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Warenhauskonzern Showdown bei Galeria: Darüber stimmen die Gläubiger ab

Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof in Frankfurt
Viele Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof sollen gerettet werden, auch der in Frankfurt
© dpa / Frank Rumpenhorst / Picture Alliance
Die Gläubiger von Galeria Karstadt Kaufhof entscheiden heute über den Insolvenzplan – und müssen erneut auf Hunderte Millionen Euro verzichten, wenn es für den Warenhauskonzern weitergehen soll. Was genau zur Abstimmung steht

Die Gläubiger der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof können am Ende des Insolvenzverfahrens nur mit einer überschaubaren Zahlung rechnen. Im Fall einer Annahme des Insolvenzplans durch die Gläubigerversammlung am 28. Mai stehen rund 22,5 Mio. Euro zur Verfügung, die an die Gläubiger verteilt werden können, heißt es in dem Plan von Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus. Das Dokument, das Denkhaus Ende April beim Amtsgericht Essen eingereicht hat, liegt Capital exklusiv vor. 

„Voraussichtlich“ könnten die Gläubiger des Warenhauskonzerns mit einer Gesamtquote von 2,5 Prozent rechnen, schreibt Denkhaus darin. Ausgezahlt werden soll der Betrag demnach in zwei Schritten: Zunächst sollen die Gläubiger eine „Basisquote“ von voraussichtlich 0,5 Prozent ihrer Forderungen gegen das Unternehmen erhalten. Dafür sind zunächst 4,5 Mio. Euro vorgesehen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist ein Nachschlag geplant, dessen Höhe „derzeit noch nicht abschließend bezifferbar“ sei, heißt es im Insolvenzplan. Voraussichtlich werde sich diese „Besserungsquote“ auf zwei Prozent belaufen. 

Schon zuletzt hatte Denkhaus jene Gläubiger, deren Forderungen nicht speziell gesichert sind, auf eine Quote im einstelligen Prozentbereich vorbereitet. Auf Anfrage von Capital teilte ein Sprecher des Verwalters nun mit, Denkhaus erwarte eine Insolvenzquote von „2,5 bis 3 Prozent“. Sollte Galeria Zahlungen aus Ansprüchen gegen Gesellschaften der ebenfalls insolventen bisherigen Konzernmutter Signa erhalten, würde dies „die Insolvenzquote erhöhen“. 

Für den Fall, dass die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan nicht zustimmt, müsse das Unternehmen dagegen zerschlagen und abgewickelt werden, warnt der Verwalter in seinem Insolvenzplan. In diesem Fall bleibe „keine verteilungsfähige Masse“ – die Gläubiger würden also komplett leer ausgehen.

Bei Deutschlands letzter großer Warenhauskette mit zuletzt noch 2,8 Mrd. Euro Umsatz läuft derzeit das dritte Insolvenzverfahren seit 2020. Im Januar hatte Galeria im Zuge der Pleiteserie bei dem österreichischen Signa-Konzern von Investor René Benko erneut Insolvenzantrag gestellt. Schon in den Schutzschirm- und Insolvenzverfahren 2020 und 2022/2023 hatten die Gläubiger – etwa Lieferanten, Dienstleister, die Bundesagentur für Arbeit, Sozialversicherungen und der staatliche Corona-Rettungsfonds WSF – in Summe auf Milliardenbeträge verzichtet. 

Anfang April kündigte der aktuelle Insolvenzverwalter Denkhaus von der Kanzlei BRL nach einem wochenlangen Investorenprozess den Verkauf der Kette an ein Konsortium des US-Unternehmers Richard Baker und des früheren Coty-Chefs Bernd Beetz an. Von den heute noch 92 Galeria-Filialen sollen nach bisherigem Stand 76 erhalten bleiben. Die Zahl der Beschäftigten soll von 12.800 auf 11.400 reduziert werden. 

Mehr als 40 Mio. Euro für Insolvenzverfahren

Der aktuelle Insolvenzplan gibt nun Einblicke in die Lage bei der bisherigen Signa-Tochter nach der neuerlichen Insolvenz – und zu den geplanten Restrukturierungsschritten zur Sanierung. In dem Dokument beziffert Denkhaus die bis Ende April angemeldeten Forderungen der nicht nachrangigen, ungesicherten Gläubiger auf bis zu 886 Mio. Euro. Bei diesen Gläubigern handelt es sich demnach größtenteils um Vermieter, aber auch um die Bundesagentur für Arbeit (für das Insolvenzgeld), Sozialversicherungsträger, Arbeitnehmer und den Fiskus. Die weitaus meisten Lieferanten der Handelskette profitieren dagegen von einer Warenkreditversicherung.

Bei einer Ablehnung des Insolvenzplans und Abwicklung von Galeria würden die Forderungen laut Plan wiederum rund 3,2 Mrd. Euro betragen. Die große Differenz erklärt sich vor allem durch hohe Mietausfallansprüche von Vermietern. In diesem Fall könnte Galeria zwar durch Verkäufe von Waren und weiterer Vermögenswerte zusätzliches Geld erlösen. Diese Einnahmen würden aber für die dann fällige langwierige Abwicklung des Unternehmens benötigt. Daher würde eine Ablehnung des Insolvenzplans nach Denkhaus‘ Angaben umgehend zu einer „Masseunzulänglichkeit“ führen – weshalb die Gläubiger keinerlei Zahlung erhalten würden.

Dem gegenüber soll – im Fall einer Zustimmung der Gläubigerversammlung am kommenden Dienstag – ausweislich des Insolvenzplans zum geplanten Abschluss des Verfahrens per 31. Juli ein frei verfügbarer Geldbestand in der Kasse und bei Banken in Höhe von 165,6 Mio. Euro stehen. Von dieser Summe steht allerdings nur ein kleinerer Teil für Quotenzahlungen an die ungesicherten Gläubiger zur Verfügung. Laut Plan werden 86,9 Mio. Euro benötigt, um die Betriebsausgaben zu decken und die Fortführung des Unternehmens zu sichern. Vom Vermögen abzuziehen sind auch die Kosten für das Insolvenzverfahren, also in erster Linie die gesetzlich festgelegte Vergütung für die Insolvenzverwaltung sowie die Kosten für das Gericht und den Gläubigerausschuss. Diese Verfahrenskosten setzt Denkhaus vorläufig mit 41,2 Mio. Euro an – in etwa so viel wie im Insolvenzverfahren 2020. 

Weitere 8 Mio. Euro werden für die Finanzierung der Transfergesellschaft benötigt, in die gekündigten Mitarbeiter wechseln können. 4 Mio. Euro fließen auf Basis spezieller Vereinbarungen an den staatlichen Corona-Fonds WSF – für den sich die 680 Mio. Euro teure Rettungsaktion für Galeria als Desaster erwiesen hat. Zudem fallen weitere Kosten während der Insolvenz von 3 Mio. Euro an, etwa für Berater. Im Ergebnis verbleibe bei Annahme des Plans eine „verteilungsfähige Masse“ von 22,5 Mio. Euro, rechnet Denkhaus im Insolvenzplan vor.

Hoffen auf Signa-Zahlungen aus Österreich

Bei den Kalkulationen gibt es allerdings noch einige Variablen, unter anderem wegen der komplizierten Verflechtungen mit der bisherigen Eigentümerin Signa, bei der selbst diverse Insolvenzverfahren laufen. So ist etwa noch offen, ob und mit welchen Zahlungen an Galeria aus bestehenden Verträgen mit Signa gerechnet werden kann. Im Rahmen des vorigen Insolvenzverfahrens 2022/2023 hatte Benko Galeria einen „Sanierungsbeitrag“ von 200 Mio. Euro zugesagt – im Gegenzug für das Festhalten an Mietverträgen für Signa-eigene Warenhausimmobilien, die teils erheblich über dem Marktniveau lagen. Wegen der Signa-Pleiten Ende 2023 floss dann aber kein Geld mehr an Galeria.

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