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Cyberkriminalität Die größten Cyber-Raubzüge

Symbolfoto Bitcoin
Symbolfoto Bitcoin
© IMAGO / photothek
Krypto-Betrügereien greifen um sich: In einem aktuellen Fall stahlen Hacker 600 Mio. Dollar. Ein Rückblick auf fünf spektakuläre Raubzüge der Cybergeschichte

Die Krypto-Szene boomt. Eines der heißesten Themen in der Branche ist derzeit Decentralized Finance (DeFi) - Finanzgeschäfte ohne Banken, Broker oder Börsen als zwischengeschaltete Vermittler, die in der Regel kräftig mitverdienen. Kreditgeber und - nehmer können ihre Transaktionen auf entsprechenden Plattformen direkt miteinander abwickeln. Die Konditionen und Zahlungen werden von einer Software geregelt, was den bürokratischen Aufwand und die Kosten reduziert.

Krypto-Fans reizt, dass Geschäfte im Cyberspace von Zwängen und Pflichten des klassischen Finanzmarktes abgekoppelt sind. Doch der wenig regulierte Markt hat leider immer häufiger seinen Preis. Mit wachsender Popularität und den Milliarden an Investorengeldern, die umgehen, nehmen auch Betrügereien zu: Es gibt illegale Börsen, Fake-ICOs (die Markteinführung von Digitalgeld, das gar nicht existiert), gehackte Krypto- Marktplätze und verschiedenste Formen von Schneeballsystemen. Am Dienstag stahlen Hacker bei einem Angriff auf eine „Dezentrale Finanzanwendung“ Kryptowährungen im Wert von bis zu 600 Mio. US-Dollar (510 Mio. Euro). Das US-Unternehmen teilte auf Twitter mit, dass Unbekannte seine Sicherheitsvorkehrungen geknackt und die Einlagen von „Zehntausenden“ Kunden auf von ihnen kontrollierte Konten umgeleitet hätten.

Die auf den Transfer der digitalen Geldanlagen spezialisierte Firma Poly Network appellierte an die Hacker, mit ihr Kontakt aufzunehmen, „um eine Lösung zu finden“. Daran werden diese jedoch kein Interesse haben. Sie sollen längst dabei sein, ihre Spuren zu verwischen und ihre Beute zu waschen. „Sie haben begonnen, dezentrale Börsen zu nutzen, um die gestohlenen Vermögenswerte in andere, etwa Stablecoins umzuwandeln“, zitiert die „Neue Züricher Zeitung“ Tom Robinson, Mitbegründer des Analyseunternehmens Elliptic.

Hier ein Rückblick auf fünf große Raubzüge:

  1. Am bekanntesten ist die Attacke auf die damals weltgrößte Bitcoin-Börse Mt.Gox aus Japan. Im durchgesickerten Unternehmensdokument hieß es 2014, Hacker hätten die Handelsplattform, über die seinerzeit 90 Prozent des weltweiten Handels abgewickelt wurde, 2011 überfallen und 744.408 Bitcoins von Mt. Gox-Kunden sowie weitere 100.000 Bitcoins des Unternehmens gestohlen. Höchstwahrscheinlich gelangten die Hacker über einen Computer eines Wirtschaftsprüfers des Unternehmens ins System. Obwohl eine beträchtliche Anzahl an Bitcoins zurückgewonnen wurden, verloren am Ende etwa 25.000 Kunden rund 650.000 Bitcoin. Aktueller Wert: knapp 30 Mrd. US-Dollar. Mt.Gox schlitterte in die Pleite. Den Geschädigten wurden vom Insolvenzverwalter lediglich Ansprüche im Volumen von 400 Mio. US-Dollar anerkann
  1. In letzter Zeit gab es eine große Bandbreite verschiedener Krypto-Scams. Einer der bekanntesten und perfidesten ist der OneCoin-Scam - ein als Kryptowährung getarntes illegales Schneeballsystem, das 2019 aufflog. Im IT-Bereich wird das Wort Scam (englisch: Betrug) vorwiegend im Zusammenhang mit Vorschussbetrug verwendet. Ein Scam-Opfer soll eine Vorleistung erbringen, um an Geld oder Waren zu gelangen. Die OneCoin-Macher vermarkteten weltweit ein ICO (englisch: Initital Coin Offering, Markteinführung einer neuen Kryptowährung), bei dem sie Milliarden einnahmen. Doch in Wirklichkeit wurde gar keine neue Währung erschaffen. Hunderttausende Anleger verloren mehr als 4 Mrd. US-Dollar. Haupttäterin war Ruja Ignatova, die sich selbst als „Cryptoqueen“ bezeichnete. Ihr Bruder wurde als einer der Verantwortlichen verhaftet. Ruja Ignatova selbst hingegen befindet sich seit 2017 auf der Flucht.
  2. Ein weiterer bekannter Scam war PlusToken, ein Cyber-Projekt, das Mitte Mai 2018 startete. Auch hier handelte es sich um ein Schnellballsystem. PlusToken tarnte sich als ertragreiche Investitionsmöglichkeit und lockte ahnungslose Opfer mit Versprechungen hoher Renditen, indem es so tat, als würden die Gelder zur Entwicklung von Kryptowährungsprodukten wie der PlusToken-Wallet verwendet werden. Die Renditen wurden jedoch immer aus dem Geld neuer Investoren ausgezahlt. 3 Mrd. US-Dollar sammelte PlusToken ein. Anfang 2019 verschwanden Krypto-Devisen (Bitcoin, Ethereum und EOS) in dieser Höhe. Im Juni 2019 schlossen die Administratoren der Plattform den Betrieb. Frei übersetzt hinterließen sie folgende Nachricht: „Sorry, wir sind weg.“ PlusToken wurde danach für den Kurssturz bei Bitcoin verantwortlich gemacht, weil gestohlene Bitcoin verkauft wurden.
  3. Auch das Tradingsystem BitConnect war ein getarntes Ponzi-System, mit dem die Macher nur ein Ziel verfolgten: das Geld der User zu stehlen. Die Kryptowährung Bitconnect (BCC) und ihr Netzwerk gingen im Februar 2016 online. Die Macher versprachen ihren Kunden Renditen von monatlich 40 Prozent, wenn sie die Token kauften und auf der eigenen Plattform anlegten. Wieder wurden die Profite des Unternehmens aus immer neuen Wellen von Mitgliedern und ihrem Kapital bezahlt. Ob es überhaupt einen Trading-Bot im Hintergrund gab, welcher in Kryptowährungen investierte, ist bis heute unklar. Die Behörden schalteten sich ein und viele Investoren bekamen kalte Füße. Am 16. Januar 2018 hieß es auf der Webseite, die Plattform würde vom Netz genommen. Als Gründe wurden unter anderem schlechte Presse und rechtliche Schwierigkeiten genannt. Der Token, der ein All-Time-High bei 431 US-Dollar erreicht hatte, verlor in Sekundenschnelle über 90 Prozent. Bis heute sind die meisten Hinterleute des Betrugs unbekannt.
  4. Ein riesiger Betrugsfall mit Kryptowährungen sorgte im April in der Türkei für Aufregung: Der Gründer der Plattform Thodex, Faruk Fatih Özer, floh mit 2 Mrd. US-Dollar. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen „schweren Betrugs und Gründung einer kriminellen Vereinigung“. Der 28- oder 29-jährige Özer wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Thodex hatte den Handel vor seiner Flucht eingestellt und die mysteriöse Botschaft hinterlassen, das Unternehmen brauche fünf Tage, um sich um eine nicht näher beschriebene Investition zu kümmern. Er werde „in einigen Tagen zurückkehren und mit den Justizbehörden kooperieren, damit die Wahrheit ans Licht kommen kann“. Die Vorwürfe gegen ihn seien „haltlos“. Presseberichten zufolge hatten fast 400.000 Menschen ihr Geld auf der Plattform angelegt - insgesamt mindestens 2 Mrd. US-Dollar.

Dieser Beitrag ist zuerst bei n-tv.de erschienen

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