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Gastkommentar Google muss Vergessen lernen

Das EuGH-Urteil gegen Google ist ein Sieg für den Datenschutz. Jetzt muss ein hohes EU-Schutzniveau geschaffen werden. Von Lars Klingbeil
Lars Klingbeil ist netzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
Lars Klingbeil ist netzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Verfahren der Spanischen Datenschutzagentur (AEPD) gegen den US-Internetkonzern Google und dessen spanische Tochtergesellschaft Google Spain SL eine wegweisende Entscheidung für den Datenschutz in Europa – und sie ist nach dem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung die zweite Entscheidung innerhalb weniger Wochen, die europäische Grundrechte absichert.

Mit dem Richterspruch bestätigt der EuGH ein „Recht auf Vergessen“ und stärkt damit den Daten- und Verbraucherschutz in Europa. Google muss sich demnach an europäisches Datenschutzrecht halten und kann unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet werden, Informationen aus seinen Ergebnislisten zu löschen. So müssen Suchmaschinenbetreiber Verweise auf Webseiten mit sensiblen persönlichen Daten dann löschen, wenn der Betroffene seine Persönlichkeitsrechte verletzt sieht und diese gegenüber den berechtigten Interessen der Öffentlichkeit auf Zugang zu Informationen überwiegen.

Ein wichtiger Schritt für den europäischen Datenschutz

Diese beiden Rechte müssen in jedem Einzelfall abgewogen und ein Ausgleich erreicht werden. Das Gericht erkannte auch ein „Recht auf Vergessen“ an, wenn eine betroffene Person nach einer gewissen Zeit Inhalte aus dem Netz entfernt wissen möchte. Dies sei dann gerechtfertigt, wenn die Daten in Anbetracht aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der verstrichenen Zeit, den Zwecken, für die sie verarbeitet worden sind, nicht entsprechen, dafür nicht oder nicht mehr erheblich sind oder darüber hinausgehen.

Ich begrüße die Entscheidung des EuGH, der damit das Recht auf Löschung personenbezogener Daten bestätigt und zugleich festgesellt hat, dass ausländische Diensteanbieter sich an die europäischen Datenschutzvorgaben halten müssen. Das Urteil ist ein wichtiger Schritt, damit der Schutz betroffener Personen und ihres Privatlebens tatsächlich verwirklicht werden kann.

Zum Anwendungsbereich der Europäischen Datenschutzrichtlinie führt das Gericht aus, dass es sich bei Google Spain um eine Tochtergesellschaft des Google-Konzerns und somit eine „Niederlassung“ im Sinne der Richtlinie handelt. Das Argument, die von Google Search vorgenommene Verarbeitung personenbezogener Daten werde nicht im Rahmen der Tätigkeiten dieser Niederlassung in Spanien ausgeführt, weist er mit folgender Begründung zurück: Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Betrieb einer Suchmaschine durch ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, das aber in einem Mitgliedstaat eine Niederlassung besitzt, wird die Verarbeitung im Sinne der Richtlinie „im Rahmen der Tätigkeiten“ dieser Niederlassung ausgeführt, wenn diese die Aufgabe hat, in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Förderung des Verkaufs der Werbeflächen der Suchmaschine, mit denen deren Dienstleistung rentabel gemacht werden soll, und diesen Verkauf selbst zu sorgen.

Europa muss jetzt seine Hausaufgaben machenb

Damit hat der EuGH in aller Deutlichkeit klargestellt, dass europäisches Datenschutzrecht gilt, wenn ein Datenverarbeiter in Europa seine Dienste anbietet. Unternehmen können sich damit nicht länger der Verantwortung entziehen, dass ihre europäischen Niederlassungen nur für Vertrieb- und Marketing zuständig seien, die Datenverarbeitung aber wo anders stattfinde.

Jetzt ist es an der Zeit, mit der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung endlich das europäische Datenschutzrecht für die Herausforderungen der digitalen Welt fit zu machen und ein europaweit hohes und einheitliches Datenschutzrecht zu schaffen. Bei den Verhandlungen für ein einheitliches Datenschutzrecht auf EU-Ebene muss die heutige Entscheidung des EuGH berücksichtigt werden.

Deutschland und die anderen Mitgliedsstaaten sollten sich in der Ratsarbeitsgruppe zur Datenschutz-Grundverordnung dafür einsetzen, dass sich die in diesem Urteil gestärkten Verbraucherrechte auch im neu zu schaffenden Datenschutzrecht wiederfinden und das Datenschutzpaket schnell umgesetzt wird. Wir müssen endlich die Blockade bei der Reform des europäischen Datenschutzrechtes überwinden.

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