Im Mai war es mal wieder so weit: Der Kurs der T-Aktie streifte kurz den Wert von 14,57 Euro, bevor er wieder nach unten sackte. Nur ganz alte Aktionäre des Konzerns erinnern sich: 14,57 Euro (oder damals 28,50 D-Mark) – das war der Ausgabepreis der „Volksaktie“ 1996. Einige Pensionäre, die gleich zum Start dabei waren, geben ihre Hoffnung auf einen nachhaltigen Kursgewinn wohl bis heute nicht auf. Wer allerdings bei der Privatisierung der Telekom die zweite Tranche für den Stückpreis von 39,50 Euro oder gar die dritte Tranche für den Stückpreis von 66,50 Euro ins Depot legte, dürfte sein Geld wohl nie wiedersehen.
Auf dem Heimatmarkt der Deutschen Telekom tut sich jedenfalls nichts, was einen Hoffnungsschub für die T-Aktie auslösen könnte. Zwar geht gerade der Wettbewerb um die Mobilfunkkunden in die nächste große Runde. Es geht um neue Milliardeninvestitionen in Lizenzen und technische Ausrüstungen für das schnelle Internet – Stichwort 5G. Doch dabei schlägt erneut das Paradoxon zu, das seit vielen Jahren für Ungemach in der Bonner Konzernzentrale sorgt: Wer bei 5G nicht schnell mitzieht, der verliert. Wer schnell mitzieht, gewinnt aber nichts. Die großen drei – Telekom, Vodafone und Telefónica – verhalten sich bei jedem Technologiesprung mehr oder weniger gleich. Deshalb bleiben ihre Marktanteile anschließend ungefähr dort, wo sie vorher schon waren. Die einzige Möglichkeit der Telekom, hierzulande wieder nachhaltig Marktanteile zu gewinnen, wäre der Verzicht auf die bisherige staatliche Regulierung. Dazu kommt es jedoch nicht.
Telekom klagt über Trittbrettfahrer
In diesen Wochen zieht Telekom-Chef Timotheus Höttges deshalb wieder durch die Lande, um sein Leid zu klagen: Es gebe mittlerweile nicht zu wenig, sondern zu viel Wettbewerb in Deutschland. Exakt das gleiche Argument hörte ich vor fast 20 Jahren schon von seinem Vorvorvorgänger Ron Sommer. Was gut für die Telekom sei, sei auch gut für Deutschland – so lautete seine schöne Formel. Man hört das nun in abgewandelter Form wieder: Der Staat solle doch bitte die „Trittbrettfahrer“ ausschalten, die ihre eigenen Angebote durch die Netze der Telekom jagen – dann werde die Telekom noch mehr investieren. Am Ende profitiere davon der Standort Deutschland.
Kurzfristig wäre das wahrscheinlich sogar richtig; langfristig allerdings verheerend. Nur durch den Wettbewerb ist es in den vergangenen Jahren in Deutschland gelungen, die Preise für Telekommunikation relativ niedrig zu halten. Das entstandene Triopol sorgt nicht gerade für den allerschnellsten Fortschritt – aber immerhin für ein gar nicht so schlechtes und vor allem stabiles Netz in Deutschland. Das Telekom-Paradoxon – wer nicht mitzieht, verliert; wer mitzieht, gewinnt nichts – mag schlecht für die Aktionäre sein. Aber für die Kunden hätte es schlimmer kommen können. Natürlich beklagt sich jeder, der mal wieder in ein Funkloch fährt. Natürlich wäre schnelleres Breitbandnetz für kleine Unternehmen auf dem Land vorteilhaft für die deutsche Wirtschaft. Aber bei Licht besehen gibt es keine guten Argumente, das sogenannte Marktdesign der Regulierer zu verändern. Sie sollten nicht auf die Klageweiber der Telekom hören.