Anleitung zum Helfen Verschenkter Wohnraum für Ukrainer

Unternehmer Philipp Depiereux
Unternehmer Philipp Depiereux
© privat
Ein Immobilienbesitzer stellt eine leerstehende 200 Quadratmeter große Wohnung im Luxusviertel München-Bogenhausen für die Unterkunft von Ukrainern zur Verfügung – kostenlos. Wie das geht, beschreibt Unternehmer Philipp Depiereux in seinem Online-Tagebuch

„Anleitung zum Helfen“ – ist eine Serie, in der Unternehmer Philipp Depiereux seine Erfahrungen festhält, die er bei seinen Hilfsaktionen für Geflüchtete sammelt. Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat der 44-Jährige zahlreiche Initiativen gestartet, um Menschen auf der Flucht zu helfen. Er berichtet darüber regelmäßig auf seinen Social-Media-Kanälen. Allein über das Online-Netzwerk LinkedIn erreicht er damit rund 40.000 Menschen, die ihm folgen. Auszüge dieser persönlichen Protokolle, mit denen Depiereux andere zum Nachmachen animieren möchte, geben wir hier wieder.

Ich versuche immer wieder, geflüchtete Familien in Wohnungen unterzubringen. Die Wohnungen werden für mehrere Monate mietfrei zur Verfügung gestellt. Für die Betreuung (Anmeldung, Deutschkurs, Schule, Kita, Arbeit, Einkaufen etc.) gibt es dann noch ein kleines Team, die sich um die Familien kümmern.

Vergangene Woche Freitag bekam ich den Anruf, dass ein Freund von mir, mir seine leerstehende 200 Quadratmeter große Wohnung in Bogenhausen geben würde. Er hatte sie vor drei Wochen gekauft, sie ist komplett leer und seit circa 60 Jahren wurde auch keine Sanierung mehr vorgenommen.

Er wollte sie jetzt umbauen lassen und vermieten, würde nun aber wegen des Kriegs in der Ukraine mit dem Umbau warten und mir die Wohnung einige Monate kostenfrei zur Verfügung stellen. Ich schaute mir die Wohnung dann am Samstag um elf Uhr gemeinsam mit meiner tatkräftigen Hilfsorganisations-Kollegin Eugenie Wirz  an und bekam die Wohnungsschlüssel. Wie ging es dann weiter?

Samstagmittag:

Aufstellung einer „Ich bringe mit“-Liste auf dem Onlineportal list2go.io. Es war ja außer einer alten Küche und einem Bad wirklich nichts in der Wohnung. Alles musste rangeschafft werden

Samstagnachmittag:

Die Liste teilten Eugenie und ich in unseren Freundes- und Bekanntenkreisen via WhatsApp-Gruppe und legten die Bringzeit an der Wohnung auf Montag 16 bis 18 Uhr fest.

Sonntag:

Die Wohnung wurde komplett sauber gemacht und gereinigt

Wohnung in München-Bogenhausen
Wohnung in München-Bogenhausen
© privat

Sonntagabend:

Ich brachte schon das erste Kinderhochbett mit einem Freund in die Wohnung

Montag:

Rund 15 Personen waren da, die dann wirklich nahezu alles gebracht haben: Betten, Küchenutensilien, Sessel, Esstisch, Kinderstühle, Stühle, Handtücher, Putzzeug, Kinderspielsachen. Im Kinderzimmer: blaues Schiffshochbett mit gelber Wand - die Farben passen. Es fehlten noch Kochtöpfe und ein Staubsauger; diese Sachen haben ich dann noch in der Metro gekauft.

Kinderzimmer mit blauem Hochbett vor gelber Wand
Kinderzimmer mit blauem Hochbett vor gelber Wand
© privat

Dienstag:

Um 16 Uhr zog dann die erste Familie ein nach einer langen Fahrt aus der Ukraine über Warschau nach München. Sie sind überglücklich! Am Tag des Einzugs kamen dann auch direkt superfreundlich die Nachbarn vorbeischauen. Sie baten sofort ihre Hilfe an. Der Nachbar von oben richtete ein „Gäste-Wifi“ ein und stellte dieses kostenfrei zur Verfügung.

Nun startet der Administrationsprozess…

Das war wieder einmal „Best-Team-Effort“: Ein wahnsinnig großzügiger Wohnungsbesitzer, das beste Organisationsteam rund um Eugenie, viele hilfsbereite Menschen, viel positive Energie und ganz große Herzen.

Philipp Depiereux, 44, kommt aus einer Unternehmerfamilie: sein Großvater hat den Sanitär- und Heizungstechnikkonzern Viega gegründet. Depiereux hat die Digital- und Innovationsberatung Etventure gegründet und elf Jahre lang bis zum Verkauf an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY geführt. Er ist Mitglied im Digitalbeirat des Gipsherstellers Knauff und bei einer Tochtergesellschaft des Kaffeerösters Tchibo. Unter dem Titel „Change Rider“ veranstaltet er Diskussionsrunden und Interviews, die als Video- und Podcastformat veröffentlicht werden.

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