Die Fans von Borussia Dortmund hatten am Samstag eine deutliche Botschaft mitgebracht: „Nein zu Investoren in der DFL“, prangte dort vor der Südtribüne auf einem riesigen Banner – der weltbekannten Fankurve der Dortmunder. Es war nicht die einzige Aktion an diesem Wochenende und den vergangenen Wochen. Überall in Deutschland protestieren Ultragruppierungen gegen die DFL, die Dachorganisation der 36 Profivereine, die Anteile an einen Investor abgeben will. Für Ultras ist das ein Tabubruch. Aber selbst gemäßigte Fans sehen die Pläne kritisch.
Die Proteste sind in den vergangenen Wochen immer lauter geworden, und zielen auf den heutigen Montag. Bis dahin müssen Investoren nämlich ihre Gebote beim DFL einreichen. Dem Vernehmen nach will die Deutsche Fußballliga einen Minderheitsanteil von 12,5 Prozent an den Medienrechten über eine Laufzeit von 20 Jahren verkaufen. Damit erhofft sie sich Einnahmen von etwa 2 Mrd. Euro.
Viele Fans lehnen den Deal grundsätzlich ab – und halten ihn auch in den Details für wenig glaubwürdig. „Das Recht des Investors erlischt nach 20 Jahren? Wen wollt ihr eigentlich verarschen?“ schrieben die Dortmunder Fans auf ein weiteres Transparent. In anderen Stadien hieß es ähnlich: „Schluss mit dem Vermarktungswahn! Nein zu Investoren bei der DFL“, stand auf Bannern, die Fans des SC Freiburg und des FC Bayern München vor wenigen Wochen zeigten. Auch bei den Heimspielen des FC Augsburg gegen den 1. FC Köln und des FSV Mainz 05 gegen Werder Bremen gab es Proteste. In einigen Partien der 2. Bundesliga schlossen sich Fans ebenfalls an.
Ungleichheit könnte größer werden
Auch wenn sich Fußballfans in vielen Punkten uneinig sind – beim Protest gegen DFB, DFL oder Fifa stehen sie Schulter an Schulter. In ihren Augen führt die zunehmende Kommerzialisierung zum Tod des Sports. Mehr Geld vergrößere die ohnehin schon vorhandene Ungleichheit zwischen den Vereinen. Finanzstarke Vereine würden letztlich stärker profitieren, lautet die Argumentation.
Doch unter den Vereinen herrscht keine Einigkeit. Vor allem kleinere Vereine sind skeptisch – aber auch größere Clubs wie Hertha BSC sind noch zurückhaltend. Holsteins Kiels Präsident Steffen Schneekloth liegt der Fokus zum Beispiel zu stark auf der Frage, wer als Investor in Betracht komme. „Wichtiger ist doch die Frage, wo wollen wir gemeinsam hin, was ist an Investitionen erforderlich und wofür wollen wir mögliches Investorengeld einsetzen?“, sagte der 58-Jährige. Er stellte außerdem infrage, ob sich die Vereine für 20 Jahre festlegen sollten.
Nach übereinstimmenden Medienberichten sind bis Montag sechs Gebote beim DFL eingegangen. Darunter drei Angebote von Finanzinvestoren aus Europa und drei aus den USA. Zu den drei europäischen Interessenten gehören CVC, EQT und Bridgepoint, zu den amerikanischen KKR, Advent und Blackstone.
Abschläge für Interessenkonflikte
Nach Informationen des „Handelsblatts“ hat die DFL einen Kriterienkatalog erstellt, um die Attraktivität des Investors zu messen. Demnach spiele die Fondsgröße eine Rolle, aber auch, ob der Investor ein eigenes Team in Deutschland habe, welche Einflussgewalt die verantwortlichen Manager hierzulande gegenüber der Zentrale haben, und ob der Investor bereits erfolgreiche Investments in Deutschland getätigt hat. Abschläge soll es für mögliche Interessenkonflikte oder Kartellprobleme geben.
Klar ist, dass die Klubs am 12. Mai auf einer Mitgliederversammlung über die Gebote diskutieren wollen. Möglicherweise beschließen sie dort auch, ob der Verkaufsprozess fortgesetzt wird. Eventuell wird sogar eine erste Vorauswahl getroffen. Eine endgültige Entscheidung könnte dann im Juli folgen.
Den größten Fußabdruck im europäischen Fußball unter den Interessenten hat eindeutig CVC hinterlassen. Europas größter Finanzinvestor ist seit 26 Jahren im Sport engagiert und hat seitdem zehn Partnerschaften mit Ligen und Vereinen geschlossen. Aktuell ist CVC bereits an der spanischen und französischen ersten Liga beteiligt. Dadurch könnte es zu Interessenkonflikten kommen, äußern Kritiker gegenüber dem Handelsblatt. Allerdings hat CVC in der Formel 1 bewiesen, dass sie eine Sportmarke voranbringen können. In der Investitionsphase zwischen 2005 und 2017, haben sich die jährlichen Ausschüttungen an die Teams auf 1 Mrd. Euro vervierfacht.
Bekannt für seine Medieninvestitionen in Deutschland ist vor allem KKR. Die US-Private-Equity-Gesellschaft ist zum Beispiel an Axel Springer, der Konsumforschungsgesellschaft GfK und dem Kommunikationsberater FCG beteiligt. In Deutschland arbeitet KKR noch immer gegen das Image einer „Heuschrecke“ an, das der frühere SPD-Chef Franz Müntefering Finanzinvestoren wie KKR einst verpasste. Die Bundesliga kennt KKR bereits: Die Gesellschaft um den Deutschland-Chef Christian Ollig, war von 2014 bis 2018 bei Hertha BSC investiert. Damit hat KKR ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz. Mit Ausnahme von EQT, das an dem Datenanbieter und DFL-Partner Sportradar beteiligt ist, besitzt kein potenzieller Investor eine solche Erfahrung in der Bundesliga.
Ambitionierte Wachstumsprognosen
Und diese Erfahrung soll – neben den finanziellen Erlösmöglichkeiten – ein wichtiges Kriterium für den Zuschlag darstellen. Letztlich soll mithilfe des Deals der wirtschaftliche Abstand zu anderen Ländern, wie England, reduziert werden. Dafür setzt sich die DFL allerdings auch ehrgeizige Ziele. Laut Handelsblatt-Bericht rechnet die DFL in den kommenden zehn Jahren mit einer Verdoppelung der Einnahmen aus der TV-Vermarktung. Im internationalen Bereich soll der Betrag von 200 auf 500 Mio. Euro steigen. Und aus dem eigenen, neuen Streamingangebot sollen weitere 150 Mio. Euro fließen. Gerade letzter Punkt wird allerdings stark bezweifelt, da sich die Kanäle kannibalisieren könnten.
Offenbar soll diese ambitionierte Bewertung aber zu einem höheren Einstiegsangebot führen – und so die Vereine aus der ersten und zweiten Liga vom Investoreneinstieg überzeugen. Denn – Stand jetzt – ist eine Zweidrittelmehrheit offenbar nicht sicher. Und darüber sind wahrscheinlich auch die Fanszenen gar nicht so unglücklich.