Nach dem ersten Schock kam der Geldregen. „Weder die Corona-Pandemie noch der Brexit haben die Start-up-Finanzierung in Europa im Jahr 2020 ausgebremst – im Gegenteil: Die Zahl und der Wert der Finanzierungsrunden erreichten im vergangenen Jahr Rekordwerte“, meldete die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY in ihrem Start-up-Barometer im April 2021. Demnach stieg die Zahl der Finanzierungsrunden im Vergleich zum Vorjahr um 58 Prozent auf 6693. Das war umso bemerkenswerter, als der Wert seit 2017 stets um die Marke von 4000 Finanzierungsrunden geschwankt hatte.
Mehr Geld für Start-ups in Europa
Das Finanzierungsvolumen konnte bei dem rasanten Wachstum nicht ganz mithalten, aber fiel 2020 trotzdem deutlich höher aus. EY meldete eine Gesamtsumme von rund 36,5 Mrd. Euro, 17 Prozent mehr als 2019. „Im zweiten Halbjahr zog das Finanzierungsvolumen noch einmal deutlich an und erreichte mit 21,2 Mrd. Euro den höchsten Wert für ein Halbjahr überhaupt“, hieß es bei der Vorstellung des Start-up-Barometers für Europa. Als Start-ups wurde Unternehmen gewertet, die nicht älter als zehn Jahre sind.
Unter den Metropolen zeigten trotzdem einige der Top-Standorte zumindest an einigen Stellen Schwächen, so auch Deutschland. Der Spitzenreiter hingegen baute während der Pandemie seine Dominanz aus und spielt mittlerweile in Europa in einer eigenen Liga. „Die dortigen Investoren sind stark professionalisiert. Jetzt in der Corona-Krise haben viele von ihnen in innovativen, digital aufgestellten, Start-ups eine gute Anlagemöglichkeit gesehen und investierten insbesondere in den Branchen Fintech, E-Commerce und grüne Energie“, erklärte EY die Sonderstellung der Nummer eins.
Im Start-up Barometer wurden 15 Städte in Europas untersucht. Wir stellen die Spitzenreiter vor.
Das sind die wichtigsten europäischen Städte für Start-ups
Das sind die wichtigsten Städte für Europas Start-ups

Immer mehr Start-ups wählen Amsterdam als Unternehmenssitz. Die niederländische Metropole gehörte zu den Gewinnern des Städterankings von EY. Die Analysten zählten 2020 mehr als doppelt so viele Finanzierungsrunden wie im Vorjahr. Ihre Zahl stieg den Angaben zufolge von 58 auf 127. Tallinn konnte auf niedrigem Niveau noch stärker wachsen (21 auf 84 Runden).

Deutschland war mit zwei Städten in den Top 7 vertreten. München hat laut EY in der Pandemie an Attraktivität gewonnen. Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg demnach um fast 50 Prozent von 91 auf 130. Beim Investitionsvolumen landete München ebenfalls auf dem sechsten Rang. Allerdings wurde hier ein Rückgang von 1,4 auf 1,0 Mrd. Euro verzeichnet.

Stockholm hat als Start-up-Hochburg 2020 etwas an Strahlkraft eingebüßt. Die Zahl der Finanzierungsrunden sank laut EY von 163 auf 154. Stockholm musste damit den vierten Platz des Rankings räumen. Das Investitionsvolumen blieb nahezu unverändert bei rund 1,5 Mrd. Euro.

Start-ups in Zürich kamen 2019 laut dem Bericht auf 114 Finanzierungsrunden. Der Sprung auf 168 Finanzierungsrunden ließ Zürich an Stockholm vorbeiziehen. Beim Investitionsvolumen allerdings rangierte die Schweizer Metropole in Europa weiterhin unter ferner liefen. EY bezifferte die Bilanz auf nur 403 Mio. Euro (2019: 368 Mio. Euro). Das bedeutete in dieser Rangliste nur Platz 14 hinter Oxford und Dublin.

Der Start-up-Standort Berlin konnte in der Krise wachsen. Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg laut EY von 261 auf 313. Das bedeutete unter den analysierten Metropolen Platz drei. Allerdings sammelten Gründer in Berlin den Angaben zufolge trotz mehr Finanzierungsrunden weniger Geld ein: 3,1 statt 3,5 Mrd. Euro. Die deutsche Hauptstadt fiel damit beim Investitionsvolumen vom zweiten auf ebenfalls den dritten Rang. Trotzdem bleibt Berlin der Standort Nummer eins für Gründer in Deutschland. „Nach wie vor ist es für ein Berliner Start-up leichter, an frisches Geld und qualifizierte Mitarbeiter zu kommen und den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern als für Jungunternehmen in abgelegeneren Gegenden“, urteilte EY. „Von den fünf größten Start-up-Investitionen 2020 in Deutschland gingen vier an Unternehmen in Berlin.“

Paris gehörte unter den größten Start-up-Standorten Europas zu den Verlierern, konnte aber den zweiten Platz im EY-Ranking halten. Die Analysten registrierten nur noch 351 Finanzierungsrunden. 2019 waren es 433 gewesen. Beim Investitionsvolumen kam die französische Hauptstadt ebenfalls auf Rang zwei und überrundete damit Berlin. Hier stieg die Bilanz laut dem Bericht von 3,5 auf 3,9 Mrd. Euro.

Londoner Start-ups spielen in Europa in ihrer eigenen Liga. Die hat sich während der Pandemie und ungeachtet des Brexits noch weiter vom Kontinent abgesetzt. EY zählte 2020 in der britischen Hauptstadt 1370 Finanzierungsrunden. 2019 waren es nur 598 gewesen. Das Investitionsvolumen stieg weniger rasant von 9,1 auf 10,5 Mrd. Euro. Laut den Experten hat sich der Vorsprung von London als Gründer-Standort in der Pandemie in Form einer krisensicheren Infrastruktur bezahlt gemacht. „Großbritannien steht schon seit Jahren an der Spitze der europäischen Start-up-Finanzierung“, hieß es. „Sicherlich trägt auch die englische Sprache dazu bei. Aber in Großbritannien hat sich zudem ein Ökosystem aus Start-ups, Inkubatoren und Geldgebern gebildet, das konsequent auf Internationalisierung setzt. London als internationale Finanzmetropole ist hierfür ein gutes Sprungbrett.“