In immer mehr Branchen hält die Digitalisierung Einzug. Das macht sich auch international bemerkbar: Im Vergleich mit 118 Ländern gehört Deutschland in Sachen Digitalisierung zu den besten zehn. Das ergab eine Studie des US-Netzwerkausrüster Cisco Ende März. Mit 17,68 von 25 Punkten erreicht die Bundesrepublik Platz sechs und liegt damit hinter den USA, der Schweiz, Singapur, den Niederlanden und Großbritannien. Vor allem bei den Lebensstandards und bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für digitale Projekte schneidet Deutschland gut ab. Allerdings gibt es bei der Infrastruktur und Investitionen für digitale Vorhaben Nachholbedarf.
Gemischte Bewertung beim Digital-Standort Deutschland
Eine aktuelle Studie der Kfw-Bank belegt außerdem, dass vor allem der deutsche Mittelstand in Sachen digitaler Technik hinterherhinkt. Oft ist die Infrastruktur nicht gut genug ausgebaut. Außerdem investieren viele Betrieben noch zu wenig in die Digitalisierung.
Ein Blick in die deutsche Start-up -Szene zeigt dagegen: An innovativen Ideen für eine digitale Zukunft mangelt es nicht. Rund 1550 Firmen zählt der deutsche Start-Up-Monitor 2018 , mehr als zwei Drittel von Ihnen arbeiten nach eigenen Angaben digital.
Diese 10 Start-ups und ihre jungen Gründer sollten Sie dabei besonders im Blick behalten: Binnen weniger Jahre haben sie es mit ihren Ideen zu Erfolg gebracht. Als wichtigste deutsche Köpfe der Digitalisierung sind sie die Gestalter von morgen:
Diese zehn Digital Minds gestalten die Zukunft in Deutschland
Die Idee zu ihrem Erfolgsunternehmen kam Gründer und Co-CEO Alexander Rinke und seinen Freunden Martin Klenk und Bastian Nominacher schon im Studium: Für den Bayrischen Rundfunk sollten sie den IT-Support effizienter machen. Ihre Lösung: Eine Software, die Unternehmensprozesse analysiert und aufzeigt, wo es hakt. Nach dem Studium machten die drei ihre Idee zum Geschäft, gründeten 2011 Celonis und schrieben vom ersten Tag an schwarze Zahlen. Heute hat die Firma Kunden wie Rewe, Siemens und Vodafone. Außerdem könnte Celonis 2020 an die Börse gehen, das hat Rinke in Interviews zumindest immer wieder angedeutet.
Julia Bösch gründete 2012 zusammen mit Anna Alex die Online-Personalshopping-Plattform Outfittery. Auf die Idee brachte Bösch ein Freund in New York: Weil er keine Lust hatte selbst einkaufen zu gehen, bezahlte er einen Personal Shopper dafür. Bösch wollte das Konzept online und kostenlos anbieten – und Outfittery war geboren. Beim Aufbau der Plattform profitierte Bösch dabei von ihrer Erfahrung als ehemalige Head of International Business Development bei Zalando. Heute hat der digitale Personal Shopper rund 600.000 Kunden in acht Ländern. Ende Mai gab Bösch bekannt, dass Outfittery mit dem Konkurrenten Modomoto fusioniert.
40.000 Pkw verkauft die Gebrauchtwagen-Plattform von Hakan Koç in Deutschland in einem Monat. Auto1 wirbt mit fairen Preisen für gebrauchte Autos. Die berechnet eine Software und analysiert dafür Angebot und Nachfrage auf dem europäischen Automarkt. Die Idee für die Plattform kam Koç und seinem Mitgründer Christian Bertermann, als sie die Autos von Bertermanns Großmutter verkaufen wollten. Mittlerweile ist Auto1 das wertvollste Start-Up in Deutschland und hat einen Wert von 2,9 Milliarden Euro.
Sofie Quidenus-Wahlforss ist österreichische Gründerin und CEO des Software-Start-ups Omnius. Schon 2004 gründete sie mit 21 Jahren ihr erstes Unternehmen, Quidenus Technologies. Das Start-Up spezialisierte sich auf das Scannen von Büchern mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI). 2015 folgte dann Omnius in Berlin. Mit ihrem jüngsten KI-Unternehmen hilft Quidenus-Wahlforss Versicherungen dabei, Dokumente zu digitalisieren und Prozesse zu automatisieren – und das mit Erfolg: 2018 gehörte sie laut Forbes zu Europe’s Top 50 Women in Tech.
Innerhalb von sechs Jahren wurde die Cloud-Mining-Firma Genesis Mining zu einem der Marktführer in der Branche. Die Firma von Gründer Marco Streng schreibt den Transaktionscode hinter Bitcoin – den Blockchain – fort und bekommt damit Gegenzug neue Online-Währung. Schon als Student schürfte Streng nebenbei auf seinem Laptop, 2013 schmiss er schließlich das Studium und gründete Genesis Mining. Heute vermietet er die Rechenkapazität für das Fortschreiben des Blockchain an rund zwei Millionen Kunden weiter. Weltweit hat er damit zehn Prozent der verfügbaren Rechenpower.
Noch während ihres Jurastudiums hat Fränzi Kühne die Digitalagentur Torben, Lucie und die gelbe Gefahr (TLGG) mitgegründet und beriet Kunden zu ihrem Online-Auftritt. Das ist über zehn Jahre her. Mittlerweile zählt das Unternehmen rund 180 Mitarbeiter. Ehemalige Kunden sind Spotify, die Deutsche Bahn und Lufthansa. Die 36-Jährige sitzt seit 2017 außerdem als jüngstes Mitglied im Aufsichtsrat der Freenet AG.
Dass Schüler sich knifflige Matheaufgaben mittlerweile ganz bequem per App erklären lassen können, verdanken sie Maxim Nitsche. Dem heute 23-Jährigen kam die Idee zu „Math42“ vor neun Jahren. Zusammen mit seinem Bruder Raphael und Vater Thomas entwickelte er die App. Im Oktober 2017 verkaufte die Familie die Anwendung für 20 Millionen Euro an den US-Bildungskonzern Chegg. Seitdem sind die Brüder Teil der Firma und arbeiten als Ideenentwickler in einem Büro in Berlin mit 20 Mitarbeitern. Ein neues Projekt haben die Nitsches auch schon: Eine Suchmaschine, die jede Art von Dokument versteht, analysiert und auffindbar macht.
Civey steht für digitale Online-Umfragen in Echtzeit. Seit Geschäftsführerin Janina Mütze das Start-Up vor vier Jahren mitgründete, ist der Zulauf im Netz enorm: Aktuell zählt Civey etwa sechs Millionen registrierte Nutzer und erreicht seine Befragten auf etwa 25.000 Webseiten. Ein Algorithmus sammelt dabei alle Daten und prüft, ob die Antworten auch wirklich von einer realen Person kommen. Mit diesem Konzept schaffte Mütze es 2017 schon auf die deutschsprachige Forbes-Liste der „Top 30 unter 30“.
Mit dem Programmieren angefangen hat Tobi Lütke als er zehn Jahre alt war. Später machte der heute 38-Jährige die Ausbildung zum Fachinformatiker, wanderte 2002 nach Kanada aus und gründete dort vier Jahre später die Softwarefirma Shopify. Mit ihr können kleine und mittelständische Händler ihre eigenen Online-Shops mit den entsprechenden Werkzeugen erstellen. Die Marktlücke für seine Software entdeckte der 38-Jährige schon vorher, als er einen Online-Shop für Snowboards aufbaute. Inzwischen wird Shopify von 600.000 Firmen genutzt, darunter Nestlé, Red Bull und Budweiser. 2015 brachte Lütke das Unternehmen an die Börse, zu einer Bewertung von mehr als 1 Mrd. Dollar.
Raffaela Rein ist vor allem für ihr Bildungsstart-up Careerfoundry bekannt. 2013 gründete die 32-Jährige die Kursplattform in Webentwicklung und UX Design. Mittlerweile setzt das Unternehmen jedes Jahr mehrere Millionen um und gilt als profitabel. Rein hat Careerfoundry im März verlassen, baut mittlerweile unter dem Namen Vitalute einen Onlineshop für Nahrungsergänzungsmittel auf. Das Unternehmen kommt dabei jetzt schon ohne Fremdkapital aus. Rein hat aber schon wieder eine weitere Idee: Sie will eine Firma ohne Büro und feste Arbeitszeiten aufbauen. Stattdessen sollen alle Mitarbeiter von überall arbeiten können.