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Landwirtschaft Bauernproteste: Mit Traktoren gegen das Ende der Subventionen

Landwirte blockieren mit einem Traktor die Auffahrt zur Autobahn
Landwirte blockieren mit einem Traktor die Auffahrt zur Autobahn A12 in Richtung Berlin
© Patrick Pleul / Picture Alliance
Bauern protestieren seit dem Morgen gegen die Sparpläne der Ampel im Agrarsektor. Wirtschaftsexperte Fuest sieht Landwirte überproportional belastet

Die ersten Traktoren rollen: Seit dem Morgen protestieren Bauern in mehreren Teilen Deutschlands gegen die Streichung von Subventionen für die Branche. Dabei geht es vor allem um die Steuervergünstigung von Agrardiesel. 

In Mecklenburg-Vorpommern etwa blockierten Landwirte landesweit mit Hunderten Traktoren Auffahrten von Autobahnen. Unterstützt wurden sie von Speditionsunternehmen, die gegen die Erhöhung der Lkw-Maut protestierten. Inzwischen hat die Bundesregierung die Sparpläne im Agrarsektor zwar teilweise zurückgenommen, doch das reicht vielen Bäuerinnen und Bauern nicht aus.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, warb deshalb um Nachsicht für mögliche Beeinträchtigungen. „Wir wollen unseren Protest friedlich und mit demokratischen Mitteln durchführen“, sagte Rukwied dem Stern. Über 100 Aktionen hätten die Landes- und Kreisverbände in allen Bundesländern angemeldet. „Wenn wir mit Traktoren unterwegs sind, wird es aber zwangsläufig zu Verkehrsbehinderungen kommen", so Rukwied. „Wir bitten die Bevölkerung um Verständnis. Den großen Rückhalt und die Solidarität, den wir aus weiten Teilen der Gesellschaft erhalten, wollen wir nicht verlieren.“

Die ganze Woche über sind Protestaktionen geplant. Die Aktionswoche soll am 15. Januar in einer Großdemonstration in Berlin gipfeln, zu der laut Polizei 10.000 Teilnehmer mit vielen Traktoren angemeldet sind. Die Branche wehrt sich damit gegen die zusätzlichen Belastungen, die künftig auf sie zukommen sollen. Die Bundesregierung wollte den Landwirten Vergünstigungen beim Agrardiesel und der Kraftfahrzeugsteuer streichen, um Löcher im Haushalt zu stopfen. Vergangenen Donnerstag kündigte sie an, die geplanten Kürzungen der Subventionen teilweise wieder zurückzunehmen. Die Kfz-Steuerbefreiung soll bleiben. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel werde gestreckt und in mehreren Schritten vollzogen. Besänftigen ließen sich die Landwirte damit nicht. 

Ifo-Präsident Fuest: Bauern „weit überproportional belastet“

Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht die Landwirte durch die von der Ampel-Koalition geplanten Einschnitte bei Subventionen „weit überproportional“ belastet. „Ich habe mich schon etwas gewundert, dass man einen so großen Anteil des Gesamtsparpakets einer so kleinen Gruppe zunächst mal zumutet. Das ist schon sehr überraschend“, sagte der Wirtschaftsforscher am Sonntag bei der Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Seeon.

Man müsse fragen, wie dies zu rechtfertigen sei, sagte Fuest. „Und man muss sicherlich auch fragen: Kann man so etwas und sollte man so etwas machen von einem Tag auf den anderen? Oder muss man nicht einer solchen Branche zumindest Zeit einräumen, beispielsweise andere Kraftstoffe als Diesel zu entwickeln. Das ist eine Aufgabe für ein Jahrzehnt und nicht eine Sache, die man von heute auf morgen erledigen kann.“

Angesprochen auf Analysen, dass die Landwirte in den vergangenen Jahren zum Beispiel aufgrund der gestiegenen Lebensmittelpreise sehr gute wirtschaftliche Ergebnisse erzielt hätten, sagte Fuest: „Nur weil eine Branche vielleicht nach schwierigen Jahren jetzt mal in einer guten Phase ist, heißt das noch nicht, dass es gerechtfertigt ist, einen so großen Anteil der Lasten auf eine solche Gruppe zu verlagern.“

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte, die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte werde durch die geplanten Kürzungen stark eingeschränkt. „Die landwirtschaftliche Produktion wird massiv gefährdet durch diese finanziellen Einschnitte.“ Das werde Auswirkungen auf die Versorgungslage mit Lebensmitteln haben.

Umstritten ist unterdessen das Ausmaß der Proteste sowie einige ihrer Unterstützer. Unter ihnen sollen auch Vertreter aus der rechten und rechtsextremen Szene sein. Am Donnerstag war eine Protestaktion in Schleswig-Holstein eskaliert: Dort blockierten Demonstranten an der Nordseeküste eine Fähre und hinderten Wirtschaftsminister Robert Habeck am Aussteigen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Auch viele Politiker fordern nach dem Vorfall, dass sich Demonstranten an Recht und Gesetz halten müssen.

Dass die geplanten Bauernproteste in Teilen von rechtsextremen Kräften initiiert seien, wies Bauernpräsident Rukwied gegenüber dem Stern zurück: „Unsere Demonstrationen sind angemeldet und wir machen von unserem Grundrecht Gebrauch, der Gesellschaft und der Politik zu vermitteln, dass Deutschland eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft braucht. Nur so kann die Versorgung mit hochwertigen, heimischen Lebensmitteln gesichert werden.“

Mit dpa

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