Anzeige

Suche nach Biden-Ersatz Geldgeber der US-Demokraten schwenken um

Gretchen Whitmer, Gouverneurin von Michigan, im Wahlkampf für Joe Biden
Gretchen Whitmer, Gouverneurin von Michigan, im Wahlkampf für Joe Biden
© Imago
Großspender der Partei wenden sich vom strauchelnden Amtsinhaber Joe Biden ab und bereiten sich auf neue Kandidaten für die Präsidentenwahl vor. Ihre Favoriten: zwei Gouverneure

Einige der wichtigsten Geldgeber der US-Demokraten haben deutlich gemacht, welchen möglichen Kandidaten sie den Vorzug geben, falls der amtierende Präsident Joe Biden aus dem Rennen um das Weiße Haus aussteigen sollte: Die Spender konzentrieren sich dabei nach Angaben von Insidern auf die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, sowie den Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom.

Die Frustration angesichts der schwierigen Lage und der Sorgen um Bidens Aussichten gilt unter demokratischen Funktionären und Unterstützern als groß. Immer häufiger wird der Zustand Bidens thematisiert, zumal auch dessen Umfragewerte seit der katastrophalen Debatte mit Trump in den Keller gehen. Viele sind der Ansicht, dass Bidens Festhalten an seiner Kandidatur den unvermeidlichen Streit um die Nachfolge vier Monate vor den Präsidentschaftswahlen im November nur hinauszögert.

„Dem Untergang geweiht“

„Bidens Kandidatur ist dem Untergang geweiht“, sagt ein dem Präsidenten nahestehender Spender, der auch als sogenannter „Bundler“ auftritt, dessen Aufgabe es ist, Geld von anderen Unterstützern einzusammeln. „Ich bin Joes größter Fan, er ist ein bewundernswerter Diener am Volk, aber er ist dem Untergang geweiht“, sagt er. „Wir müssen anfangen, uns auf das zu konzentrieren, was als nächstes kommt."

Auch Vizepräsidentin Kamala Harris gehöre zu den Kandidaten, die Biden nach Ansicht der Spender ersetzen könnten, sagten mehrere Geldgeber und Geldeinsammler, die miteinander in Kontakt stehen. Derzeit laufen Vorbereitungen, um Hunderte Millionen Dollar zur Finanzierung eines neuen Kandidaten aufzubringen.

An den Krisengesprächen sind offenbar auch Parteigrößen wie Chuck Schumer, der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, und die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, beteiligt, wobei es nach Angaben von Geldgebern darum gehe, deren Stimmung nach der Debatte zu erkunden.

Gespräche hinter verschlossenen Türen

„Der Druck wächst, das Blatt zu wenden und sich darauf zu konzentrieren, den richtigen Kandidaten zu finden, der gegen Trump gewinnen kann“, sagt ein Geldeinsammler aus New York. „Jeder spricht mit seinen Kontaktpersonen, um sicherzustellen, dass wir bereit sind, den richtigen Kandidaten zu unterstützen, sobald Biden zurücktritt.“

Sowohl Whitmer als auch Newsom gehörten zu den Gouverneuren, die sich Anfang Juli mit Biden zu einem Krisengespräch im Weißen Haus trafen. Das Treffen war knapp eine Woche nach dem Straucheln des Präsidenten in der TV-Debatte angesetzt worden, in dessen Folge von vielen Seiten der Rückzug Bidens gefordert wurde.

Beide Gouverneure bekräftigten anschließend, dass sie die Wiederwahlkampagne des Präsidenten weiterhin unterstützen. Nach Angaben von mit der Angelegenheit vertrauten Personen arbeiten Geldgeber aber hinter verschlossenen Türen daran, die beiden zu unterstützen, sollten sie ins Rennen um das Weiße Haus einsteigen.

Schattenkampagnen

Whitmer äußerte in den sozialen Medien ihre Unterstützung für den Präsidenten. Sie ist auch Co-Chefin von Bidens Wiederwahlkampagne. Im Netzwerk X allerdings veröffentlichte sie einen Link, über den Spenden an ihr eigenes politisches Aktionskomitee geleitet werden können und nicht an Bidens Wahlkampfteam. Die Gouverneurin von Michigan plant zudem, Mitte Juli an der jährlichen Zusammenkunft von Technologie- und Medienunternehmern im Bundesstaat Idaho teilzunehmen – eine mögliche Plattform, um sich mit Großsponsoren der Demokraten zu treffen.

Newsom gehört seit Monaten zu den prominenten öffentlichen Fürsprecher Bidens. Nach der Debatte in Atlanta verteidigte er im „Spin Room“ der Medien den Auftritt des Präsidenten. Anfang Juli hielt Newsom eine Rede im umkämpften Bundesstaat Michigan, in der er Biden ausdrücklich lobte. Allerdings musste sich Newsom von einigen Beobachtern zuvor auch eine Schattenkampagne vorwerfen lassen. So nahm er im Jahr 2023 an einer Fernsehdebatte mit dem Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, teil und reiste zu mehreren Vorwahlen und in wahlentscheidende Bundesstaaten.

Gavin Newsom ist Gouverneur von Kalifornien
Gavin Newsom ist Gouverneur von Kalifornien
© ZUMA Wire / IMAGO

Whitmer liegt vorne

Whitmer scheint bei den Großspendern die Nase vorn zu haben. Als Grund gilt vor allem, dass ihr eher zugetraut wird, in wichtigen Staaten wie Michigan zu gewinnen. Whitmer hatte das Rennen um das Gouverneursamt in dem Bundesstaat im Jahr 2022 mit einem Vorsprung von mehr als zehn Prozentpunkten gewonnen. Aktuelle Meinungsumfragen sehen Trump in Michigan mehrere Punkte vor Biden.

„Michigan ist ein viel wichtigerer Staat als Kalifornien, wenn es um Wahlen geht", sagte ein Großspender. „Wenn man sich die Wettquoten anschaut, liegt Newsom vorne, aber wenn man bedenkt, welche Staaten die Demokratische Partei gewinnen muss, ist Michigan entscheidend und Kalifornien nicht.“ Kalifornien werde zudem bei vielen Wählern als „progressiver, unternehmensfeindlicher, weit links stehender Staat“ gesehen, weshalb ein Kandidat aus dem Bundesstaat der Partei schaden könne.

Eine Sprecherin Newsoms lehnte eine Stellungnahme ab. Ein Sprecher von Whitmer antwortete nicht auf die Bitte um einen Kommentar.

Disney-Erbin hält Geld zurück

Während die Geldgeber auf der Suche nach Alternativen sind, mehren sich unter den demokratischen Abgeordneten die Stimmen, die einen Rückzug Bidens aus dem Rennen fordern. Umfragen, die Anfang Juli veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Zustimmung zum Präsidenten seit der Debatte noch einmal stark zurückgegangen ist.

Abigail Disney, die Erbin des Mediengiganten, sagte, sie werde solange nicht mehr an die Demokratische Partei spenden, bis Biden zurücktrete. Der milliardenschwere Krypto-Investor Mike Novogratz rief einen Fonds namens Next Generation PAC ins Leben, der rund 100 Mio. Dollar für die Unterstützung desjenigen aufbringen soll, der die Kandidatur übernimmt. Netflix-Mitbegründer Reed Hastings, einer der größten Geldgeber der Partei, sagte der „Financial Times“, der Präsident müsse „zur Seite treten, damit ein starker demokratischer Anführer Trump schlagen kann“.

Das Geld soll dabei den Weg ebnen. Auf einer Konferenz in Colorado sagte Ari Emanuel, einer der mächtigsten Akteure Hollywoods und Großspender der Demokraten, der Rücktritt des Präsidenten lasse sich nur beschleunigen, indem die Finanzierung gekürzt werde. „Das Lebenselixier einer Kampagne ist das Geld“, sagte Emanuel, dessen Bruder Rahm Bidens Botschafter in Japan und ehemaliger Stabschef von Präsident Barack Obama ist. „Und vielleicht wird der Weg erst frei, wenn das Geld versiegt.“ Man werde, so Emanuel, in den kommenden Wochen sehen, wohin das Geld fließe. Viele Großspender hätten derzeit vor, ihre Mittel in Wahlkämpfe für den Senat und das Repräsentantenhaus zu stecken.

Warnungen vor dem „Bürgerkrieg“

Allerdings gibt es auch warnende Stimmen unter den Geldgebern. So fürchten einige, jeder Schritt, Biden durch einen der Gouverneure zu ersetzen, könne einen „Bürgerkrieg“ unter den Demokraten auslösen. In diesen Kreisen gilt Vizepräsidentin Harris als weniger umstrittene Wahl.

Charles Myers, Vorsitzender von Signum Global Advisors und wichtiger Spender, warnte vor „tiefen Zerwürfnissen“ unter den Demokraten für den Fall eines neuen Rennens. Ein offener Parteitag der Demokraten in Chicago im August – bei dem ein Kandidat durch Abstimmung im Plenum bestimmt wird – könnte auch von linken Demokraten wie Alexandria Ocasio-Cortez aus New York unterwandert werden, wie einige wohlhabende Spender warnten.

Copyright The Financial Times Limited 2024

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel