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Strafmaßnahmen EU plant Sanktionen gegen China

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der chinesische Staatschef Xi Jinping begrüßen sich per Handschlag
Frostige Begrüßung: Anfang April trafen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der chinesische Staatschef Xi Jinping in Peking zusammen
© Xinhua/Yao Dawei
Das nächste Sanktionspaket der EU im Rahmen des Ukrainekriegs könnte China treffen. Mehrere chinesische Firmen sollen Russland Waffenbestandteile liefern — Brüssel könnte deshalb erstmals extraterritoriale Strafmaßnahmen verhängen

Dieser Artikel liegt Capital.de im Zuge einer Kooperation mit dem China.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn Europe.Table am 9. Mai 2023.

Die EU will offenbar chinesische Unternehmen wegen militärischer Lieferungen an Russland ins Visier nehmen. In einer neuen Sanktionsrunde werde die Umsetzung und Einhaltung der EU-Sanktionen gegen Russland im Fokus stehen, erklärte ein Sprecher der EU-Kommission am Montag in Brüssel. 

Das geplante elfte Sanktionspaket im Rahmen des Ukraine-Kriegs konzentriere sich auf die Wirksamkeit der Strafmaßnahmen und wie verhindert werden könne, dass diese umgangen werden, betonte der Sprecher. Hier könnten erstmals auch chinesische Firmen mit Sanktionen belegt werden. Nähere Details, beispielsweise wer auf der Sanktionsliste steht, gab der Kommissionssprecher allerdings nicht bekannt. 

Deals mit Russland

Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge könnten unter anderem die Vermögenswerte von sieben chinesischen Firmen in der EU eingefroren werden. Reuters beruft sich hierbei auf mehrere Brüsseler Diplomaten. 

Am Mittwoch werden zunächst die EU-Botschafter über das Paket beraten. Ziel ist es, das elfte Sanktionspaket noch in diesem Monat zu beschließen. Laut einem Bericht der britischen Zeitung Financial Times wird den Unternehmen vorgeworfen, Ausrüstung mit potenziellem militärischen Nutzen an Russland verkauft zu haben. 

Mehrere Firmen bereits auf US-Sanktionsliste

Demnach stehen zwei Unternehmen aus Festland-China auf der Liste: 

  • 3HC Semiconductors, ein Elektronik-Komponenten- und Chip-Hersteller aus Shenzhen
  • King-Pai Technology, das ebenfalls elektronische Komponenten herstellt

Hinzu kommen fünf weitere Unternehmen aus Hongkong:

  • Sinno Electronics
  • Sigma Technology
  • Asia Pacific Links
  • Tordan Industry
  • Alpha Trading Investments

3HC Semiconductors, King-Pai Technology sowie Sinno Electronics und Sigma Technology stehen schon jetzt auf der Sanktionsliste des US-Finanzministeriums.

Angesichts der „Schlüsselrolle elektronischer Komponenten“ im russischen Krieg gegen die Ukraine sei es „angemessen“, Drittländer einzubeziehen, die die Handelsbeschränkungen umgingen und elektronische Komponenten für Russlands Militär- und Industriekomplex lieferten, heißt es dem Bericht zufolge im Vorschlag der EU-Kommission. 

Demnach soll 3HC Semiconductors versucht zu haben, Exportkontrollen zu umgehen, indem Teile aus den USA gekauft und dann an Russland weiter geliefert wurden. King-Pai Technology soll Mikroelektronik mit Verteidigungsanwendungen an Russland geliefert haben. 

Dual-use-Güter über die Türkei nach Russland

Brüssel hat es bisher vermieden, chinesische Firmen ins Visier zu nehmen. Stichfeste Beweise, dass China Waffen an Russland liefert, gibt es bisher nicht. Berichte und die Auswertung von Zolldaten hatten aber gezeigt, dass China Dual-use-Güter nach Russland exportiert. Dazu gehören beispielsweise Drohnen wie die Mugin-5-Drohne. Dual-Use-Produkte können zivile und militärische Anwendungen haben. In Zolldaten waren jüngst auch CQ-A-Gewehre aufgetaucht. Diese waren als zivile Jagd-Gewehre gekennzeichnet. 

Die Waren werden zumeist über die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate nach Russland geliefert. Aus den EU-Staaten selbst dürfen schon seit Monaten viele Produkte nicht mehr nach Russland exportiert werden. Dazu zählen neben Dual-use-Gütern auch bestimmte Arten von Maschinen und Fahrzeugen oder bestimmte Halbleiter.

Peking droht

Mit den chinesischen Firmen käme nun erstmals eine extraterritoriale Komponente zu den EU-Sanktionen. Konkret ist laut EU-Kreisen geplant, zur Abschreckung zunächst die rechtliche Möglichkeit zu schaffen, Exporte in Drittstaaten wegen einer mutmaßlichen Umgehung von Sanktionen einzuschränken. Wenn dies nicht ausreicht, könnten in einem zweiten Schritt bestimmte Ausfuhren tatsächlich unterbunden werden. Beschlossen werden muss ein solcher Schritt aber einstimmig von den 27 Mitgliedstaaten. 

Die Regierung in Peking warnte die EU bereits vorsorglich vor der Verhängung von Sanktionen im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine: Falls es zu solch einem Schritt kommen sollte, würden sich die bilateralen Beziehungen verschlechtern, erklärte das chinesische Außenministerium am Montag. China werde dann entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine Interessen zu schützen.

Prinzip der Extraterritorialität

Das Prinzip der Extraterritorialität wurde in der Vergangenheit beispielsweise im Fall von US-Sanktionen gegen Iran angewandt. Im Jahr 2018 beschloss die Trump-Regierung, sich aus dem iranischen Atomabkommen zurückzuziehen und eine Strategie des „maximalen Drucks“ durchzusetzen, um die zuvor im Rahmen des internationalen Abkommens aufgehobenen Sanktionen gegen das Regime in Teheran wieder zu verhängen.

Die Extraterritorialität, auch Sekundärsanktionen genannt, wurde damals von den US-Behörden genutzt, um nichtamerikanische Unternehmen zu bestrafen, die noch Geschäfte mit Iran machten. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zogen sich viele europäische Firmen aus dem iranischen Markt zurück. Brüssel kritisierte Washington damals scharf wegen des Schritts.

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