Das bevorstehende Weihnachtsgeschäft galt vielen Unternehmen als große Hoffnung für ein letztes Umsatzplus zum Jahresende. Die Verlängerungen des Teil-Lockdowns und die geplanten Neu-Regelungen für Geschäfte haben der Vorfreude im Einzelhandel aber einen Dämpfer verpasst. Denn ab dem 1. Dezember darf sich nur noch eine Person pro zehn Quadratmeter Ladenfläche aufhalten, bei Geschäften über 800 Quadratmeter gelten 20 Quadratmeter pro Kunde.
Gerade der stationäre Handel ist im Hinblick auf lange Schlangen vor den Filialen und der Online-Konkurrenz besorgt. Der Handelsverband HDE rechnet damit, dass die Kunden zu Amazon und Co. abwandern. Durch die Verlängerung des Teil-Lockdowns könnten bis zu 2 Mrd. Euro Umsatz vom stationären in den Online-Handel fließen. Ein Schlag für den stationären Handel: Dem HDE zufolge erzielen einige Einzelhändler im November und Dezember mehr als ein Fünftel ihres Jahresumsatzes.
Während einige Waren vor allem vor Weihnachten gekauft werden, erfreuen sich andere schon seit Monaten einer starken Nachfrage. Gemeint sind damit nicht die Lebensmittel und Hygieneartikel, die während des ersten Lockdowns zu leeren Regalen führten. Hier hat sich die Nachfrage zuletzt beruhigt und auf dem Vorkrisenniveau eingependelt, wie eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes zeigt. Demnach lagen die Verkaufszahlen von Seife, Desinfektionsmittel und Toilettenpapier vom 2. bis 14. November jeweils deutlich unter denen der beiden Vorwochen.
Stattdessen profitierten vor allem Produkte, die Berührungspunkte mit der neuen Normalität von Homeoffice und Social Distancing haben. Diese Produkte sind seit Corona besonders gefragt
Pommes, Kroketten & Co.
Fertiggerichte zählen zu den großen Gewinnern der Corona-Krise. So verzeichnet der Klassiker unter den Fertiggerichten die Tiefkühlpizza in der ersten Jahreshälfte ein Umsatzplus von sieben Prozent. Noch deutlicher war der Nachfrageanstieg bei Kartoffelprodukten. Laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen erlebten Pommes und weitere Kartoffelprodukte aus dem Kühlregal einen Boom: Rund 168 Millionen Packungen an Fritten, Kroketten und weiteren Produkten verkauften die Supermärkte im ersten Halbjahr. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das eine Steigerung um 18 Prozent.
Möbel
Die Möbelbranche profitiert vor allem in der zweiten Jahreshälfte von einer gesteigerten Nachfrage. Geld, das normalerweise vielleicht in Reisen geflossen wäre, wanderte im zweiten und dritten Quartal in die Einrichtung der eigenen vier Wände. Gegenüber dem Vorjahr sei der Umsatz im zweiten Quartal um 13,8 Prozent, im dritten sogar um 19,5 Prozent gestiegen, berichtet der Verband der Möbelindustrie (VDM). Vor allem der digitale Möbelhandel profitiert dabei von dem Trend. Er mache laut VDM rund 18 Prozent und damit knapp ein Fünftel aus. Dem stationären Möbelhandel hat der erste Lockdown dagegen spürbar zugesetzt. In den ersten Jahreshälfte sank der Umsatz hier um fast ein Zehntel.
Fahrräder
Schon ein Blick auf Deutschlands Straßen in den letzten Monaten zeigte: Das Fahrrad erfreut sich aufgrund der Pandemie so hoher Nachfrage wie nie. Waren viele Fahrradläden im Lockdown im Frühjahr von den Schließungen betroffen, blühte das Geschäft nach den ersten Lockerungen umso mehr auf. Allein im ersten Halbjahr verkaufte die Branche laut dem Zweirad-Industrie-Verband 9,2 Prozent mehr als 2019. Das entspricht rund 3,2 Millionen Fahrrädern. Der Verkauf von E-Bikes wuchs noch stärker. Hier machte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr etwa 15,8 Prozent aus.
Gesellschaftsspiele
Ob daheim mit der Familie oder mit den Mitbewohnern zum Zeitvertreib greifen viele Haushalte in der Corona-Pandemie auf Gesellschaftsspiele zurück. Im Vergleich zum Vorjahr wuchs der Umsatz insgesamt um 21 Prozent. Spiele für Erwachsene legten im Jahresverlauf um 30 Prozent zu. Neben den Klassikern wie „Mensch ärgere dich nicht“ und „Monopoly“ seien dabei auch „Exit-Games“, bei denen gemeinsam Rätsel zu lösen sind, und Würfelspiele besonders gefragt. Erwachsenen-Puzzles verzeichneten bislang den stärksten Umsatzanstieg. Während Kinderpuzzle um ein Fünftel zulegten, waren es dort 61 Prozent.
Fitnessgeräte
Wer trotz Lockdown fit bleiben will, setzt zunehmend auf die eigenen vier Wände anstatt das Fitnessstudio. Das macht sich auch beim Absatz von Fitnessprodukten bemerkbar. Laut Angaben des Deutschen Industrieverband für Fitness und Gesundheit meldeten einige Unternehmen für März und April in der Phase des Lockdowns die dreifache Menge an verkauften Produkten. Bei großen Geräten wie Ergometern stieg der Umsatz im April im Vergleich zum Vorjahr um 80 Prozent, bei kleineren Produkten wie Hanteln und Yogamatten wuchsen die Erlöse teilweise sogar um 300 Prozent. Auch Versandhändler Otto meldete im Sommer einen Anstieg beim Verkauf von Heimsportgeräten um 800 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren.
Jogginghosen
Lange galt die Jogginghose modisch als verpöhnt. Zusammen mit vielen weiteren bequemen Kleidungsstücken hat sie sich an den heimischen Schreibtischen aber längst durchgesetzt. In den USA fielen die Verkaufszahlen der Modebranche im April vereinzelt um bis zu 79 Prozent, Jogginghosen legten indes um 80 Prozent zu. Sogar der Luxus-Onlineshop Netaporter berichtete US-Medien zufolge über ein Verkaufsplus von 40 Prozent. Auch in Deutschland steigen die Verkaufszahlen. So verbuchte der Online-Anbieter Zalando im Zehn-Wochen-Vergleich zu Beginn der ersten Corona-Welle einen dreistelligen Zuwachs beim Umsatz für Jogginghosen. Ähnlich stark stieg auch die Anzahl an Suchanfragen.
Konsolen und Gaming-Zubehör
Nicht nur Gesellschaftsspiele erfreuen sich in der Pandemie größerer Beliebtheit. Auch der deutsche Gamingmarkt ist laut dem Verband der deutschen Gamesbranche im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um ganze 27 Prozent gewachsen und erzielte einen Umsatz von über 3,7 Mrd. Euro. Vor allem Spielekonsolen und Gaming-Zubehör waren dabei beliebt. Die Konsole Nintendo Switch war im März beispielsweise zwischenzeitlich weltweit ausverkauft. Die Gamingplattform Stream verzeichnete einen Nutzer-Rekord mit rund 20,3 Millionen Menschen gleichzeitig. Auch die beiden neuen Konsolen Xbox Series X und Playstation 5 dürften von dem Trend profitieren.
Drucker, Haushaltsgeräte und Homeoffice-Elektronik
Auch Elektronikgeräte erfreuen sich seit der Pandemie größerer Nachfrage. So berichtete die Elektronikkette Euronics schon im Sommer von einem Umsatzplus von 19,6 Prozent im Mai und 23 Prozent im Juni. Im Onlinehandel sei der Anstieg in dieser Zeit sogar deutlich dreistellig gewesen. Neben der Notwendigkeit sich für das Homeoffice mit Webcam, Laptop und Drucker einzudecken, sind zuletzt auch wieder Haushalts- und Unterhaltungsgeräte sehr beliebt. Seit dem Sommer sind zudem Küchengeräte wie Kühlschränke, Spül- oder Waschmaschinen gefragt. Bei den Haushaltsgeräten verzeichnete die Branche von Juli bis Oktober Umsatzzuwächse bis zu 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Drucker hatten dagegen vor allem bei Deutschlands Nachbarn Hochkonjunktur: Für Westeuropa ermittelt das Marktforschungsinstitut IDC einen Anstieg um 12,9 Prozent im dritten Quartal im Vergleich zu 2019.