Der World Container Index der Drewry Shipping Consultants schlägt noch nicht Alarm. Die renommierte Kennzahl des Außenhandels bildet die Frachtkosten für einen 40-Fuß-Container ab, gewichtet aus acht Ost-West-Schiffsverbindungen zwischen den USA, Europa und Asien. Der aktuelle Index liegt bei etwa 6000 US-Dollar pro 40-Fuß-Container. Das ist zwar weit entfernt von Zeiten der Coronapandemie, als der Wert auf über 14.800 US-Dollar kletterte, aber immerhin mehr als dreimal so viel wie noch vor einem Jahr, als er bei etwa 1800 US-Dollar lag.
Der Ausblick angesichts der aktuellen Lage in Nahost ist jedoch düster. Im Gaza-Krieg scheint kein Ende in Sicht und der Konflikt zwischen Israel und dem Libanon droht zu einem weiteren Brennpunkt zu werden. Bereits seit Monaten attackiert die Huthi-Miliz Handelsschiffe am Roten Meer. Die Huthis solidarisieren sich mit der Hamas und wollen durch ihre Angriffe den Druck auf Israel erhöhen. Experten gehen davon aus, dass sie vor allem vom Iran und der Hisbollah aus dem Libanon unterstützt werden. Auch Waffen und finanzielle Mittel sollen sie darüber erhalten.
Die Huthi-Rebellen greifen nach wie vor an
Das Rote Meer ist eine der meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt, etwa zehn Prozent des Welthandels verkehren darüber. Derzeit ist das Befahren der Strecke mit hohen Risiken verbunden. „Es ist schockierend, wie regelmäßig und intensiv die Huthi-Rebellen auch nach über einem halben Jahr noch Handelsschiffe im Roten Meer und in den internationalen Gewässern nahe dem Jemen angreifen“, berichtet Carsten Duif vom Verband Deutscher Reeder (VDR).
Die Reedereien meiden seit Monaten die Region, durch die längeren Wege steigen die Betriebskosten und der CO2-Ausstoß. Konkret dauere der Umweg über das Kap der Guten Hoffnung, an der Spitze Südafrikas, acht bis elf Tage länger und verursache Mehrkosten pro Schiff im hohen sechsstelligen Bereich. „Um die Sicherheit der Schiffe und ihrer Besatzungen zu gewährleisten, bleibt den Reedereien – so lange die Lage so bleibt, wie sie ist – kaum eine andere Wahl, als den kostspieligen und zeitaufwendigen Umweg um die Südspitze Afrikas zu nehmen“, so Duif.
Rund 60 Prozent aller Waren in Deutschland werden auf Schifffahrtswegen im- und exportiert. Für die EU sind es laut VDR sogar 75 Prozent des Außenhandels, die über das Wasser abgewickelt werden. Ob Windkraftanlagen oder Medikamente: Ihren Weg hierher finden sie über die Handelsrouten auf internationalen Seewegen.
Der Kostenanstieg trifft die Händler hierzulande stark. Dennoch erscheint ihnen das Ausmaß unverhältnismäßig und führt zu Unmut. So erklärt etwa Kik-Chef Patrick Zahn im Gespräch mit dem Handelsblatt: „Die großen Reeder betreiben eine künstliche Verknappung.“ Welche Folgen die gestiegenen Transportkosten haben, zeigte sich bereits während der Coronapandemie und der Blockade des Suezkanals 2021. Die höheren Kosten führen zwangsläufig zu einem höheren Preisniveau, das an die Konsumenten abgegeben wird.
Keine Entspannung in Sicht
Das Auswärtige Amt hat die „durch nichts gerechtfertigten Angriffe auf die zivile Schifffahrt auf das Schärfste verurteilt“ und ringt um Lösungen. Deutschland beteiligt sich an der EU-Operation EUNAVFOR ASPIDES und entsendet Kampfschiffe in die Region. Dieses Engagement unterstützt auch der VDR. Er betont die hohe Bedeutung, die der Außenhandel für Europa und Deutschland hat. Umso wichtiger sei „das Engagement der EU und ihrer Mitgliedstaaten für freie Seewege sowie für den Schutz ziviler Handelsschiffe und ihrer Besatzungen.“ Eine nachhaltige Lösung ist wohl einzig durch das Ende der Konflikte in Nahost möglich. Derzeit sieht es jedoch eher nach weiteren Eskalationen aus.