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Anwälte Deutschlands beste Rechtsanwälte 2023

Andreas Koenen steht auf einer Leiter vor einem Bücherregal mit juristischer Fachliteratur
Andreas Koenen steigt Gerichten aufs Dach: Der Baurechtsanwalt hilft bei Ärger mit Handwerkern, Architekten oder Bauämtern
© Florian Thoss
Der Bauboom ist vorerst gestoppt, doch für Juristen geht er jetzt erst los: Baurechtsexperten sind gefragt wie nie – ein Schwerpunkt im diesjährigen Anwaltsranking von Capital und Statista

Vom Bett fällt der Blick auf einen Dachterrassenpool mit Skyline-Panorama. Es ist aber nur ein Foto, ausgespielt über einen riesigen Monitor. Er ersetzt, was nicht ist. Im Boxhotel in Göttingen nämlich gibt es keine Fenster. Die Zimmer sind winzige Schlafkabinen zum Schnäppchenpreis von etwa 25 Euro die Nacht. Ein Experiment, das das Bauamt von Göttingen dem Start-up-Unternehmer Oliver Blume ohne zu mucken genehmigte. Und da die Gäste in Scharen kamen, mietete Blume bald in seiner Heimat Hannover eine weitere Immobilie an, um dort das nächste Boxhotel mit 104 Schlafkojen zu eröffnen. Das Bauamt dort aber verweigerte die Genehmigung. Die Verantwortlichen monierten die Fensterlosigkeit, fürchteten Probleme beim Brandschutz und forderten „ein Mindestmaß an Erträglichkeit“.

Blume schaltet den Rechtsanwalt Andreas Koenen ein, Gründer der gleichnamigen Kanzlei, die sich auf Bau- und Architektenrecht spezialisiert hat und vor allem private Bauherren vertritt. Unter Rechtsanwaltskollegen genießt die Kanzlei mit zurzeit 18 Anwälten an vier Standorten einen herausragenden Ruf: Im Bereich Baurecht gehört sie zu den Branchenführern, die im Rahmen einer deutschlandweiten Befragung von Capital und dem Marktforschungsinstitut Statista ermittelt wurden. Gut 4000 Juristen haben die jeweils besten ihres Fachs empfohlen.

Für den Start-up-Unternehmer Blume stand seine Existenz auf dem Spiel, den Mietvertrag über 15 Jahre für das Hotel in spe hatte er schon abgeschlossen, und er verstand die Welt nicht mehr. „Müsste das niedersächsische Landesbaurecht nicht in jeder Stadt in Niedersachsen gleich angewendet werden?“, fragte er.

Anwalt Koenen suchte nach Wegen, das Baurecht zu umschiffen. Und er fand einen Weg. Die Boxen seien eher Nutz- als (dauerhafter) Wohnraum, deshalb benötigten sie keine Fenster. Zudem seien die Schlafboxen auch keine Aufenthaltsräume, sodass die Mindestmaße des Baurechts (sechs Quadratmeter) ebenfalls nicht anwendbar seien. Vor Gericht schilderte Koenen dem Richter, was ihn am Konzept beeindruckt hat. Selbstverständlich sah er sich das Streitobjekt mit eigenen Augen an. Lobby und ein Teil der Flure waren hell.

Baustreitigkeiten sind Koenens täglich Brot. „Freitag Detmold, gestern Gelsenkirchen, Mittwoch an der dänischen Grenze, drei Fälle, drei Gerichtstermine in dieser Woche“, zählt der 59-Jährige auf. Sein Pensum ist hoch, er pendelt zwischen Gericht und Baustellen, rein in die Robe, raus aus den Straßenschuhen. Fast 3000 Gerichtsauftritte verteilt über ganz Deutschland habe er in seiner Laufbahn absolviert, sagt er. „Drum reißen“, sagt er, tue er sich trotzdem nicht. Vor Gericht sei vieles unwägbar, oft entscheiden Feinheiten, ob seine Mandanten gewinnen oder verlieren. Zudem habe man es auf der Gegenseite oft mit gerichtserfahrenen Kollegen anderer Fachgebiete zu tun. Ein Grund, weshalb viele Bauanwälte die Prozesse scheuten und lieber auf Schlichtung und Mediation setzen. Für Koenen ist das keine Alternative. Es sei wichtig, „Bauprozesse vor Gericht auszutragen“. In vielen Fällen sei es „die einzige Möglichkeit, sich gegen schlichte, dumpfe Abwehr von Ansprüchen zu wehren“. Denn nur vom Gericht erhält der Geschädigte einen sogenannten Vollstreckungstitel, mit dem er seine Ansprüche durchsetzen kann.

Seine Mandanten kommen aus allen Schichten, die reiche Erbin, die ein denkmalgeschütztes Ensemble samt Pool und Steingarten aus- und umbaut und nun mit Architekten und Handwerkern über absurd hohe Rechnungen streitet. Der Investor, der ein Mehrfamilienhaus in einer Baulücke errichtet und dem die Stadt die schon erteilte Genehmigung wegen einer Klage wieder entzieht. Und immer wieder Baumängel, Risse, Feuchtigkeit, aber auch das ganz große Fiasko. So vertritt er den Betreiber einer Skihalle, der nach dem Kauf einer Halde feststellte, dass diese absackt. Bis heute laufen Klagen, wer für die Schäden aufkommen muss. Beim BER hat er eine Elektrofirma vertreten und tiefe Einblicke in das Bauchaos des Berliner Flughafenbaus gewonnen. Große Bauvorhaben geraten in Deutschland immer zum Stelldichein aller namhaften Baurechtler.

Das Fach verlange Zähigkeit – vom Anwalt wie vom Mandanten, sagt Koenen. Oft ziehen sich Fälle über viele Jahre, sein längster läuft seit 20 Jahren. Da kommt es schon mal vor, dass er Mandanten beknien muss, durchzuhalten. Dabei hilft ihm sein Grundoptimismus. Baugenehmigungen zu bekommen ist oft kompliziert, und bei Mängeln am Bau kann es lange hin und hergehen, Sachverständige werden bestellt, Gutachten geschrieben – und es wird durch alle Instanzen geklagt. Mitschuld an der verfahrenen Situation hätte auch die Justiz, in den Landgerichten (erste Instanz) trifft er öfter auf (junge) Richter, die von der Baumaterie wenig bis nichts verstehen und nie einen Fuß auf eine Baustelle gesetzt haben. Im Ergebnis diktiere dann mancher Sachverständige „als Hilfssheriff“ dem Richter die Entscheidung. „Das schadet dem Ansehen der Justiz“, findet Koenen. Hinzu kommt, dass die Entscheidungen häufig fehlerhaft geraten, sodass der Zug zur nächsten Instanz unausweichlich sei.

Besserung sei nicht in Sicht. Zwar habe die Justiz vor ein paar Jahren bei den Landgerichten Baukammern eingerichtet, aber die Richter dort seien nach wie vor Generalisten.

Ob Boom oder Krise – das Geschäft brummt

3188 Fachanwälte für Bau- und Architektenrecht zählt die Bundesrechtsanwaltskammer 2023, Tendenz steigend. Der Rechtsbereich gehört damit zu den größten. Die Geschäfte laufen – auch für Koenen. Wer ihn am Standort Hannover besucht, möchte sofort einziehen in die Jugendstilvilla mit Blick auf die Eilenriede, einen der ältesten Stadtwälder Europas. Das denkmalgeschützte Haus gehörte einst dem Grafen vom Waldersee, diente zuletzt als Altenheim, bevor Andreas Koenen vor 20 Jahren seine Dependance in der zweiten Etage eröffnete. Sechs Anwälte arbeiten hier, von denen an diesem Freitag nur einer zu sehen ist. Die Büros, fast verschwenderisch groß, sind mit zurückhaltenden Designregalen voller Nachschlagwerke und angestaubter juristischer Fachliteratur bestückt. Fotografien und Kunstwerke signalisieren Geschmack, für Erfolg stehen gleich drei Besprechungsräume für Mandantengespräche. Den massiven Holztisch mit 20 Stühlen hat er selbst geplant, er taucht im Firmenlogo auf – als Symbol für den Teamgedanken, erzählt Koenen mit großer Selbstgewissheit.

Koenen ist kein typischer Anwalt mit schnurgerader Karriere. Das wird klar, wenn man seinen Werdegang hört. Ohne Scheu erzählt der hochgewachsene Mann, wie er auf verschlungenen Wegen zum Anwaltsberuf kam. Mit 15 wollte er Fotograf werden, dann irgendwas mit Kunst oder Architektur, als junger Mann fühlte er sich zum Priester berufen und fing an, Theologie zu studieren. Weil er aber misstrauisch gegenüber der Institution Kirche war, studierte er nebenbei Politik und Geschichte. Die Wissenschaftskarriere aber erschien ihm zu unsicher. Und da Juristen überall der „rote Teppich ausgerollt wurde“, verlegte er sich auf Jura.

5 Tipps des Juristen

Nur mit Genehmigung starten! Im Vorfeld prüfen, ob das Projekt genehmigungsfähig ist, nicht auf mündliche Zusagen verlassen. Dann gibt es kein böses Erwachen nach Baubeginn.

Verträge prüfen! Architekten verwenden immer wieder mal veraltete Vertragsmuster. Für Bauherren kann das zum Riesenproblem werden, da etwa die Vertragsstrafen sich geändert haben. Kleinere Bauvorhaben handhabt der ein oder andere Architekt auch mal ohne Vertrag. Wenn die Baukosten aus dem Ruder laufen, droht ein Fiasko.

Rechnungen kontrollieren! Viele Handwerkerrechnungen sind zu hoch. Zumindest Stichproben nehmen, nicht allein auf den Architekten vertrauen.

Wer Nachträge vermeiden will, sollte die Leistungen im Auftrag exakt definieren. So können Sie spätere Ansprüche besser abwehren.

Mängelhaftung! Je genauer der Leistungsumfang im Vertrag geregelt ist, umso größer sind später die Chancen auf Haftung und Nachbesserung.

„Gerechtigkeit, sich kümmern“ seien seine Triebfedern. Und: den Menschen das Vertrauen in die Justiz zurückgeben. Da treffen sich der Theologe und der Jurist, sagt er. Seine Arbeit sei für viele Mandanten existenziell. „Die bauen nur einmal im Leben. Für die allermeisten ist das die größte Investition ihres Lebens.“ Auf der anderen Seite aber treffen die Mandanten auf Menschen, die geübt sind im Abwiegeln und Ausweichen. Die wollen eine Mängelhaftung auf jeden Fall vermeiden. Mal heißt es dann, das sei „eine Wartungsfrage, kein Mangel“ oder „das ist üblich, das müssen Sie hinnehmen“ oder auch gerne „gibt sich wieder“. Es läuft immer darauf hinaus, dass sie nicht zahlen wollen. „Viele Bauherren, die etwa ein Bürogebäude oder eine Villa planen und bauen lassen, kommen damit nicht klar“, erlebt Koenen. „Ihnen ist völlig unverständlich, dass Ansprüche nicht erfüllt werden.“ Problematisch sei auch die Absahnmentalität: „Handwerkerrechnungen sind nicht selten im Grenzbereich des Betrugs“, so Koenen. Natürlich gebe es ganz seriöse Handwerker. Aber er habe den Blick des Pathologen, der feststelle, dass das Geschwür die Regel und nicht die Ausnahme sei. Viele Bauherren fühlten sich schutzlos gegenüber Handwerkern und Baufirmen, die wie selbstverständlich Nachträge (Nachforderungen) stellten.

Mit Sorge beobachtet Koenen, was sich gerade in der Bauwirtschaft abspielt. Bauinsolvenzen – Jahrzehnte hat er Fachanwälte darin ausgebildet. Stets war es blanke Theorie, nun ist das Thema seit einigen Monaten real zurück. „Die Baubranche ist vom Boom fast in den Stillstand gestürzt“, sagt der Anwalt, der mit einer Insolvenzwelle in den nächsten Monaten rechnet. Handwerksbetriebe, die die Preise nicht überwälzen können oder denen die Aufträge plötzlich fehlen, Bauträger, die auf ihren Eigentumswohnungen sitzen bleiben. Auch Koenen hat nun auf dem Schreibtisch einen ersten großen Fall eines insolventen Bauträgers, wo es nun um Fristen, Haftung und Abwicklung geht.

Allerdings gibt es beim Bauen auch positive Entwicklungen. „Es wird wieder leichter, in kritischen Gebieten zu bauen. Baugenehmigungen werden schneller und einfacher erteilt“, stellt Koenen bereits fest. Auch die Kräfteverhältnisse zwischen Bauherren und Handwerkern drehten sich. Es gibt wieder Handwerker, die Aufträge suchten und ihre Kosten herunterschraubten.

Das Happy End im Boxhotel-Fall steht derweil noch aus. Der Verwaltungsrichter hat die Stadt Hannover zwar aufgefordert, die Genehmigung zu erteilen. „Wer sich in solch eine Höhle begibt, tut das freiwillig“, so der Richter, der selbst keinen Hehl daraus machte, nicht ohne Fenster schlafen zu wollen. Allerdings machte die Stadt Hannover zur Auflage, die Übernachtungen pro Gast auf drei Nächte zu beschränken. Für Unternehmer Blume ein Albtraum. Damit könne er die Boxen nicht wochenweise an Monteure oder Messebauer vermieten. Koenen kämpft weiter, im Oktober ist er vors Verfassungsgericht gezogen. Der Fall soll grundsätzlich geklärt werden.

So läuft die Abstimmung

Wer einen guten Anwalt sucht, erwartet Kompetenz, Reputation und Sympathie. Mit unserer Studie, die das Marktforschungsinstitut Statista gemeinsam mit Capital und dem „Stern“ erhebt, wollen wir Ihnen helfen, den passenden Rechtsexperten zu finden. Mittels einer breit angelegten Befragung wurden nun zum vierten Mal die besten Kanzleien für Privatmandanten ermittelt. Sieben Rechtsgebiete in Capital, weitere fünf im „Stern“.

Die Methode

Unsere Experten sind die Rechtsanwälte selbst. Sie können die Qualität ihrer Kollegen am besten einschätzen und wissen, auf wen Verlass ist und wer vor Gericht das meiste herausholt. Für die Studie in diesem Jahr wurden 29.989 Rechtsanwälte eingeladen, an einer Onlineumfrage teilzunehmen, die vom 4. Oktober bis zum 25. November 2022 lief.

Die Entscheidung

Pro Fachbereich konnten die Rechtsanwälte bis zu zehn Empfehlungen für Kanzleien abgeben. Eigennennungen waren tabu. Insgesamt 4010 Teilnehmer gaben ihr Votum ab. Auf die Bestenliste schafften es nur Kanzleien, die überdurchschnittlich häufig von ihren Kollegen empfohlen wurden. Kanzleien mit nur wenigen Empfehlungen wurden dagegen nicht aufgenommen – was natürlich keine Aussage über Kanzleien darstellen soll, die nicht in der Liste vertreten sind. Daraus resultieren die unterschiedlich langen Bestenlisten je nach Rechtsgebiet. Unterteilt wurden die Listen in regional und überregional vertretene Kanzleien.

Über Statista

Statista veröffentlicht regelmäßig weltweit etablierte Rankings und Unternehmens-Toplisten mit hochkarätigen Medienpartnern. Das führende Daten- und Business-Intelligence-Portal bietet Statistiken, geschäftsrelevante Daten und zahlreiche Markt- und Verbraucherstudien.

Das Gütesiegel

146 Kanzleien erhalten von Capital eine Topbewertung und können ein Siegel lizenzieren. Die Aufnahme in die Liste ist unabhängig vom Erwerb des Siegels. Genauere Informationen zu den Bedingungen finden Sie unter capital.de/siegel.

Erschienen in Capital 6/2023

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