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Fußball EuGH kippt Monopol der UEFA – und öffnet Tür für Super League

Der Verein von Jude Bellingham, Real Madrid, gehört zu den Unterstützern der Super League
Der Verein von Jude Bellingham, Real Madrid, gehört zu den Unterstützern der Super League
© MIS / IMAGO
Paukenschlag im Profifußball: Der Europäische Gerichtshof hält die Praxis des Fußballverbands UEFA für wettbewerbswidrig. Damit öffnet er auch die Tür für eine Super League

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Tür für die Gründung einer Super League geöffnet. Die höchste europäische Instanz stufte in ihrem Urteil die Monopolstellung der Europäischen Fußball-Union (UEFA) sowie des Weltverbandes FIFA als nicht vereinbar mit europäischem Wettbewerbsrecht ein. Der EuGH stellt einen „Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung“ durch UEFA und FIFA fest. Damit wäre nach dem 17-monatigen Verfahren auch der Weg für den Start der umstrittenen Milliardenliga Super League frei.

Das Urteil kam für viele überraschend. Denn bereits vor einem Jahr veröffentlichte der Generalanwalt Athanasios Rantos seinen Schlussantrag, der die Position der UEFA stärkte. Der Generalanwalt stufte das Vorgehen von UEFA und FIFA als vereinbar mit europäischem Recht ein. Zwar dürfe die Super League ihren eigenen Betrieb grundsätzlich starten, eine gleichzeitige Teilnahme an den Wettbewerben der Verbände ohne deren Zustimmung könne sie aber nicht einfordern. Normalerweise folgt der EuGH diesem Antrag. 

UEFA, FIFA und nationale Verbände hatten gedroht, die Super-League-Teilnehmer von anderen Wettbewerben auszuschließen. Das war nicht im Sinne der Vereine, die weiter an ihrer nationalen Liga teilnehmen wollen. Laut Generalanwalt ist die Androhung der Verbände allerdings rechtskonform.

„UEFA-Monopol beendet“

Die Sportmarketing-Agentur A22, die hinter der Super League steht und maßgeblich von Real Madrid, dem FC Barcelona und Juventus Turin auf den Weg gebracht wurde, war trotzdem optimistisch. Sie hatte sich der Klage angeschlossen und einen erneuten Vorstoß mit verändertem Konzept gewagt. Denn etwa zeitgleich zum Schlussantrag von Athanasios Rantos zur Super League veröffentlichte dessen disziplinarischer Vorgesetzter Maciej Szpunar einen Schlussantrag über einen Fall beim belgischen Club Royal Antwerpen. Auch hier ging es um die Macht der UEFA, wobei Szpunar den Standpunkt vertrat, dass die UEFA durchaus wettbewerbswidrig handele. Darauf baute auch die Hoffnung von A22, nämlich dass der EuGH dem höher angesiedelten Szpunar folgt, und nicht Athanasios Rantos.

Das taten die 15 Richterinnen und Richter am Donnerstag. Sie urteilten, dass die Androhung von Sanktionen bis hin zum Ausschluss von eigenen Wettbewerben vonseiten der UEFA oder FIFA nicht rechtskonform sei. Das gelte auch für die Tatsache, dass FIFA und UEFA zudem die ausschließliche Kontrolle über die kommerzielle Verwertung der Wettbewerbe haben. Dies wäre qua Urteil von den mächtigen Verbänden ein Missbrauch der Monopolstellung im Sinne des Wettbewerbsrechts, so das Gericht. Einer Genehmigung neuer Wettbewerbe durch die beiden Verbände bedürfe es nicht.

In einer ersten Reaktion sagt Bernd Reichart, CEO von A22: „Wir haben das Recht auf Wettbewerb gewonnen. Das UEFA-Monopol ist beendet. Der Fußball ist frei.“ Die Vereine müssten keine Sanktionen mehr fürchten und können ihre Zukunft nun selbst bestimmen. Die UEFA nimmt die Niederlage nach eigenen Angaben gelassen zur Kenntnis. Das Urteil des Europäischen Gerichtshof bedeute keine „Billigung oder Bestätigung der sogenannten Super League“, teilte der Dachverband am Donnerstag mit. Neu eingeführte Regeln würden die vom Gericht aufgeführten Mängel auffangen.

Mit einer schnellen Gründung der Super League rechnet trotzdem niemand. Vielmehr dürfte der Streit damit erst richtig losgehen. Juristisch dürften nun in anderen Bereichen Gegenklagen von UEFA und FIFA folgen, weil es in der Auseinandersetzung nicht nur um kartellrechtliche Fragen geht. Außerdem gilt das Urteil nur für die EU. Was beispielsweise Großbritannien oder die Türkei von dem Urteil halten, ist unklar.

Auch sportlich ist die Zukunft der Super League ungewiss. Von ursprünglich zwölf Vereinen stehen mit Real Madrid und dem FC Barcelona nur noch zwei Clubs voll hinter dem Projekt, das 2021 zunächst krachend scheiterte. Alle anderen sind zwischenzeitlich abgesprungen – auch aufgrund von politischem Druck. In Großbritannien etwa hatte der frühere Premierminister Boris Johnson mit Sanktionen gegen die teilnehmenden Clubs gedroht. Und auch betriebswirtschaftlich hat kein Verein ein Interesse daran, seinen Startplatz in der nationalen Liga zu verlieren. Das ist das größte Droh-Potenzial. Der Lobby-Verband der größten Clubs, die ECA, hat sich in einer ersten Reaktion bereits an die Seite der UEFA gestellt. Die fast 500 Vereine lobten den jüngsten Weg der UEFA, die zahlreiche Reformen angestoßen hatte.

A22 konkretisiert Pläne

Die Pläne der Super League hatten sich wegen des Streits zwischenzeitlich geändert. Vom ursprünglichen Plan, einer Super League mit 20 Teams und 15 festen Startern, war A22 schnell abgekehrt. Im Frühjahr 2023 hatte A22 ein neues Format präsentiert, eine offene europäsiche Fußball-Liga mit 60 bis 80 Teams in drei Ligen. Es soll laut A22 demnach zwar „keine dauerhaften Mitglieder“ geben, die europäische Teilnahme ist aber deutlich sicherer. Jeder Klub soll in den möglichen Super-League-Klassen „14 garantierte Spiele“ haben – also auch 14 Mal sichere Einnahmen.

Gleich nach dem Urteil konkretisierte A22 die Pläne. Es solle drei Spielklassen geben – Star-, Gold- und Blue League. Vereine könnten aus ihrer nationalen Liga in die Blue League aufsteigen und von dort in die höheren Klassen. Die Spiele sollten auf einer zentralen Streamingplattform „Unify“ gezeigt werden, die ähnlich wie Spotify oder Netflix monetarisiert werden soll. Heißt: Fans können sich entscheiden, ob sie kostenlos und werbebasiert oder werbefrei im Pro-Abo schauen. Dieses niedrigschwellige Angebot solle die Zielgruppe erweitern, erklärte A22-CEO Bernd Reichart auf der anschließenden Pressekonferenz. „Wir verlieren zu viele Fußballfans durch teure Abomodelle“, sagte er. Konkrete Unterstützer blieb er am Donnerstag noch schuldig. „Das würde den Fußball zum aktuellen Zeitpunkt teilen. Wir wollen ihn aber zusammenbringen“, erklärte Reichart. 

Ob er damit bei den Fans durchdringt? Ungewiss. Viele Fans sehen die Super League damals wie heute kritisch. Sie meinen, dass die Super League die Ungleichheit zwischen großen und kleinen Clubs befördere, und dass der nationale Wettbewerb sportlich in den Hintergrund tritt. Die Super League würde eine mehr oder weniger sichere Teilnahme am europäischen Wettbewerb, bzw. einem Ligensystem, garantieren. Star Leagua-Teilnehmer könnten mindestens drei Jahre mit europäischen Einnahmen rechnen. Und da das Abschneiden in der nationalen Liga mehr oder weniger egal ist, kann der Fokus auf den europäischen Wettbewerb gelegt werden. Dort sind die Erlösmöglichkeiten deutlich größer.

Mit Agenturmaterial

Transparenzhinweis: Bernd Reichart ist ehemaliger CEO der Mediengruppe RTL Deutschland, zu der auch Capital gehört.

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