Das Ergebnis ist eindeutig: Während nur rund 15 Prozent der befragten Finanzmarktexperten die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank positiv beurteilen, sehen 65 Prozent diese kritisch. 20 Prozent erwarten dagegen weder positive noch negative Effekte für das Finanzsystem. Das geht aus einer Umfrage des ZEW-Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim hervor. Für den aktuellen ZEW-Finanzmarkttest hat das Institut im März 2019 rund 174 Finanzexperten befragt.
Zwei Hauptgründe sprächen gegen die Fusion: Zum einen würden durch die Zusammenlegung keine nennenswerte Größenvorteile entstehen. Zum anderen erwarten nur 55 Prozent der Fachleute, dass die neue Bank international konkurrenzfähiger wäre als die beiden Einzelinstitute. Dagegen würden fast 80 Prozent der Befragten einen Anstieg des systemischen Risikos fürchten.
Keine generelle Ablehnung von Großbanken
„Nach Ansicht der befragten Finanzmarktexperten überwiegen bei einer Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzbank, die kompliziert und teuer in der Umsetzung ist, die Nachteile. Ein Anstieg des Systemrisikos ist dagegen zu erwarten und sollte bedacht werden, wenn es um die Schaffung einer neuen Großbank geht“, fasst ZEW-Präsident Achim Wambach die Ergebnisse in der Pressemitteilung zusammen.
Trotz der Skepsis gegenüber der Fusion seien allerdings mehr als die Hälfte der Experten davon überzeugt, dass die deutsche Wirtschaft grundsätzlich eine große deutsche Bank benötige . Eine generelle Ablehnung von Großbanken lasse sich also nicht feststellen.
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Im Sommer 1997 kommt es zur Fusion zweier Großbanken – allerdings nicht in Frankfurt, sondern in München. Die Bayerische Vereinsbank und die Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank verschmelzen zur Hypovereinsbank. Der Zusammenschluss ist auch eine Reaktion darauf, dass die Deutsche Bank ein Jahr zuvor fünf Prozent der Anteile an der Bayerischen Vereinsbank gekauft hat. Die Münchner möchten aber nicht zu den Vasallen eines Frankfurter Hauses verkommen, deshalb wehrt man sich. Allerdings ist die Fusion kein Glücksbringer: Ende der 90er-Jahre werden massive Probleme im Immobiliengeschäft bekannt, 2003 wird dieser Geschäftszweig schließlich in eine eigene Bank ausgelagert: die Hypo Real Estate, die in der Finanzkrise untergeht. 2005 wiederum kauft die italienische Großbank Unicredit die Hypovereinsbank, die ihr in den vergangenen Jahren einen rigiden Sparkurs verordnet hat. Von der einstigen Bedeutung ist wenig geblieben. Kein Wunder, dass der Bankenplatz München heute ein Schatten seiner selbst ist.

Im Frühjahr 2000 bebt die Frankfurter Finanzszene: Die Deutsche Bank und die Dresdner Bank kündigen ihren Zusammenschluss an. Von 125.000 Arbeitsplätzen sollen 16.000 wegfallen. Doch bereits wenige Wochen nach Ankündigung wird die Fusion abgeblasen. Die damals schon wichtigen Investmentbanker der Deutschen Bank sind gegen die Verschmelzung – und der damalige Vorstandschef der Deutschen Bank Rolf-E. Breuer (l.) kann sich nicht gegen sie durchsetzen. Der Chef der Dresdner Bank Bernard Walter tritt wegen des geplatzten Zusammenschlusses sogar zurück.

Die Allianz braucht weitere Vertriebskanäle, um ihre Versicherungen zu verkaufen. Deshalb kauft sie 2001 die Dresdner Bank. Doch der Zusammenschluss entpuppt sich bald als Fehlentscheidung: Bereits 2002 kann die Dresdner Bank nur mit Ach und Krach einen Verlust vermeiden. Übrigens: Auf Seiten der Allianz war damals ein Finanzvorstand namens Paul Achleitner mitverantwortlich für die Fusion. Achleitner ist seit 2012 Aufsichtsratschef der Deutschen Bank. Seine Bilanz bei Deutschlands größtem Geldhaus fällt ähnlich aus wie bei der Übernahme der Dresdner Bank: äußerst bescheiden.

Noch 2007 übernimmt die Münchner Hypo Real Estate die Depfa, die Bank finanziert überwiegend die öffentliche Hand. Das wirkt damals wie ein biederes, aber gleichzeitig sehr rentables Geschäft – doch die Depfa steht am Abgrund. Sie hat ihre Bilanz mit enormen Risiken vollgeladen und macht die Hypo Real Estate in der Finanzkrise zu einem Fall für den Bankenrettungsfonds. Der Rest ist Geschichte.

Der Zeitpunkt ist denkbar schlecht, die Finanzkrise belastet die Kreditinstitute weltweit: Dennoch übernimmt die Commerzbank 2009 die Dresdner Bank von der Allianz, die damals das drittgrößte Geldhaus der Republik ist. Die Fusion ist eine Notoperation, die Dresdner Bank macht im Geschäftsjahr 2008 einen Verlust von 6,3 Mrd. Euro. Die Folge: Das Eigenkapital ist dadurch nahezu aufgezehrt, das reißt die Commerzbank mit in die Tiefe. Der Staat muss deshalb Geld bei der Commerzbank einschießen und wird Anteilseigner, heute hält der Bund 15 Prozent an dem Geldhaus mit dem gelben Logo. Die Commerzbank braucht Jahre, um die Dresdner Bank bei sich zu integrieren. Trotz Fusion ist der Name der Dresdner Bank nicht ganz verschwunden: In Dresden unterhält die Commerzbank eine Filiale, auf der der Schriftzug des früheren Konkurrenten prangt.

2009 kauft die Deutsche Bank die Postbank – und kommt so einem Angebot des spanischen Geldhauses Santander zuvor. Das Ziel der Deutschen Bank damals: Die Erträge im Heimatmarkt steigern und stabilisieren und von der größeren Kundenbasis profitieren. Argumente, die auch jetzt bei den Fusionsgesprächen zwischen Deutscher Bank und Commerzbank eine Rolle spielen. Das Problem ist bloß: Die Deutsche Bank hat es bis heute nicht geschafft, die Postbank zu integrieren. Grund sind IT-Probleme, aber auch das strategische Hickhack der Deutsch-Banker. Zwischenzeitlich soll die Postbank sogar wieder verkauft werden, aber niemand schlägt zu. Also versucht die Deutsche Bank weiter die Tochter irgendwie mit den anderen Unternehmensteilen zu verschmelzen.

Im Juni 2009 meldet der Warenhauskonzern Arcandor Insolvenz an – und stürzt damit die Kölner Privatbank Sal. Oppenheim, gegründet 1789, in eine tiefe Krise. Das einst so stolze Geldhaus ist eng mit Arcandor und dessen Mehrheitsaktionärin Madeleine Schickedanz verbandelt. Eine Insolvenz des Instituts kann nur abgewendet werden, indem die Deutsche Bank Sal. Oppenheim übernimmt. Sie zahlt immerhin 1 Mrd. Euro für den deutlichen kleineren Konkurrenten. 2017 kündigt die Deutsche Bank an, Sal. Oppenheim zu schließen. Allzu viel Freude dürfte die Übernahme der Deutschen deshalb nicht gemacht haben. Die Deutsche hätte gerne wichtige Mitarbeiter von Oppenheim gerade aus dem Fondsmanagement behalten, doch viele wechseln zur Konkurrenz.

Auch die einst stolze nordrhein-westfälische Landesbank WestLB gerät in der Finanzkrise ins Taumeln. Nach vielen Jahren des Siechtums und gescheiterten Übernahmeversuchen durch andere Landesbanken, übernimmt schließlich die Landesbank Hessen-Thüringen Teile des Geschäfts, etwa den Zahlungsverkehr. Die übrigen Reste werden in einer Bad Bank abgebaut. 2012 verschwindet das Logo.

Nach vielen gescheiterten Anläufen gelingt es endlich: 2015 kündigt die damals größte Zentralbank der Genossenschaftsbanken an, die DZ Bank in Frankfurt, die zweite noch existierende genossenschaftliche Zentralbank zu übernehmen, die WGZ Bank aus Düsseldorf. Die Fusion wird 2016 vollzogen, bis 2022 dürften voraussichtlich 20 Prozent der Arbeitsplätze gestrichen werden, die das neue Zentralinstitut ursprünglich hatte. Der Zusammenschluss läuft vergleichsweise gut.