Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer. Wie viel weniger genau, misst der Gender Data Gap. Er zeigt, wieviel Prozent weniger Gehalt Frauen pro Stunde bekommen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat den Indikator im europäischen Vergleich ausgewertet und festgestellt: Deutschland hat einen der größten Gender Pay Gaps in Europa .
Besonders klein ist der Gender Pay Gap dagegen in Luxemburg, Rumänien und Italien. Der Gender Pay Gap allein ist jedoch nicht besonders aussagekräftig. Denn eine wichtige Rolle spielt auch die Frauenerwerbsquote in dem jeweiligen Land. Häufig, so die DIW-Studie, haben Länder mit einem niedrigen Gender Pay Gap auch eine sehr niedrige Frauenerwerbsquote. In Rumänien und Italien beispielsweise liegt sie bei unter 60 Prozent.
Das liegt daran, dass in Ländern mit geringer Frauenerwerbsquote eher eine hohe Selektion herrscht, also die Frauen arbeiten, die tendenziell hohes Lohnpotenzial haben. „In Ländern mit hohen Frauenerwerbsquoten unterscheiden sich hingegen die erwerbstätigen Frauen nicht so stark von der weiblichen Gesamtbevölkerung“, heißt es in der Studie.
Gender Pay Gap in nordischen Ländern niedrig
Doch selbst, wenn man nur europäische Länder mit einer Frauenerwerbsquote zwischen 70 und 80 Prozent betrachtet, steht Deutschland vergleichsweise schlecht da und landet auf dem drittletzten Platz. Besonders positiv werden dagegen nordische Länder, insbesondere Island und Schweden, hervorgehoben – sie verzeichnen eine hohe Frauenerwerbsquote und einen niedrigen Gender Pay Gap. Das liege an einem starken gleichstellungspolitischen Fokus in der Familienpolitik.
In den meisten Ländern mit hohen Frauenerwerbsquoten und gleichzeitig relativ niedrigen Gender Pay Gaps sei auch die Zustimmung zu geschlechterstereotypen Rollenaufteilungen sehr gering, so die Studie. Wie viel Prozent in den jeweiligen Ländern traditionelle Rollenaufteilungen befürworten, untersuchte das European Value Survey und fragte, ob die Menschen dem Satz „Es ist die Aufgabe des Mannes, Geld zu verdienen, die Frau ist für Haushalt und Familie zuständig“ zustimmen.
„Deutschland hat gleichstellungspolitischen Aufholbedarf – Maßnahmen wie die Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld, die Einführung einer Familienarbeitszeit, der Ausbau der Kinderbetreuung und eine Reform des Ehegattensplittings würden den Gender Pay Gap nachhaltig senken“, fasst Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW, zusammen.
Gender Pay Gap
In Frankreich verdienen Frauen im Durschnitt 16,7 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Insgesamt sind dort 68,1 Prozent der Frauen berufstätig. Der Aussage „Es ist die Aufgabe des Mannes, Geld zu verdienen, die Frau ist für Haushalt und Familie zuständig“ stimmen dort 16,4 Prozent der Befragten zu.
Finnland liegt mit einem Gender Pay Gap von 16,9 Prozent auf Rang 26 von 34 in der DIW-Auswertung. Insgesamt sind dort 76,3 Prozent der Frauen erwerbstätig. Nur 11,9 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass es Aufgabe der Männer ist, Geld zu verdienen und die Frau für Haushalt und Familie zuständig ist.
In der Schweiz liegt der Gender Pay Gap bei 18,3 Prozent. Die Frauenerwerbsquote liegt dort bei 79,9 Prozent – höher liegt sie nur in Island und Schweden. 18,3 Prozent der Befragten Schweizer stimmen einem traditionellen Rollenbild zu, bei dem der Mann für das Geld und die Frau für Haushalt und Familie zuständig ist.
Im Vereinigten Königreich verdienen Frauen im Durchschnitt 19,8 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Die Frauenerwerbsquote liegt dort bei 73,2 Prozent, die Zustimmung zu einem traditionellen Rollenbild liegt mit einem Anteil von 17 Prozent vergleichsweise niedrig – deutlich niedriger liegt sie jedoch in skandinavischen Ländern.
Der Gender Pay Gap ist mit 19,8 Prozent in der Slowakei genauso groß wie in Großbritannien. Allerdings ist der Anteil der erwerbstätigen Frauen hier mit 65,9 vergleichsweise klein. Mehr als die Hälfte der der Befragten stimmt der Aussage zu, dass Männer sich um das Geld und Frauen um Haushalt und Familie kümmern, zu. Höher ist der Anteil nur in Bulgarien.
In Deutschland verdienen Frauen im Schnitt 20,1 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Der Anteil der Frauen, die erwerbstätig sind, ist hier aber mit 74,3 Prozent vergleichsweise hoch – und der Anteil der Befragten, die einem traditionellen Rollenbild zustimmen mit 13,5 Prozent vergleichsweise niedrig.
In Tschechien ist der Gender Pay gab genauso groß wie in Deutschland: Frauen verdienen dort im Durchschnitt 20,1 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Insgesamt sind in Tschechien fast 70 Prozent der Frauen erwerbstätig. Die Zustimmung zum traditionellen Rollenbild, dass der Mann das Geld verdient und die Frau sich um Haushalt und Familie kümmert, ist hier mit 47,2 Prozent besonders hoch.
In Österreich verdienen Frauen im Durchschnitt 20,4 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Insgesamt sind dort 72 Prozent der Frauen erwerbstätig. Der Aussage, dass es die Aufgabe des Mannes ist, Geld zu verdienen und die Frau für Haushalt und Familie zuständig ist, stimmen hier fast 30 Prozent der Befragten zu.
Estland hat im europäischen Vergleich den größten Gender Pay Gap. Frauen verdienen dort im Durchschnitt 21,8 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Dabei liegt die Frauenerwerbsquote mit 75,6 Prozent etwas höher als in Deutschland. Allerdings ist die traditionelle Rollenverteilung dort sehr präsent. 37,3 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass es die Aufgabe des Mannes ist, Geld zu verdienen und die Frau für Haushalt und Familie zuständig ist.