Wer erwartet hat, dass die Corona-Krise den Boom der Luxusgüter beenden wird, sieht sich eines Besseren belehrt. Zwar war dieser Markt zu Beginn der Pandemie ebenfalls eingebrochen – auch, weil schlagartig die zahlungskräftigen Touristen gerade aus Asien ausgeblieben waren. Mittlerweile aber läuft das Geschäft wieder auf Hochtouren und das trotz geschlossener Boutiquen. Louis Vuitton etwa setzt in der Coronakrise auf eine mehrgleisige Strategie aus häufigen Preiserhöhungen und größerem Angebot.
Mancher Beobachter war erstaunt, als die Luxusmarke 2020 ausgerechnet im Lockdown die Preise erhöhte. Preissteigerungen mehrmals pro Jahr sind zwar typisch. Angesichts der angespannten Lage wurde jedoch die Strategie von LVMH-Chef Bernard Arnault infrage gestellt. Doch der reichste Franzose weiß , was er tut. Im Februar 2021 zog LVMH auf der Liste der wertvollsten Unternehmen Europas an Nestlé vorbei.
Luxus boomt
Höhere Preise bringen aber selbstverständlich wenig, wenn die Produkte nicht verfügbar sind. Louis Vuitton ist bekannt dafür, besonders begehrte Stücke künstlich zu verknappen. Das macht sie begehrt und sorgt dafür, dass auf dem lukrativen Gebrauchtmarkt für Luxusprodukte schon mal ein Vielfaches für Taschen und Accessoires gezahlt wird, selbst wenn die sehr viel günstiger beim Hersteller selbst gekauft werden könnten – wenn es sie denn gäbe. Kundinnen stellten in der Pandemie aber plötzlich fest, dass notorisch rare Produkte plötzlich verfügbar waren.
Chanel hat seit März 2020 ebenfalls die Preise angezogen. Das französische Traditionsunternehmen kann es sich dank seiner Strahlkraft leisten, trotz Lockdowns weiterhin auf einen Online-Shop zu verzichten. Auch so sind die Handtaschen der jüngsten Kollektionen derart beliebt, dass selbst Stammkundinnen von den Boutiquen gar nicht erst auf Wartelisten gesetzt wurden. Luxushäuser wie Dior oder Valentino haben zudem natürlich längst auf die Pandemie reagiert und bieten nun statt prächtigen Abendkleidern verstärkt Loungewear aus Kaschmir oder Outfits für das Homeoffice an. Manch ein Kunde investiert dann das nicht genutzte Reisebudget in den Wohlfühl-Luxus für daheim.
Wertvollste Luxusmarken
Die Analysten von Interbrand bewerten alljährlich den Markenwert von Unternehmen. Das Ranking „Best Global Brands“ basiert unter anderem auf dem Umsatz, den Marken erzielen. Die Experten untersuchen ferner, wie stark die Marke Kaufentscheidungen beeinflusst oder wie sehr sie Kunden an sich binden kann. Die aktuelle Bestenliste basiert auf Daten aus dem Zeitraum Juni bis September 2020. Sie wird von Apple, Amazon und Microsoft angeführt. Wie im Vorjahr sind neun Luxusmarken in den Top 100 vertreten. Wir stellen sie vor.
Die wertvollsten Luxusmarken 2020

Prada hat es auf Platz 99 gerade eben unter die 100 wertvollsten Marken von Interbrand geschafft. Die Analysten attestierten dem italienischen Modehaus im Vergleich zum Vorjahr einen Wertverlust in Höhe von sechs Prozent und schätzten die Marke auf 4,5 Mrd. US-Dollar. Angesichts der allgemeinen Krise konnte sich Prada aber sogar um einen Platz verbessern. Das Ranking wurde von Juni bis September 2020 erstellt. Die nächste Ausgabe dürfte besser ausfallen. In der Coronapandemie sind die pflegeleichten Nylon-Taschen von Miuccia Prada zum Verkaufsschlager geworden. Außerdem hat die Enkelin des Firmengründers den belgischen Stardesigner Raf Simons (vorher bei Dior und Calvin Klein) ins Boot geholt. Das Duo präsentierte im September 2020 seine erste mit Spannung erwartete gemeinsame Kollektion.

Die britische Traditionsmarke Burberry ist in erster Linie für Trenchcoats mit Karo-Futter bekannt, möchte bei den lukrativen Accessoires aber gern mitspielen und positioniert sich preislich im unteren Luxussegment. Burberry gehörte im Ranking von Interbrand mit einem Minus von acht Prozent allerdings zu den Verlierern. Der Markenwert wurde auf nur noch 4,8 Mrd. Dollar beziffert. Das bedeutete Platz 97 in der Gesamtliste, ein Platz schlechter als im Vorjahr.

LVMH-Chef Arnault gilt als Jäger und Sammler. 2020 fügte er Tiffany & Co. der Liste seiner Eroberungen hinzu. Der Marktwert des New Yorker Juweliers sank laut dem Interbrand-Ranking um sieben Prozent auf knapp 5 Mrd. Dollar. Trotzdem konnte Tiffany Rang 94 des Vorjahres halten.

Dior ist der Analyse zufolge nahezu unbeschadet durch die Anfangsphase der Coronapandemie gekommen. Der Marktwert sank laut „Best Global Brands“ 2020 um nur ein Prozent auf knapp 6 Mrd. Dollar. Dior, das ebenfalls zu Arnaults Luxusimperium gehört, fiel einen Rang auf Platz 83.

Keine der größten Luxusmarken hat laut Interbrand so sehr unter den Folgen der Coronakrise gelitten wie Cartier. Der Marktwert brach demnach um neun Prozent auf 7,5 Mrd. Dollar ein. Cartier rutschte fünf Plätze auf Rang 73 ab.

Gucci war einst Zankapfel zwischen LVMH und François Pinault. Heute ist das italienische Label das Aushängeschild von Pinaults Konzern Kering. Der fröhlich-laute Boho-Stil von Chefdesigner Alessandro Michele trifft das Lebensgefühl der Kundinnen auch in der Corona-Pandemie. Interbrand taxierte den Verlust beim Markenwert auf nur zwei Prozent. Gucci verbesserte sich mit 15,7 Mrd. Dollar in dem Ranking einen Platz auf Rang 32.

Hermès ist die exklusivste Marke dieser Rangliste. Wer eine der begehrten Handtaschen des Typs Kelly oder Birkin erwerben möchte, muss nicht nur einen fünfstelligen Betrag hinblättern. Interessenten – so wird es jedenfalls oft kolportiert – müssen zudem durch vorherige Käufe beweisen, dass sie des exklusiven Produkts „würdig“ sind. Allerdings gibt es auch Berichte von Kundinnen, die ohne jede Kaufhistorie bei Hermès eine Kelly oder Birkin angeboten bekommen haben. Das französische Traditionshaus war laut Interbrand die einzige Luxusmarke, die ohne Wertverlust durch die Anfänge der Corona-Krise gekommen ist. Der Wert lag mit knapp 18 Mrd. Dollar exakt auf dem Niveau des Vorjahres. Die Platzierung auf Rang 28 blieb ebenfalls unverändert.

Chanel konnte sich trotz eines Rückgangs von vier Prozent um einen Platz verbessern. Interbrand führte das Pariser Haute-Couture-Haus mit 21,2 Mrd. Dollar auf Platz 21 der wertvollsten Marken der Welt. Damit verlor Chanel im Wettstreit mit dem Spitzenreiter jedoch an Boden.

Louis Vuitton hat in der Anfangsphase der Coronapandemie den Status als wertvollste Luxusmarke ausgebaut. Der Markenwert verringerte sich laut Interbrand nur um zwei Prozent auf 31,7 Mrd. Dollar. LV lag damit rund 50 Prozent vor dem Zweitplatzierten Chanel. Arnaults Flaggschiff kam wie im Vorjahr auf Platz 17 der wertvollsten Marken – vor SAP (28,0 Mrd. Dollar), Instagram (26,1 Mrd. Dollar) und IBM (34,9 Mrd. Dollar).