Während der Corona-Pandemie sind auch für ausländische Investoren die Grenzen wieder hochgegangen. Die Zahl der angekündigten ausländischen Investitionsprojekte in Europa sank laut einer Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY 2020 um 13 Prozent. „Einen derartigen Einbruch gab es selbst im Jahr 2009 nicht“, hieß es bei der Vorstellung der Zahlen. Deutschland kam diesbezüglich aber vergleichsweise gut durch die Krise. EY zählte im ersten Corona-Jahr bundesweit 930 Auslandsinvestitionen, vier Prozent weniger als 2019. Das war unter den Top-5-Standorten in Europa der mit Abstand geringste Rückgang. Negativ-Spitzenreiter Frankreich hatte beispielsweise ein Minus von 18 Prozent verkraften müssen.
Größte Geldgeber aus dem Ausland
Die negative Trendwende bei den ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland hatte jedoch bereits vor der Corona-Krise eingesetzt. Die Entwicklung war laut EY seit dem Spitzenjahr 2017 mit 1124 Projekten rückläufig. 2020 bewegte sich in etwa auf dem Niveau von 2015. 2006 hatte es laut EY hierzulande lediglich 286 angekündigte Investitionsprojekte gegeben. Die Beratungsgesellschaft registrierte in Europa die meisten ausländischen Investitionsprojekte in der Digitalbranche. Deutschland lag bei Software und IT-Dienstleistungen im Ländervergleich mit 164 Projekten hinter dem Vereinigten Königreich (235 Projekte) auf Platz zwei. Für den ersten Rang reichte es bei Unternehmensdienstleistungen (138 Projekte) und im Maschinenbau (99 Projekte)
Diese Länder haben laut EY 2020 die meisten Investitionen in Deutschland geplant:
Geschäfte zwischen Nachbarn waren auf dem Höhepunkt der Corona-Krise 2020 häufig noch am einfachsten zu bewältigen. Von kurzen Wegen profitierten auch die Direktinvestitionen aus Dänemark. EY registrierte 25 derartige Vorhaben, 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Das war die drittgrößte Steigerungsrate unter den zehn größten ausländischen Investoren.
Direkte Investitionen aus unseren Nachbarstaaten Frankreich und den Niederlanden liefen trotz oder gerade infolge der Pandemie besonders gut. Sie teilten sich mit je 45 Projekten und vergleichbaren Wachstumsraten Platz sieben. Die Niederlande kamen laut EY auf ein Plus von 15 Prozent. Bei Frankreich habe das Ergebnis 13 Prozent über dem Vorjahreswert gelegen. Allerdings änderte das wenig am erheblichen Ungleichgewicht zwischen Frankreich und Deutschland, wie die Analysten festhielten: „Während deutsche Unternehmen 159 Projekte in Frankreich ankündigten, lag die Zahl der von französischen Unternehmen in Deutschland angekündigten Investitionen mit 45 erneut deutlich niedriger.“
Direktinvestitionen aus Japan in Deutschland haben laut dem Bericht 2020 um neun Prozent abgenommen. Es wurden nur noch 50 angekündigte Projekte gezählt. Japan verzeichnete damit den drittgrößten Rückgang unter den zehn führenden ausländischen Geldgebern deutscher Unternehmen. Die mussten jedoch den mit Abstand massivsten Einbruch bei einem Partner vom selben Kontinent verkraften.
„Besonders stark rückläufig waren die Investitionen britischer Unternehmen in Deutschland“, meldete EY. Das war eine Untertreibung. Die Zahl der Projekte brach laut der Analyse 2020 um 44 Prozent auf 58 ein. Britische Investoren fuhren ihre Investitionen damit in Deutschland überdurchschnittlich stark zurück. Europaweit war ihr Engagement 2020 um 24 Prozent zurückgegangen.
Dafür hat die Schweiz ihr Engagement in Deutschland während des Krisenjahrs verstärkt. Sie zog mit 68 Projekten und einem Plus von 13 Prozent am Vereinigten Königreich sowie an der Türkei vorbei und kam auf Platz drei der größten ausländischen Investoren in Deutschland.
Gegen den Trend stark zugenommen haben hierzulande 2020 auch Direktinvestitionen aus China. Die Volksrepublik hatte ihre Beteiligungen in Europa zwar generell zurückgefahren. Sie schrumpften laut EY um 16 Prozent auf 261 Projekte. In Deutschland aber stieg die Jahresbilanz um 17 Prozent auf 98 Vorhaben. China war für die Bundesrepublik der zweitgrößte Investor. In Europa lag die Volksrepublik lediglich auf Platz fünf. Keinen Unterschied in der Platzierung gab es hingegen beim Spitzenreiter dieser Liste.
Die USA blieben 2020 die unangefochtene Nummer eins unter den ausländischen Investoren in Deutschland. Zwar fiel der Rückgang auf 182 US-Projekte mit minus sechs Prozent doppelt so hoch aus wie für alle bundesweiten Direktinvestitionen aus dem Ausland. Dafür drosselten amerikanische Geldgeber ihr Engagement in Deutschland weit weniger stark als in Europa insgesamt. Dort belief sich das Minus auf 18 Prozent.