Am Samstag spielt der BVB gegen den FC Bayern. Was erwarten Sie als Marketingdirektor von dem Spiel?
Ich sehe so ein Spiel nicht als Marketing-Verantwortlicher sondern als Fan und Mitarbeiter von Borussia Dortmund. Jeder im Verein wünscht sich natürlich einen Sieg. Das ist völlig unabhängig von der Aufgabe.
Trotzdem ist ein Spiel gegen Bayern sicherlich für die Wahrnehmung der Marken BVB und FC Bayern besonders, auch im Ausland.
Klar, die Begegnung ist nicht irgendein Bundesligaspiel, sondern der deutsche Clasico. Wir haben es durch unsere Erfolge der letzten Jahre hinbekommen, dass dieser Begegnung eine solche Bedeutung beigemessen wird. Der BVB wird als einer der beiden deutschen Fußball-Leuchttürme wahrgenommen. Das war vor zehn, 15 Jahren noch ganz anders. Dass wir das aus eigener Kraft geschafft haben, ist für uns das Entscheidende – wichtiger als das Ergebnis am Samstag. Aber natürlich möchten wir gewinnen!
Bei der DFL und in manchen Vereinen träumen Leute davon, Bundesligaspiele im Ausland auszutragen, um die Vermarktung anzukurbeln. Halten Sie es für denkbar, dass der deutsche Clasico irgendwann nicht in Dortmund oder München, sondern in Shanghai ausgetragen wird?
Nein. Das halte ich für nicht denkbar. Und ich halte es für absolut falsch, über solche Ideen weiter nachzudenken.
Warum?
Der deutsche Fußball muss zuhause erfolgreich sein. Das ist auch der Schlüssel dafür, dass sich das Ausland für den deutschen Fußball interessiert. Volle Stadien, eine fantastische Atmosphäre – das zeichnet die Bundesliga aus. Das kann man nicht einfach ins Ausland transportieren . Wir können nicht wie bei der Formel 1 alle Sachen zusammenpacken und die Bundesliga von einem Land ins andere fahren.
„Wir müssen unser eigenes Rennen fahren“
Sehen Sie als Marketingmann denn nicht die schönen Vermarktungschancen? Das Stadion in Shanghai wäre sicher auch voll...
Noch einmal: Die Bundesliga muss zuhause funktionieren. Nur dann haben wir eine Story, für die sich auch die Fans im Ausland interessieren. Bei uns in Dortmund beispielsweise ist die einzigartige, emotionale Atmosphäre im Stadion ein USP, der uns weltweit auszeichnet und von anderen Klubs abhebt. Die Menschen, die den Geist und die Seele unseres Vereins ausmachen, müssen deshalb weiterhin die Möglichkeit haben, zu uns ins Stadion zu kommen. Sicherlich wären wir als BVB auch in der Lage, ein Stadion in China voll zu machen oder unser Stadion anderweitig zu füllen. Dann könnten wir sicher auch höhere Durchschnittspreise im Ticketverkauf erzielen. Aber dann wäre das nicht mehr Borussia Dortmund.
Was heißt das für die Bundesliga?
Wir sollten nicht versuchen, anderen hinterher zu rennen. Nur weil die Engländer oder Spanier zehn Anstoßzeiten haben, sollten wir nicht auch diesen Weg gehen. Die Bundesliga muss ihre Stärken selbstbewusst herausarbeiten. Wenn man nur auf die Wettbewerber achtet, neigt man schnell zu eigenen Fehlern. Wir müssen unser eigenes Rennen fahren.
Trotzdem schielt ja auch der BVB ins Ausland und auf Auslandsmärkte. Gefährdet das dann nicht auch Ihren USP?
Für uns ist wichtig, dass wir uns treu bleiben und dass wir uns nicht verbiegen. Wir sind kein Verein, der prominente Superstars anheuert, sondern einer, der entwicklungsfähige junge Spieler weiterentwickelt. Wir positionieren uns mehr als Verein und als Mannschaft. Und wir stellen fest, dass die Geschichte des Herausforderers, der versucht, sich aus eigenen Kräften kreativ zu entwickeln, gerade in Asien viele Fans neugierig auf Borussia Dortmund macht. Diese Geschichte wollen wir glaubwürdig erzählen.
Wie wichtig sind die Erlöse aus dem Ausland für den BVB?
Das Ausland ist für uns eine der Chancen, um zu wachsen und international wettbewerbsfähig zu bleiben. In Deutschland haben wir die Situation, dass alle Vereine ihre Klientel haben. Einige mehr, andere weniger. Auf dem Heimatmarkt ist das Wachstum endlich. Im Ausland ist das anders.
Welchen Anteil macht das Auslandsgeschäft in den Bereichen Marketing und Merchandising mittlerweile aus?
Das lässt sich prozentual nicht genau beziffern. Fakt ist, dass dieser Bereich wächst – zum Beispiel bei den Trikotverkäufen, die im Ausland überproportional zulegen, wenn auch von einer niedrigeren Basis aus. Auch unsere Anteilseigner Evonik und Puma haben die internationale Relevanz bei ihren aktuellen Verträgen stärker in den Vordergrund gestellt als das noch am Anfang der Fall war. Darüber hinaus haben wir im Ausland in den verschiedenen Märkten mittlerweile über 25 sogenannte Regionalpartnerschaften – wie zum Beispiel mit der Fluggesellschaft Mongolian Airlines. Die fliegt regelmäßig mit einem BVB-gebrandeten Flugzeug von Ulan Bator nach Tokio. Oder eine kleine Brauerei in Kambodscha, die 20.000 Dosen mit dem BVB-Logo verkauft.
Seit einigen Jahren tourt auch der BVB in der Sommerpause durch wichtige Auslandsmärkte. Wo geht es 2018 hin?
Wir gehen im Sommer in die USA. Wir waren drei Jahre hintereinander in Asien und möchten jetzt den nächsten Schritt Richtung Westen machen. Mit unserem US-Nationalspieler Christian Pulisic haben wir ja auch einen Spieler, der in der amerikanischen Öffentlichkeit auf ein sehr großes Interesse stößt.
Wird Borussia Dortmund in den USA dann auch eine Repräsentanz aufmachen – so wie die Bayern, die dort schon seit 2014 sind?
Nein, aktuell ist das nicht geplant. Wir haben in diesem Jahr eine Repräsentanz in Shanghai eröffnet. Damit sind wir nun in Singapur und Shanghai vertreten, weil wir glauben, dass die asiatischen Märkte so grundverschieden sind, dass man dort mit Natives vor Ort sein muss. Sonst verliert man Geschwindigkeit. Für die USA sind wir derzeit anderer Meinung. Zudem können wir auch auf unseren Vermarktungspartner Lagardère zurückgreifen, der über ein weltweites Netzwerk verfügt und mit einer Dependance in New York vertreten ist. Das reicht für die USA momentan aus. Für uns ist wichtiger, dass wir über ein Fußballthema eine Verbundenheit zu dem Land aufbauen – zum Beispiel über eine Kooperation mit einem Verein. So haben wir es in Südostasien und China auch gemacht.
Die Vermarktung ist ein kleinteiliges Geschäft: viele Verträge, nur wenige ganz große Deals. Wie ist es für Sie, wenn durch einen einzigen Transfer wie dem von Dembélé auf einen Schlag 100 Mio. Euro reinkommen?
Wir sind beim BVB alle so geerdet, dass wir solche Summen richtig einschätzen können. Da hilft uns sicherlich auch unsere jüngere Geschichte. Deshalb ist uns der kleine Partner in Kambodscha genau so wichtig wie der große Partner. Und natürlich brauchen wir auch den starken Hauptsponsor. Am Ende macht es die Mischung aus.