Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) hat in der letzten Woche mit einem China-Papier Aufsehen in der ganzen deutschen Wirtschaft erregt. Die Interessenvertreter von 3600 meist mittelständischen Unternehmen kritisieren die unfairen Wettbewerbsbedingungen in der Volksrepublik in einem Ton, wie man ihn in der deutschen Industrie bisher kaum hören konnte. Und sie erteilen damit auch indirekt allen Vorstellungen eine Absage, man könne sich mit China gegen die USA verbünden. Die chinesische Regierung bemüht sich seit Wochen, den Deutschen eine gemeinsame Haltung gegen Donald Trumps irrwitzige Zollpolitik schmackhaft zu machen. Einige große Konzerne, vor allem in der Autoindustrie, sind durchaus anfällig für die Sirenenklänge aus Beijing. Nicht aber die Masse der Mittelständler.
Die deutschen Unternehmen manövrieren in einem gefährlichen Bermuda-Dreieck, das sie zu verschlingen droht. Die USA setzen kurzfristig und chaotisch Regeln, die unsere Exporte und Direktinvestitionen bedrohen. China unterminiert langfristig und geschickt ganze deutsche Branchen. Und die EU pocht auf Bestimmungen, die zum Konflikt sowohl mit den USA als auch mit China führen. Und bei jedem neuen „Deal“ der Amerikaner und der Chinesen müssen die Deutschen aufpassen, dass sie nicht unter die Räder kommen. Bestes Beispiel: das Ringen um Seltene Erden.
USA und China verfolgen hegemoniale Pläne
Auf lange Sicht hilft nur, den Binnenmarkt in Europa zu stärken und ihn möglichst ohne Zollschranken mit Großbritannien, Kanada, Japan und anderen Ländern zu verbinden, die ebenfalls unter den hegemonialen Plänen der USA und China leiden. Doch das braucht Jahre. Kurzfristig bleibt den deutschen Unternehmen nichts anderes, als sich klug zwischen den vielen Herausforderungen hindurch zu bewegen. Nicht allen wird das aber gelingen.
Gefordert sind heute von den deutschen Unternehmen mindestens fünf Dinge: Erstens noch mehr Realismus statt sich die Verhältnisse schönzureden – vor allem in China. Zweitens noch mehr Resilienz – solide Bilanzen, straffe Organisationen, Finanzierungen mit einem deutlich erhöhten Risikopolster. Drittens noch mehr Flexibilität – schnelle Entscheidungswege und die Bereitschaft, alte Pfade in Frage zu stellen. Viertens noch mehr kleinere Märkte ins Visier zu nehmen – um sich nicht von den beiden größten Märkten der Welt zu abhängig zu machen. Fünftens eine engere Beobachtung der Politik weltweit – um sich auf jede neue Wendung schnell einstellen zu können und auf sie zu reagieren.
Viele deutsche Verbände werden den Anforderungen der neuen Zeit noch nicht gerecht. Sie brauchen zu lange, um ihre Mitglieder „auf Linie“ zu bringen. Und sie brauchen vor allem zu lange, um neue Informationen zu verarbeiten und ihren Unternehmen konkrete Handlungshilfen zu liefern. So sehr man das neue China-Papier des VDMA loben muss: Es kann nur der Anfang sein. Es genügt nicht, die Lage klarer zu analysieren, man muss auch härter und schneller handeln.