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Kunstmarkt „Der NFT-Hype muss sich legen“

Walter Gehlen
Walter Gehlen leitet als Direktor seit 2017 die Art Düsseldorf. Zuvor war der Volkswirt viele Jahre Geschäftsführer der Art Fair Köln.
© Felix Hild
Virtuelle Vernissagen, Metaverse und NFTs: Der Kunstmarkt ist dynamisch wie nie. Trotzdem, so Messemacher Walter Gehlen, zählt die Substanz

Herr Gehlen, angesichts diverser Krisen, die uns aktuell bewegen: Wie resilient ist der Kunstmarkt?
WALTER GEHLEN: Die Pandemie hat klare Einbrüche bedeutet und viele Abläufe und Rituale durcheinandergewirbelt. Das führte zu großer Unsicherheit, aber auch zu beschleunigter Akzeptanz neuer Technologien. Zugleich ist das Vermögen der High-Net-Worth Individuals in den letzten zwei Jahren gewachsen, was sich positiv niederschlägt. Für langfristige Prognosen ist es aber noch zu früh.

Hilft ein Blick in die Historie?
In früheren Krisen war die Kunst ebenso betroffen wie andere Wirtschaftsbereiche. Auf Rezessionsphasen wie 1989 oder 2008 hat sie allerdings zeitverzögert reagiert, erst 1990 bzw. 2009. Folglich könnte ein verspäteter Abschwung drohen.

Auch Pixel wachsen nicht mehr in den virtuellen Himmel, aus dem Thema NFTs scheint die Luft raus.
Dieser neue Markt ist in der Tat sehr volatil. Wie beständig er ist, wird man erst beurteilen können, wenn sich der Hype gelegt hat. Wichtig ist es, sich ständig klarzumachen, dass NFTs nur die Zertifizierung eines Originals mittels Blockchain bedeuten. Mit dem Ziel, das Verhältnis zwischen Sammler und Künstler oder Galerist zu entmystifizieren. Ganz auflösen wird sich diese persönliche Verbindung meiner Meinung nach jedoch nicht.

Also eher ein Gimmick denn der große Paradigmenwechsel.
Wir sehen, dass sich für NFTs neue Zielgruppen finden, die vor dem Betreten einer Galerie bisher zurückschreckten. Ob diese Käufer die Spekulation treibt oder sie langfristig interessiert bleiben, ist völlig offen. Auch bekannte Namen wie Urs Fischer oder Damien Hirst experimentieren mit solch digitalen Formaten. Und die Auktion eines NFT des Künstlers Beeple bei Christie’s im Frühjahr 2021 – für 69 Mio. Dollar – haben weltweit 22 Millionen Menschen online verfolgt. Rund 58 Prozent der Bietenden waren Millennials oder jünger.

Haben Sie schon ein NFT gekauft?
Bisher bleibe ich traditionellen Medien wie der Malerei, Skulptur, Fotografie und Papierarbeiten treu. Um die Technologie zu verstehen, habe ich immerhin schon ein Foto „gemintet“, also in ein Kryptosammelobjekt umgewandelt.

Wie profitiert Ihre Branche vom nächsten Hype, dem Metaverse?
Wenn Kunst und Kultur dort stattfinden, begrüße ich das erst einmal. Steigende Nutzerzahlen vorausgesetzt, könnten Museen, Theater und Galerien im virtuellen Raum neue Zielgruppen ansprechen. Mit Ausnahme von digitalen Werken muss Kunst aber auch in unserer physischen Realität erlebt werden.

Erschienen in Capital 1/2023

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