Als Marcus Bernhardt im November 2020 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hospitality und wurde, warnte ihn seine Frau noch, ob er sich das mitten in der Pandemie wirklich antun wolle. Aber der Job reizte ihn: ein solches Traditionshaus mit dem Flaggschiff Steigenberger, gerade von einem chinesischen Investor gekauft, acht Marken, große Expansionspläne. Und nun, da sogar Deutschland auf eine Art „Freedom Day Light“ zusteuert, sieht auch der Hotelier „Licht am Ende des Tunnels“. Und von der Expansion abbringen lassen will sich Bernhardt schon gar nicht, auch wenn die Ziele – von 120 auf 600 bis 700 Hotels – gestreckt werden müssen. Die „Zeitschiene“ läuft nun bis 2027 statt 2025.
Das Wachstum wird in Europa aber etwas verzögert kommen. „Ich habe ein bisschen Bedenken, dass sich Europa so schnell erholt“, sagte Bernhardt im Podcast „Die Stunde Null“. Die „Regenerationsphase“ könne bis 2024 dauern. Ziele für Zukäufe sieht er eher im Mittleren Osten und im Asia-Pazifikraum, dort würde man „die Fühler ausstrecken“. Die kleinen Hotelgruppen hierzulande hätten zudem staatliche Unterstützung bekommen, dass sie „finanziell derzeit keinen Schmerz verspüren, verkaufen zu müssen“. Zudem seien die Preisvorstellungen zu hoch.
Der Fokus für neue Hotels liegt vor allem im Bereich Mittelklasse und Economy, wo die Deutsche Hospitality unter anderem mit der jungen Marke Zleep unterwegs ist. „Wir sehen, dass es da großen Bedarf gibt“, sagt Bernhardt. „Die Marke ist sehr bekannt in Skandinavien. Wir eröffnen dieses Jahr das erste Haus in Madrid, und wir haben über zehn Häuser in der Pipeline, die wir in den nächsten 18 Monaten eröffnen.“ Auch die Marke Intercity wachse stark – daneben will die Gruppe im Lifestyle-Bereich mit der Marke „House of Beats“ punkten, wo man ein Hotel in der Hamburger Hafencity eröffnen will. Mit der ebenfalls gehobenen Lifestyle-Marke „Jaz in the City“ habe man Häuser in Stuttgart, Wien und Amsterdam und plane eines in Dubai.
„Wir gehen in ganz andere Sphären rein, was man Steigenberger als traditionelle Hotelgruppe so gar nicht zutrauen würde“, sagte Bernhardt zur Expansion, die die „Süddeutsche Zeitung“ als „eines der ehrgeizigsten Projekte in der deutschen Hotellerie“ bezeichnet hat. Ein „weiteres Baby“ sei ein Projekt mit Porsche Design, wo man unter der Dachmarke Steigenberger eine „neue Luxus-Lifestylemarke ins Leben rufen“ und in den kommenden zwei bis drei Jahren 15 bis 20 Häuser eröffnen will.
Die Lockdowns und Beschränkungen haben die Deutsche Hospitality – die 2019 von Ji Qi, Gründer der chinesischen Hotelgruppe Huazhu, für 700 Mio. Euro übernommen wurde – hart getroffen. Der Umsatz von 830 Mio. Euro hat sich durch Corona in etwa halbiert. Fühlte sich der Betreiber von Steigenberger, einst 1930 von Albert Steigenbeger gegründet, ausreichend unterstützt? „Nein“, sagte Bernhardt entschieden. Als größeres mittelständisches Unternehmen hätten die Hilfen Grenze gehabt. „Wir haben in den zwei Jahren schon dreistellige Millionenverluste schreiben müssen.“ Hätte man nicht einen Investor gehabt, „der an uns und die Firma glaubt und der bereit war, die Differenz zu tragen, wäre es für die Firma sicher schwierig geworden.“
Bernhardt zeigte aber Verständnis, dass der Staat nicht „ad infinitum die Branche unterstützen kann.“ Es fehle in Deutschland nur jemand, der sich verantwortlich fühle – wie etwa in Österreich ein Tourismusminister. „Das fehlt einem Land wie Deutschland, das viel Wert auf seinen Tourismus legt. Da sind wir schlecht vertreten, dass es kein Ministerium gibt, das sich verantwortlich zeichnet.“
Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“:
- Wie Marcus Bernhadt die Branche wieder für attraktiver für Fachkräfte machen will
- Was der Steigenberger-Chef von Motel One und den 25Hours hält
- Wie lange es noch Seife in Plastikfläschchen auf Hotelzimmern gibt.
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