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Western von gestern Schieder-Pleite: der Sturz des Möbelkönigs

"Möbelkönig" Rolf Demuth (l.) im Jahr 2011 vor Gericht
"Möbelkönig" Rolf Demuth (l.) im Jahr 2011 vor Gericht
© dpa
Als „Henry Ford der Möbelbranche“ wurde Rolf Demuth bezeichnet. Doch die Geschichte des einstmals größten Möbelherstellers Europas Schieder Möbel endete in der Pleite. Demuth musste ins Gefängnis

Am Ende, als alles in Trümmern liegt, sagt Rolf Demuth diesen einen Satz, der sein Lebenswerk zusammenfasst. Ein Satz, der wahr ist und zugleich falsch: „Ich war der Möbelmann.“

Der 71-Jährige steht an diesem Tag Ende 2010 vor Gericht, in einem der größten Wirtschaftsprozesse der Zeit. Er ist angeklagt wegen Betrugs, Kreditbetrugs und Bilanzmanipulation. „Ich war der Möbelmann“, sagt Demuth und meint damit: Ich hatte mit den Zahlen nichts zu tun. Andere sollen schuld sein am Untergang seines Unternehmens – die Banken und Investoren, die ihm das Geld nachwarfen, als es in der Firma längst schon nicht mehr rundlief.

1964 hatte Demuth als junger Mann mit seinem Schwiegervater im ostwestfälischen Örtchen Schieder-Schwalenberg den Betrieb gegründet. Bald wurde daraus der größte Möbelhersteller Europas.

2007 ist Schiede pleite

Den „Möbelkönig“ nannten sie den Unternehmer bewundernd oder „den Henry Ford der Möbelbranche“. Denn Demuth war der Erste, der Regale, Tische und Betten am Fließband fertigen ließ. Als einer der Ersten entdeckte er Osteuropa als Standort – in der Delegation von Helmut Kohl bereiste er Polen. Schnell und günstig waren seine Markenzeichen, Ikea ließ bei ihm Billy-Regale bauen.

Doch die Zahlen blendeten, bald ging es bergab. 2007 kamen Sanierer zu Schieder, die auf Ungereimtheiten in der Bilanz stießen. Kurz darauf folgte die Insolvenz, der Patriarch wurde festgenommen. 2010 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Demuth und weitere Manager. Sie sollten mit falschen Zahlen, geschönten Bilanzen und überbewerteten Lagerbeständen die Notlage verschleiert haben. Der Schaden: 234 Mio. Euro. Der Prozess vermittelte jedoch den Eindruck, dass die Angeklagten zuvorderst das Unternehmen hatten retten wollen. „Hier sitzt keine Bande“, erklärte der Richter. Niemand habe sich persönlich bereichert. Und die Banken hätten unter haarsträubenden Bedingungen Kredite vergeben. Zu dreieinhalb Jahren Haft wurde Demuth dennoch verurteilt. 2013 durfte der heute 75-Jährige das Gefängnis verlassen, nach zwei Dritteln seiner Strafe.

Schieder Möbel, sein Lebenswerk, war da längst insolvent und zerschlagen. Die Schieder Europa Holding und mehrere Töchter hatte Investor Nicolas Berggruen gekauft. 2014 musste sich Demuth noch einmal vor Gericht verantworten. Doch diesmal ging es gut für ihn aus: Vom Vorwurf der Strafvereitelung sprach ihn das Gericht frei.

Hauptperson

Rolf Demuth gründete 1964 das Möbelunternehmen Schieder und führte in dem Betrieb als Erster der Branche die Massenproduktion ein. Die Firma expandierte unter Demuths Führung stark und hatte 2007 mehr als 41 Standorte mit rund 11.000 Mitarbeitern. Der Umsatz lag bei 1 Mrd. Euro. 2007 musste die Schieder Holding Insolvenz anmelden, Bilanzmanipulationen wurden bekannt. Mehrere Manager, darunter auch Demuth selbst, wurden festgenommen und zu Haftstrafen verurteilt.

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