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Rath checkt ein Suite statt Rohrpost: Das Hotel „Telegraphenamt“ Berlin

Vom alten Telegraphenamt aus, in dem das Hotel liegt, wurde Berlin früher mit Informationen versorgt – per Rohrpost und Telefon
Vom alten Telegraphenamt aus, in dem das Hotel liegt, wurde Berlin früher mit Informationen versorgt – per Rohrpost und Telefon
© Hotel Telegraphenamt
Eine der wichtigsten Schaltstellen der Hauptstadt ist jetzt ein Hotel: das Telegraphenamt. Unser Kolumnist hat es getestet
Carsten K. Rath hat zahlreiche Grandhotels geführt. Er ist Gründer des Hotel-Rankings „Die 101 besten Hotels“, das auch als Buch in Kooperation mit Capital erscheint. Hotels, über die er für Capital schreibt, bereist Rath auf eigene Rechnung.
Carsten K. Rath hat zahlreiche Grandhotels geführt. Er ist Gründer des Hotel-Rankings „Die 101 besten Hotels“, das auch als Buch in Kooperation mit Capital erscheint. Hotels, über die er für Capital schreibt, bereist Rath auf eigene Rechnung.

Ich liebe Hotels mit Geschichte. Dabei muss das Gebäude gar keine lange Historie als Nobelherberge haben. Es gibt herrliche Häuser, die waren ursprünglich mal Banken, Gefängnisse, Bahnhöfe, Kliniken und Bordelle. Oder eben: ein Telegraphenamt. Und während mich nicht immer überzeugt, wie die neuerliche Nutzung in die Tat umgesetzt wird, so haben die Macher mit diesem Hotel in Berlin Mitte ein Meisterstück geschaffen. Virtuos wurde der Charme technischer Errungenschaften der späten industriellen Revolution mit dem Komfort und Design eines modernen Luxushotels verbunden. Mit viel Gespür für das Vorleben des Hauses.

Der industrielle Charme des Gebäudes lebt optisch in alten Rohren, schwarzem Stahl und Holz weiter
Der industrielle Charme des Gebäudes lebt optisch in alten Rohren, schwarzem Stahl und Holz weiter
© Florian Groehn / Hotel Telegraphenamt

Nach einer langen Umbauzeit eröffnete das Telegraphenamt 2022 und galt bereits ab dem ersten Tag als einer der neuen Hotspots für junge Berlin-Besucher. Während der Fashion Week drängelten sich hier Models und Designer, zur Berlinale das Who’s Who der Filmbranche, zur Art Week kamen Künstler, Galeristen und Mäzene. Dazwischen bevölkerten stilbewusste Vertreter der Start-up-Szene das Hotel.

Mittlerweile ist es etwas stiller geworden, der Geschäftsführer, Gunnar Gust, hat Ruhe in das Alltagsgeschäft gebracht, was dem Haus guttut. Gust ist erfahren, hat Niveau und agiert so klug wie bedacht. Das Beste: Er hält viel auf seine Mitarbeiter und weiß sie zu inszenieren. Gleich zwei ehemalige Kollegen habe ich bei meinem Besuch wiedergetroffen, darunter Martin Menzel, mit dem ich 2009 die Kameha Gruppe eröffnet habe.

Durch dieses Haus lief das Wissen Berlins

Ich bin gleichermaßen beeindruckt vom Telegraphenamt und der Investition, die getätigt wurde. Sie dürfte bei mindestens einer halben Milliarde Euro liegen, was von einer großen Vision und größerem Mut zeugt, die hoffentlich beide belohnt werden. Immerhin ist das Luxushotel nach der quirligen Eröffnungsphase und einer kurzen Durststrecke wieder die erste Wahl für Gäste, die ihr Designinteresse in die Hauptstadt führt.

Seit Kurzem betreibt die renommierte Galerie König einen Ausstellungsraum im Hotel, als Teil des neuen „Forum an der Museumsinsel“
Seit Kurzem betreibt die renommierte Galerie König einen Ausstellungsraum im Hotel, als Teil des neuen „Forum an der Museumsinsel“
© Hotel Telegraphenamt

Errichtet wurde das imposante Gebäude im Jahr 1910, zwischen Oranienburgerstraße und Monbijoupark. Die Stadt Berlin hatte damals mit über 400 Kilometern das größte Rohrpostnetz in ganz Europa. Ob Nachrichten, Briefe, Telegramme oder Postkarten – alles, für dessen Transport Briefträger damals Tage gebraucht hätten, konnte in kürzester Zeit per Druckluft unter der Stadt hin- und hergejagt werden. Zudem wurden natürlich Telefonate verbunden. Ein Wunderwerk, das auf die Menschen gewirkt haben muss wie die Erfindung von SMS und E-Mail viele Jahrzehnte später. Ein Quantensprung für die Geschwindigkeit bei der Verbreitung von Informationen und Wissen.

Exklusive Einblicke in die Welt der Luxusreisen

Neben den regelmäßigen Kolumnen „Rath checkt ein“ veröffentlicht Capital gemeinsam mit dem Hotelexperten und Herausgeber der „101 Besten“, Carsten K. Rath, den Sammelband „Die 101 besten Hotels: Deutschland 2025“. Eine Bestellung des Buches ist per E-Mail an board@i-sle.ch möglich oder online unter www.die-101-besten.de/buchband.

Deutlicher langwieriger gestaltete sich dagegen die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes. Dauerte seine Errichtung einst nur sechs Jahre, so zog sich der Umbau zum Hotel über zehn Jahre hin. Ein Mammutprojekt, das sich in meinen Augen jedoch gelohnt hat.

Die „Graham Suite“ unter dem Dach bietet einen grandiosen Blick über den Monbijoupark bis zum Fernsehturm
Die „Graham Suite“ unter dem Dach bietet einen grandiosen Blick über den Monbijoupark bis zum Fernsehturm
© Florian Groehn / Hotel Telegraphenamt

Hotel-Design im „Industrial Chic“

Die größte Suite des Hauses ist die „Graham Suite“. Sie liegt unter dem Dach und verteilt ihre 140 Quadratmeter auf zwei Etagen. Oben liegen Bad und Schlafzimmer, unten wartet der großzügige Wohnbereich. Ein großes ovales Fenster gibt den Blick frei über die Dächer der Stadt bis zum Fernsehturm. Die Ausstattung passt zur Geschichte des Hauses, sie wird von schwarzem Stahl und Holz dominiert. Das Licht ist perfekt eingesetzt, die Leinenvorhänge sind schwer und dicht. Den Kleiderschrank kann man vom Ankleidezimmer und Bad öffnen, was für eine clevere Idee. Alles ist perfekt durchdacht, praktisch und geschmackvoll abgemischt.

Das Hotel-Gym unter der Leitung des Ex-Olympioniken Kofi Amoah Prah ist eines der größten in Europa
Das Hotel-Gym unter der Leitung des Ex-Olympioniken Kofi Amoah Prah ist eines der größten in Europa
© Florian Groehn / Hotel Telegraphenamt

Top-Athlet leitet Gym und Spa

Die Leitung von Fitnessbereich und Spa wird den Sportbegeisterten unter Ihnen vielleicht ein Begriff sein: Kofi Amoah Prah wurde 2000 mit stolzen 8,19 Metern Deutscher Meister im Weitsprung und im selben Jahr Fünfter bei den Olympischen Spielen in Sydney. Der Ex-Leichtathlet und Personal Trainer mit ghanaischen Wurzeln ist auch mit 50 noch ein Modellathlet, dazu charmant und leidenschaftlicher Dienstleister. Wie seine Vita, so ist auch sein „Reich“ beeindruckend, allein das Gym dürfte mit 1200 Quadratmetern zu den größten Hotel-Studios in Europa gehören. Sein Design ist außergewöhnlich, der Gerätepark hochwertig und die Trainingsmöglichkeiten sehr vielfältig. Prah jedoch bleibt für mich der USP, einen besseren Instructor und Spa-Chef habe ich selten getroffen. Wenn überhaupt.

Das Restaurant „ROOT“ liegt im Innenhof unter einem Glasdach und serviert internationale Küche und Sushi
Das Restaurant „ROOT“ liegt im Innenhof unter einem Glasdach und serviert internationale Küche und Sushi
© Florian Groehn / Hotel Telegraphenamt

Gibt es am Hotel Telegraphenamt meinerseits auch etwas zu kritisieren? Nein, eigentlich nicht. Nur mit dem Frühstück bin ich nicht vollends zufrieden. Es ist gut, aber gerade beim Buffet sehe ich noch viel Luft nach oben.

Tipps für Ihren Aufenthalt

Kunst: Buchen Sie im Hotel eine exklusive Tour durch die Galerie König, deren neue Dependance im Telegraphenamt und damit in direkter Nachbarschaft zur Museumsinsel liegt. Alle sechs Wochen gibt es eine neue Ausstellung zeitgenössischer Kunst zu sehen – in der Galerie und im Außenbereich. Im Preis von 49 Euro sind eine einstündige, persönliche Führung sowie ein Glas Champagner enthalten.

Raths Reise-Rating

1 Ganz großes Kino

2 Wenn’s nur immer so wäre

3 Meckern auf hohem Niveau

4 So lala, nicht oh, là, là

5 Besser als im Hostel

6 Ausdrückliche Reisewarnung
 

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