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Chinesischer E-Autobauer BYD-Autos stehen zu lange und setzen Schimmel an

Frachter „BYD Explorer No. 1“ legt vom chinesischen Hafen Yantai ab
Das chinesische Unternehmen BYD hat eigene Frachter gebaut, um seine Autos zu exportieren
© CFOTO / Picture Alliance
Die nach Europa verschifften Wagen des Autobauers sollen wegen langer Standzeiten teilweise schimmeln. Das könnte auf größere Probleme hindeuten

Sie waren mehrere Monate unterwegs: Indischer Ozean, Rotes Meer, Suezkanal, Mittelmeer, Straße von Gibraltar, dann endlich – Bremerhaven. Ende Februar rollen 3000 Fahrzeuge vom Frachter des chinesischen E-Autobauers BYD. Sie sollen den europäischen Markt erobern. Bisher ist davon noch wenig zu sehen. Was aber zu sehen ist: Schimmel. Zumindest, wenn man Berichten des „Handelsblatts“ und des „Wall Street Journals“ (WSJ) glauben mag.

An sich ist es nicht ungewöhnlich, dass gerade nach langen Überseetransporten an manchen Autos Schimmel auftaucht. Doch die BYD-Modelle stehen in Bremerhaven „aktuell länger“, zitiert das „Handelsblatt“ den Betreiber des dortigen Terminals. Gegenüber ntv.de sagte eine Sprecherin, ein weiterer BYD-Frachter sei aktuell „nicht in Sicht“. Schuld daran ist nicht nur die allgemein schwächelnde Nachfrage nach Elektroautos – bei BYD sei zusätzlich die Auslieferung ins Stocken gekommen, hat das „Handelsblatt“ von Insidern gehört. Zu viele Fahrzeuge stünden in Parkregalen und auf Abstellplätzen.

E-Mobilität: Neuzulassungen nach Herstellern

„Alles kann schimmeln“, sagt ntv.de-Autoexperte Patrick Broich. Besonders aber Dachhimmel, Lenkrad, Armaturen und Sitze seien gefährdet. BYD bestätigte dem „Handelsblatt“, man habe im vergangenen Jahr „vereinzelt“ Probleme mit Schimmelbefall gehabt. Die Fahrzeuge in Bremerhaven seien davon jedoch nicht betroffen, so der Autohersteller.

„Je länger die Autos stehen, ...“

Biochemiker Thomas Schupp leuchtet die Geschichte von den schimmelnden Autoimporten ein, er sieht einen „plausiblen Zusammenhang“: Im Süden Chinas herrscht ein subtropisches Klima; hohe Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit kommen zusammen. Die dort verladenen Fahrzeuge werden möglicherweise verschlossen, auf der Reise kühlt die Umgebungstemperatur ab und es bildet sich Kondensflüssigkeit. „Das gibt schöne feuchte Oberflächen, und Schimmel liebt Feuchtigkeit“, sagt Professor Schupp im Gespräch mit ntv.de. Alle natürlichen Stoffe seien für den Schimmel interessant: Baumwolle, Leder, Holz. Die Schimmelsporen in der Luft ließen sich auf diesen feuchten Oberflächen nieder und täten das, was Pilze eben tun – zersetzen.

Dabei spiele selbstverständlich auch die Zeit ihre Rolle: „Je länger die Autos stehen, desto länger kann der Schimmel vor sich hinwachsen“, sagt Schupp. Einem neuen Auto würden so aber keine Schäden hinzugefügt, die eine professionelle Reinigung nicht beseitigen könnte.

Das WSJ weist allerdings auf Bedenken hin, die Wagen mit Schimmelbefall würden nicht professionell von Sporen befreit. Der Vorwurf passt in eine Reihe von Problemen, die BYD demnach auf seinen unterschiedlichen Exportmärkten hat: In Japan werde über Schrammen und Kratzer in den nagelneuen Wagen geklagt, in Thailand über Farbe, die abblättert, und in Israel über Fahrzeugteile, die sich unter dem Gewicht von Dachgepäckträgern verziehen.

Verkaufszertifikate laufen ab

Die Zeitung erklärt die Ärgernisse in zwei Schritten. Erst einmal fehle BYD schlicht Erfahrung darin, Autos über lange Strecken zu transportieren. Deshalb brauchten BYD-Modelle nach dem Export aufwendigere und teurere Reparaturen als üblich. BYDs Reparatursystem scheint diesen Missstand noch zu verstärken.

Das WSJ beruft sich auf Führungskräfte, die intern Bedenken an BYDs Verfahren der Ad-hoc-Reparaturen geäußert haben sollen: Es sei für eine kleine Zahl von Fahrzeugen handhabbar, aber nicht für die Mengen an Autos, die BYD exportieren will.

Möglicherweise schließt sich hier der Kreis. Der Sturm auf die Weltmärkte, die Ankunft des BYD-Frachters in Bremerhaven, die atemberaubenden Entwicklungszyklen der chinesischen E-Autobauer, die eiligen Reparaturen, die fehlende Verkaufsinfrastruktur – womöglich wollte BYD ein bisschen zu viel zu schnell.

Der gelegentlich bei Autoexporten auftretende Schimmel lässt sich beseitigen, mit etwas Aufwand. Je länger die Autos aber stehen, desto länger kann der Schimmel wachsen, können sich die Sporen verbreiten. Desto größer wird der Aufwand. Ein Servicesystem, das darauf nicht angemessen vorbereitet ist, sorgt dann möglicherweise für Schluckauf in der Auslieferungskette.

Mehr als 10.000 BYD-Fahrzeuge hätten zum Ende des vergangenen Jahres in europäischen Lagerhäusern gestanden, schreibt das WSJ und beruft sich dabei auf Angestellte des Konzerns. Besonders unangenehm für den E-Autobauer: Er braucht Zertifikate, um seine Autos in der Europäischen Union verkaufen zu dürfen. Laut dem Bericht laufen diese Zertifikate für einige der gelagerten Wagen bald ab – was bedeutet, dass sie möglicherweise nicht mehr in Europa verkauft werden könnten.

Dieser Artikel ist zuerst bei n-tv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.

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