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Mehrere LKWs Berliner Start-ups organisieren Ukraine-Hilfe

Knapp 60 Paletten an Spenden kamen am Mittwoch zusammen. Die ersten LKWs sind bereits auf dem Weg in die polnisch-ukrainische Grenzregion.
Knapp 60 Paletten an Spenden kamen am Mittwoch zusammen. Die ersten LKWs sind bereits auf dem Weg in die polnisch-ukrainische Grenzregion.
© PR
In einer spontanen Hilfsaktion schickt das Logistik-Start-up Sennder vier Lkws an die polnisch-ukrainische Grenze. Weitere sollen folgen. Die Spenden stammen von einem Zusammenschluss von mehr als einem Dutzend Jungunternehmen

Julius Köhler hievt einen Umzugskarton in den grauen Lastwagen. Seit Stunden sortiert er Spenden, hantiert mit dem Hubwagen und trägt immer neue Kisten umher. Währenddessen trudeln immer neue Spenden ein. „Der erste Lkw war nach zwei Stunden voll“, berichtet der Unternehmer. In der Eingangshalle und auf der Straße vor dem Büro seines Start-ups Sennder stauen sich nun die Paletten für die zweite Ladung.

Knapp 20 Mitarbeiter sortieren kistenweise Tampons, Seife, Desinfektionsmittel, Konserven und Campingausrüstung. Erst vorhin habe jemand ein paar neue Schlafsäcke abgegeben, erzählt Köhler. „Da war das Preisschild noch dran, knapp 150 Euro. Es ist völlig verrückt, was wir hier an Spenden bekommen.“

„Wir müssen jetzt etwas machen!“

Köhler ist Geschäftsführer und Mitgründer von Sennder. An normalen Tagen vermittelt seine Digitalspedition Lieferaufträge von Firmen an Frachtunternehmen. Doch seit dem Wochenende befindet sich Sennder im Ausnahmezustand – weil die drei Mitgründer nach der großen Friedensdemonstration vom Sonntag einen Entschluss gefasst hatten: „Wir müssen jetzt etwas machen!“ Das größte Problem bei humanitärer Hilfe, sagt Köhler, sei schließlich die Logistik. „Und wenn wir eines können, dann ist das Logistik.“

Julius Köhler organisiert mit seinen Kollegen Spenden für ukrainische Geflüchtete. Die Koordination und die Kosten für die Transporte übernimmt seine Digitalspedition Sennder
Julius Köhler organisiert mit seinen Kollegen Spenden für ukrainische Geflüchtete. Die Koordination und die Kosten für die Transporte übernimmt seine Digitalspedition Sennder
© PR

Noch am selben Abend telefonierte der 33-Jährige einige befreundetet Unternehmer ab und verfasste einen Spendenaufruf, der sich inzwischen über firmeninterne Mailinglisten und das Karriereportal Linkedin viral verbreitet hat. Die Hilfsbereitschaft sei überwältigend, sagt Köhler.

In wenigen Stunden hatte sich das Who-is-Who der deutschen Start-up-Szene zusammengeschlossen: Der Online-Supermarkt Gorillas lieferte 25 Paletten Lebensmittel, das Putzmittel-Start-up Everdrop steuerte kartonweise Seife bei, zudem beteiligten sich Flixbus, Hellofresh, Auto1 und rund ein Dutzend weiterer Tech-Firmen. Die Waren sind eine Mischung aus Unternehmensspenden und privaten Spenden von Mitarbeitern.

Eine derjenigen, die spontan mit angepackt hat, ist Yvonne Bernau vom Innovationszentrum Maschinenraum. Mit einer blauen Sackkarre in der Hand steht die Office Managerin in ihrem Büro in Berlin-Mitte, wo sie mit ihren Kollegen Hilfsgüter sammelt und später zu Sennder bringen will. Als sie den Spendenaufruf bei ihrem Arbeitgeber gesehen habe, habe sie sofort ihre Mutter und Schwester kontaktiert, um etwas Geld zusammenzulegen und in die nächste Drogerie zu fahren. „Wir konnten gar nicht so viel schleppen, wie wir kaufen wollten“, berichtet sie. In den Kartons vor ihr stapeln sich Babynahrung, Windeln, Hygieneartikel und Zahnpasta. „Es ist etwas Konkretes, mit dem man helfen kann“, sagt Bernau.

Aus den ursprünglich geplanten zwei LKWs sind mittlerweile vier geworden. „Wir haben bisher insgesamt 60 Paletten gefüllt“, berichtet Köhler am Mittwochnachmittag, als er eine kurze Pause zwischen den Kartons einlegt. Der erste LKW sei schon auf dem Weg in die polnische Stadt Katowice. Von dort aus sollen die Spenden an polnisch-ukrainische Grenzorte weiterverteilt werden. Sennder kooperiert dabei mit der polnischen Stiftung Wolne Miejsce. In den nächsten Tagen wolle man weitere Lastwagen organisieren, sagt Köhler. Dann verabschiedet er sich, um den Kollegen beim Sortieren zu helfen.

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