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Kolumne Ausblick 2020: Gute Chancen für eine Wende zum Besseren

Symbolbild: Containerumschlag im Hafen
Symbolbild: Containerumschlag im Hafen
© Unsplash
Trump, China, Brexit - diese drei Themen werden 2020 entscheidend für die Konjunktur sein. Und in allen drei Bereichen stehen die Vorzeichen auf Besserung, schreibt Capital-Kolumnist Holger Schmieding

Schlimmer kann es 2020 eigentlich gar nicht mehr kommen. Drei Jahre nach dem Wahlsieg von Donald Trump ist der wichtigste Wachstumsmotor der Welt, der internationale Handel, im Jahr 2019 ins Stocken geraten. Trumps unberechenbare Handelskriege sowie die zunehmenden Probleme Chinas haben das Wachstum des Welthandels und der Weltindustrie zum Erliegen gebracht. Dies hat gerade weltoffene Wirtschaften wie die deutsche hart getroffen. In Europa haben die Brexit-Wirren den konjunkturellen Dämpfer im Laufe des Jahres 2019 noch einmal verstärkt.

Auch in den USA hat sich die Konjunktur 2019 etwas abgeschwächt. Dabei zeigt sich auf beiden Seiten des Atlantiks ein ähnliches Muster. Da die Industrie angesichts der Unsicherheit über die Zukunft des Welthandels in eine Krise gerutscht ist, haben sich Unternehmen bei Investitionen zurückgehalten. Auf die geringere Nachfrage nach Ausfuhren haben sie in 2019 zudem mit einem Abbau von Lagerbeständen reagiert. Dagegen hat der private Verbrauch erneut deutlich zugelegt. Auch der Wohnungsbau und höhere Staatsausgaben stützen die Binnenkonjunktur auf beiden Seiten des Atlantiks.

Die Kluft zwischen weitgehend robuster Binnennachfrage und einer schwächelnden Außenwirtschaft in großen Teilen der Welt kann nicht von Dauer sein. Entweder flauen die außenwirtschaftlichen Schocks ab – oder die Schwäche der ausfuhrorientierten Industrie wird anhalten und zunehmend auf andere Teile der Wirtschaft übergreifen. Der Ausblick für 2020 hängt deshalb vor allem von den Antworten auf drei Fragen ab:

Erstens: Wird Trump sich im Wahljahr 2020 etwas mäßigen oder stattdessen den Welthandel weiter destabilisieren?

Zweitens: Kann China trotz großer Strukturprobleme seinen Wachstumspfad zumindest halbwegs stabilisieren?

Drittens: Wird Großbritannien nach Boris Johnsons klarem Wahlsieg so geordnet aus der EU aussteigen, dass sich der Schaden in Grenzen halten wird?

Zum Jahresende 2019 sprechen gute Gründe dafür, dass die Antworten auf alle drei Fragen positiv ausfallen werden. Die USA und China stehen kurz vor dem Abschluß eines umfangreichen Abkommens, Johnson strebt einen geordneten Brexit an und Chinas kündigt weitere Konjunkturimpulse an. Sollte sich dies 2020 so einstellen, dürften Welthandel und Weltindustrie im Winter die Talsohle erreichen und sich ab dem Frühjahr 2020 wieder langsam erholen können. Dies würde gerade für Deutschland einen erheblichen Unterschied ausmachen. Sofern neue politische und wirtschaftliche Schocks ausbleiben, könnte Deutschland sich von der Stagnation der letzten drei Quartale lösen und im kommenden Herbst wieder eine in etwa normale Wachstumsrate von knapp 1,5% gegenüber dem Vorjahr erreichen.

Gute Vorzeichen für das kommende Jahr

Trotz einer anhaltenden Schwäche des Welthandels gab es bereits in den letzten Monaten einige Anzeichen für eine Wende zum Besseren in 2020. Nachdem Trump im August noch einmal neue Strafzölle gegen China angekündigt und teilweise schon verhängt hat, ist es in den drei Monaten danach ruhig geblieben. Mangels neuer schlechter Nachrichten hat sich die Stimmung vieler Unternehmen in der Industrie seit Oktober etwas aufgehellt. Wir erwarten, dass diese Tendenz in 2020 anhält:

  • Auch wenn die USA und China für lange Zeit geostrategische Rivalen bleiben werden, so haben doch beide Seiten ein Interesse daran, ihren Handelskrieg nicht ausufern zu lassen. Das reine Ausbleiben schlechter Nachrichten dürfte ausreichen, um Unternehmen wieder etwas positiver in die Zukunft blicken und ihre Investitionen wieder etwas hochfahren zu lassen. Welthandel und Weltindustrie können sich dann langsam erholen. Schließlich sind die Schäden auf beiden Seiten spürbar. Das Handelsabkommen der „Stufe 1“, das beide Seiten gerade vereinbart haben, könnte den Streit erheblich entschärfen. Es stützt die Hoffnung, dass Präsident Donald Trump im Wahljahr 2020 lieber „Deals“ abschließen möchte, statt mit einer weiteren Eskalation seiner Handelskriege den US-Aufschwung zu gefährden und die Chancen seiner Wiederwahl zu vermindern.
  • Chinas Konjunktur bleibt zwar schwach. Aber mit einer Vielzahl geld- und kreditpolitischer Trippelschritte wird es Beijing voraussichtlich erneut gelingen, einen Absturz zu vermeiden. Das schwache Exportgeschäft dürfte sich im kommenden Jahr leicht erholen. Nach einem Einbruch im Jahr 2019 dürfte der konjunkturell wichtige Automarkt in China bald die Talsohle erreicht haben.
  • Großbritannien wird sehr wahrscheinlich den harten Brexit ohne Anschlussabkommen vermeiden. Nachdem Boris Johnson am 12. Dezember die Wahl klar gewonnen hat, scheidet das Land am 31. Januar aus der EU aus. Mit dem Vollzug des politischen Austritts sind allerdings noch keinerlei Wirtschaftsfragen geregelt. Die Zeit bis zum Ablauf der Übergangsfrist Ende 2020, in der Großbritannien im Binnenmarkt und der Zollunion der EU verbleibt, dürfte kaum ausreichen, um einen umfangreichen Handelsvertrag abzuschließen. Dank seiner klaren Mehrheit im Parlament wird Johnson aber weniger Rücksicht auf die anti-europäischen Hardliner in seiner Partei nehmen müssen als zuvor. Das dürfte es ihm erleichtern, entweder zumindest ein Rumpfabkommen über den für die EU besonders wichtigen Güterhandel zu vereinbaren oder die Übergangsfrist um ein Jahr zu verlängern.

Gute Nachrichten kommen auch von jenseits des Rheins. Trotz aller Proteste tragen Macrons Reformen in Frankreich erste Früchte. Die Zahl der Unternehmensneugründungen ist innerhalb von drei Jahren um knapp 50% gestiegen. Sofern Macron erwartungsgemäß auf Reformkurs bleibt, steuert Frankreich unabhängig von kurzfristigen Schwankungen der Konjunktur auf ein goldenes Jahrzehnt hohen Trendwachstums zu, so wie es Deutschland in den letzten zehn Jahren erlebt hat.

Auch für die Finanzmärkte kann 2020 ein insgesamt zufriedenstellendes Jahr werden mit etwas höheren Renditen für Anleihen, einem weiteren Anstieg wichtiger Aktienindizes, einer Rotation vieler Anleger hin zu mehr Risikofreude innerhalb der Aktienindizes und einem Kapitalstrom aus dem Dollar in andere Währungen wie dem Euro. Der Euro kann dann gegenüber dem Dollar und dem Schweizer Franken wieder etwas zulegen. Angesichts eines nur verhalten zunehmenden Inflationsdrucks wird eine Wende bei den Leitzinsen auf beiden Seiten des Atlantiks jedoch noch auf sich warten lassen.

Allerdings bleiben die Unsicherheiten groß. Trump ist unberechenbar, die wirtschaftlichen Fragen des Brexit sind noch nicht gelöst und in vielen Ländern drohen neue oder alte politische Risiken. Auch 2020 dürfte ein spannendes Jahr werden.

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