Anzeige
Anzeige

Wiedervorlage Gesetze im Test: Arbeit von morgen

Damit sich Beschäftigte in Kurzarbeit weiterbilden, bietet das „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ ihnen staatlich geförderte Weiterbildung an
Damit sich Beschäftigte in Kurzarbeit weiterbilden, bietet das „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ ihnen staatlich geförderte Weiterbildung an
© IMAGO / Fotostand
Seit Mai 2020 soll das „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ es Beschäftigten ermöglichen, die Kurzarbeit zur staatlich geförderten Weiterbildung zu nutzen. Die Bilanz nach etwas mehr als einem Jahr fällt verhalten aus

„Arbeitnehmer:innen, die einen Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld (…) haben, können bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, (…) durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden.“ (Artikel 1, § 111a 3. Sozialgesetzbuch)

Eindeutig ist der Fortschritt beim Framing. Was im Jahr 2006 kryptisch WeGebAU hieß und für „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen“ stand, wurde 2019 zum QCG (Qualifizierungschancengesetz) und kommt jetzt als „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ daher. Doch zur Prüfung steht hier nicht die Verpackung, sondern der Inhalt des Gesetzes, das im Mai 2020 in Kraft trat.

Die Idee: Unternehmen wie Beschäftigte sollten die Kurzarbeit zur Weiterbildung nutzen und sich so „rechtzeitig auf die Arbeit von morgen“ vorbereiten. Denn die Digitalisierung verändert Berufe, und klimaneutrales Wirtschaften erfordert neue Qualifikationen. Nach Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums könnten bis 2035 rund vier Millionen Jobs wegfallen, aber auch fast 3,3 Millionen neu entstehen.

Um Weiterbildung für Unternehmen attraktiv zu machen, lockt der Staat mit opulenten Zuschüssen. So übernimmt die Bundesagentur für Arbeit (BA) große Teile der Kursgebühren und Lohnkosten während der Weiterbildung, je kleiner der Betrieb, umso mehr.

Überschaubare Resonanz

Die Resonanz allerdings blieb mau: Zwar gab in einer Umfrage des IAB-Instituts jeder zehnte Betrieb (von den 21 Prozent, die von Ende Oktober bis Anfang November 2020 Kurzarbeit nutzten) an, dass sie die ausgefallene Arbeitszeit für die Weiterbildung ihrer Beschäftigten einsetzen wollten. In der Realität dürften es jedoch nur etwa fünf Prozent aller Beschäftigten in Kurzarbeit gewesen sein, so das Institut. Mit Argumenten wie Unsicherheit, keine passenden Angebote, nicht mit dem Arbeitsplan der Beschäftigten vereinbar oder generell ungewisse geschäftliche Zukunft begründeten die Unternehmen ihre Abstinenz. Ein Drittel der Betriebe sieht generell keinen Weiterbildungsbedarf.

Unterm Strich absolvierten 2020 nur 29.800 Beschäftigte eine von der BA geförderte Qualifizierung, 14 Prozent weniger als 2019. Viele Anbieter hätten auch erst auf Online-Schulungen umstellen müssen, erklärt die BA. Auch im Januar und Februar lagen die Zahlen unter denen des Vorjahrs. Offensichtlich braucht es andere Instrumente, womöglich sogar einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung. Denn immerhin: An Mitarbeitern scheitert die Sache nicht, nur sechs Prozent der Betriebe nannten mangelndes Interesse der Kollegen als Grund.

Testurteil: ausreichend

Der Beitrag ist in Capital 7/2021 erschienen. Interesse an Capital ? Hier geht es zum Abo-Shop , wo Sie die Print-Ausgabe bestellen können. Unsere Digital-Ausgabe gibt es bei iTunes und GooglePlay

Mehr zum Thema

Neueste Artikel