit den höchsten Arbeitskosten. Das Land mit dem größten Rückgang dieser Gruppe war Irland. Arbeit verbilligte sich den Angaben zufolge 2020 um 3,8 Prozent auf 30,50 Euro (Platz zehn).
In keinem EU-Mitgliedsstaat sind die Arbeitskosten 2020 auch nur annähernd so stark gesunken wie in Estland. Die Statistiker verzeichneten einen Rückgang um 6,6 Prozent. Estland war damit fast zehn Prozentpunkte vom EU-Durchschnitt entfernt. Es kam am Ende auf nur 13,70 Euro je Arbeitsstunde, was im EU-Vergleich Platz 18 bedeutete.