Früher war Andermatt vor allem für zwei Dinge bekannt: dichten Nebel und Kasernen. Viele Eidgenossen absolvierten hier im Ursental der Schweizer Alpen ihre Grundausbildung, und als sich das Militär in den späten 90er-Jahren langsam zurückzog, drohte das Dorf auszusterben. 2005 lebten hier noch knapp 1000 Menschen und in der Reisebranche kannte Andermatt kaum jemand.
Als einige Jahre später der ägyptisch-montenegrinischer Unternehmer Samih Sawiris von einem Lokalpolitiker zu einem Helikopterflug über der Region eingeladen wurde, kam an Bord die Frage auf: Was könnte in Andermatt entstehen? Aus dem Stegreif hatte Sawiris keine Vision, doch rund zwölf Monate später kehrte er mit einer konkreten Idee zurück: Aus dem so idyllischen wie verschlafenen Flecken wollte er einen Touristenmagneten formen. Luxuriös und nachhaltig.
Ein Bergdorf wird zum Luxusziel
„Hier entsteht Großes!“, lautete das Motto. Und genau das ist geglückt: mit dem „The Chedi“ als erstem Meilenstein, gefolgt vom „Radisson Blu Hotel Reussen“ und einem dritten Hotel, das derzeit unter dem Arbeitstitel „The Alpinist“ entsteht. Über 700 Wohnungen sind insgesamt geplant, rund 250 davon sind bereits fertiggestellt. Dank der Initiative von Samih Sawiris können auch Ausländer hier Immobilien erwerben – keine Selbstverständlichkeit in der Schweiz. Wer über das nötige Kleingeld verfügt, kann sich somit einen Zweitwohnsitz in Andermatt gönnen.
Sawiris großes Anliegen war und ist es, ein internationales Publikum anzusprechen: mit einem hervorragenden Skigebiet, einer fantastischen Infrastruktur, einem wunderbaren Golfplatz und einem der besten Hotels. Andermatt als „place to be“ für den Schweiz-Urlaub zu platzieren, diese Mission scheint (nicht nur) mir beim Test-Besuch gelungen.
Alpines Design mit über 200 Kaminen
Das „The Chedi“ öffnete seine Türen zwar bereits 2013, doch ich kann vor Ort keinerlei Spuren von Ermüdung erspähen. Das Fünf-Sterne-Hideaway wirkt, als wäre erst gestern das rote Band durchschnitten worden, und sein luxuriöser Qualitätsstandard ist unverkennbar. Als Mitglied der „Leading Hotels of the World“ und von „Swiss Deluxe Hotels“ zählt es zu den besten Häusern überhaupt.
Seit fast einem Jahr ist Jörg Arnold der General Manager in Andermatt, zuvor führte er die „The Living Circle“-Gruppe. Arnold verantwortet das „The Chedi“, das Radisson Blu Hotel Reussen, den Golfplatz sowie die gesamte Hospitality – und genießt das Vertrauen von Eigentümer Sawiris. Diese Führung aus einer Hand und mit einer klaren Vorstellung wirkt sich sehr vorteilhaft aus. Auch auf das Radisson Blu Hotel Reussen direkt gegenüber, das von Andreas Meier gemanagt wird und als Location für Tagungen erfolgreich ist.
Im „The Chedi“ wurden nur hochwertigste Materialien verbaut, von feinem Kiefernholz bis zum edlen Marmor. Das effektvolle Beleuchtungskonzept in der Lobby, den Gängen und Zimmern betont das alpine Design. Die hohen Decken verleihen den Räumen eine angenehme Weite, während die über 200 offenen Kamine im gesamten Haus für knisternde Gemütlichkeit sorgen. Was mir besonders positiv auffällt: die Mitarbeiter. Beim Check-in höre ich noch Deutsch, danach fast ausschließlich Englisch. Mir gefällt dieses internationale Flair – mitten im Ursental.
Japanische Köstlichkeiten – und ein Ski-Butler
Ich bin zwar für meinen gelegentlichen Überschwang bekannt, aber im „The Chedi“ sind eben auch oft Superlative angebracht. Ein gutes Beispiel ist das Gym, das ich für eine Cardio-Einheit aufsuche. Sein Angebot und die Profigeräte ähneln eher einer olympischen Trainingsstätte für Athleten, die sich auf die nächsten Winterspiele vorbereiten. Nach einer Runde auf dem Laufband ziehe ich ins großzügige Spa weiter, das an den Wellness-Bereich in einem Naturresort erinnert. Die verwendeten Öle und Massageprodukte sind erstklassig und die Mitarbeiter lockern meisterhaft jede Verspannung.
Andermatt hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten wirklich zu einer respektablen Destination für Luxusferien entwickelt. Ein weiteres Beispiel sind gleich zwei nebeneinander liegende Skihütten, die Michelin-Sterne tragen. Herausragende Kulinarik auf der Piste, davon bin ich ein großer Freund.
Im „The Chedi“ besuche ich das Restaurant „The Japanese“, das von den Zwillingen Fabio Toffolon und Dominik Sato geführt wird. Die zwei Küchenchefs zelebrieren die asiatische Küche meisterhaft und sind selbst zu einer Marke geworden. Zwei Michelin-Sterne bezeugen ihre herausragenden Kreationen, und das „Omakase Menü“ ist eine echte Offenbarung. Dazu ist die Karte mit 1200 Weinen aus aller Welt eine Benchmark für jede Spitzengastronomie.
Ehe ich mich am Morgen auf meine letzte Abfahrt vorbereite, gehe ich mich stärken. Das Frühstück ist vielfältig, doch für eine Avocado zehn Franken extra zu verlangen, das passt nicht ganz zu den „kleinen Großzügigkeiten“, die der Service eines Luxushotels beinhalten sollte, meine ich.
Was mich bei den ersten Sonnenstrahlen und frischen drei Grad Celsius schwer begeistert, sind Ideen wie der Ski-Butler, der sich um meine gesamte Ausrüstung kümmert. Die Schuhe sind vorgewärmt, die Ski frisch geputzt und die Bindungen perfekt eingestellt. Mir wird in die Schuhe geholfen – und abends geht alles wieder retour. Grandios. Keine Zweifel: Mit dem „The Chedi“ haben die Macher und ihre Teams ein wahres Urlaubswunder vollbracht.