Auch Russlands Oligarchen sind nicht immun. Das Vermögen der zehn reichsten Menschen des Landes hat sich laut „Forbes“ binnen eines Jahres um 27 Mrd. auf 152 Mrd. US-Dollar verringert. Damit sind sie in guter Gesellschaft. Weltweit war jeder zweite Milliardär der „Forbes“-Reichenliste zum Stichtag 18. März 2020 „ärmer“ als ein Jahr zuvor. Den russischen Superreichen haben laut dem US-Magazin der Ölkrieg mit Saudi-Arabien, der schwache Rubel und erste Auswirkungen der Corona-Krise zugesetzt. Hinzu kommt aktuell eine Naturkatastrophe jenseits des Polarkreises. Trotzdem gilt: Reichtum ist in Russland krisensicherer als in anderen Teilen der Welt.
Russische Milliardäre sind superreich
Es gibt zwar einen neuen reichsten Mann in Russland. Keiner der zehn Spitzenreiter aber musste laut der „Forbes“-Analyse seinen Platz in der Bestenliste räumen. Dass Wladimir Putins Reich anders tickt, zeigt sich schon an dem Vergleich mit den USA. Die Vereinigten Staaten zählen laut „Forbes“ aktuell 614 Milliardäre. Russland hat nur 99 Superreiche vorzuweisen. In den USA kommt ein Milliardär auf rund 500.000 Einwohner. In Russland ist es ein Milliardär je 1,5 Millionen Einwohner. Russische Tycoons sind also rarer gesät, dafür sind sie ungleich vermögender. Während auf jeden US-Superreichen im Durchschnitt knapp 5 Mrd. Dollar entfallen, sind es bei den Russen fast 40 Mrd. Dollar.
Die reichsten Männer der USA haben ihr Geld mit Innovationen und der Kaufkraft der Bevölkerung gemacht. In Russland sind Bodenschätze und gute Beziehungen zum Kreml der Weg an die Spitze. Und während die Liste der deutschen Superreichen von Erben dominiert wird, sind alle Tycoons der 1990 gegründeten Russischen Föderation Self-Made-Milliardäre.
Dies sind die zehn reichsten Männer Russlands:
Die reichsten Männer Russlands

Roman Abramowitsch ist mit einem Vermögen von 11,3 Mrd. Dollar laut „Forbes“ der zehntreichste Russe. Weltweit belegte der zum Stichtag 53-jährige Oligarch Platz 113 der reichsten Menschen. Er hat wie sieben weitere Mitglieder der Top 10 binnen eines Jahres mindestens 1 Mrd. Dollar verloren. Abramowitsch verdankt sein Vermögen den Anteilen am Stahlgiganten Evraz und Nornickel, dem Weltmarktführer bei der Förderung von Nickel und Palladium. Der Oligarch kriegt nicht immer seinen Willen, weiß sich aber zu behelfen. Als 2018 sein britisches Investorenvisum nicht verlängert wurde, beschaffte sich der Besitzer des FC Chelsea einfach die israelische Staatsbürgerschaft.

Andrei Melnitschenko war zum Stichtag der „Forbes“-Liste 48 Jahre alt. Das machte ihn zum jüngsten der zehn reichsten Milliardäre Russlands. Er ist Mehrheitseigner des Düngemittelherstellers EuroChem und des größten russischen Kohleförderers SUEK. Melnitschenko begann seine Karriere in den 90er-Jahren mit einer Kette von Wechselstuben. Aktuell ist er dem Ranking zufolge 12,5 Mrd. Dollar schwer und liegt weltweit auf Platz 95.

Michail Fridman wurde 1964 in der heutigen Ukraine geboren. Er besitzt wie Abramowitsch die israelische Staatsbürgerschaft und lebt die meiste Zeit in Großbritannien. Fridman ist der Gründer der Alfa Bank, der laut „Forbes“ größten nicht-staatlich kontrollierten Bank des Landes. 2013 verdiente er an dem Verkauf seiner Anteile am Ölkonzern TNK-BP 5,1 Mrd. Dollar. Fridman belegt im weltweiten Ranking mit 13 Mrd. Dollar Platz 86.

Nur zwei Tycoons dieser Top 10 konnten gegen den allgemeinen Abwärtstrend ihren Reichtum mehren. Einer von ihnen ist Alischer Usmanow. Sein Vermögen wuchs laut „Forbes“ binnen eines Jahres um rund 800 Mio. auf 13,4 Mrd. Dollar. Der 66-Jährige legte den Grundstein für seinen Reichtum zu Zeiten der Sowjetunion mit der Produktion von Plastiktüten, die damals in dem Land eine Rarität waren. Heute basiert Usmanows Vermögen auf den Anteilen am Stahlgiganten Metallinvest und diversen Beteiligungen, unter anderem an Facebook und Xiaomi.

Gennadi Timtschenko ist laut „Forbes“ einer der mächtigsten Männer Russlands und pflegt ein enges Verhältnis zu Präsident Putin. Er hat allerdings binnen eines Jahres fast ein Drittel seines Vermögens eingebüßt und ist mit 14,4 Milliarden Dollar vom dritten auf den sechsten Platz gerutscht. Der Grund war dem Bericht zufolge ein Kurssturz der Aktien seines Gaskonzerns Novatek um 50 Prozent.

Wagit Alekperow war in der UdSSR einer der mächtigsten Männer in der Öl- und Gasindustrie. Diese Karriere setzte der Bergbauingenieur in der Russischen Föderation fort. Er gründete den Mineralölkonzern Lukoil. Die Aktiengesellschaft, die sich zu fast einem Viertel im Besitz des Vorstandsvorsitzenden Alekperow befindet, ist laut „Forbes“ nach den Staatskonzernen Sberbank und Rosneft das größte Unternehmen Russlands. Der 69-Jährige belegt mit 15,2 Mrd. Dollar Platz 65 der reichsten Menschen der Welt.

„Forbes“ schätzt das Vermögen von Alexei Mordaschow auf 16,8 Mrd. Dollar. Das bedeutet weltweit Platz 54 und macht den 54-Jährigen zum viertreichsten Mann Russlands. Er ist Hauptanteilseigner und Vorstandsvorsitzender des Stahl- und Bergbaukonzerns Severstal und des Goldbergbauunternehmens Nordgold. 2007 erwarb Mordaschow drei Prozent an dem deutschen Touristikkonzern Tui. Heute sind fast 25 Prozent der Aktiengesellschaft im Besitz der Familie.

Leonid Michelson war in der 2019er „Forbes“-Liste der reichste Mann Russlands. Aktuell reicht es nur für Platz drei. Der Grund ist wie beim Putin-Vertrauten Timtschenko der Kurssturz beim Gasgiganten Novatek. Michelsons Vermögen reduzierte sich dem Ranking zufolge um fast sieben auf 17,1 Mrd. Dollar. Er hält laut „Forbes“ 48 Prozent am größten russischen Petrochemiekonzern Sibur, an dem auch Timtschenko beteiligt ist. Michelson kaufte demnach 17 Prozent der Anteile an Sibur von Putins angeblichem Ex-Schwiegersohn.

Wladimir Lissin hatte ebenfalls schon mal den Titel „Reichster Mann Russlands“ inne. Fast hätte es in diesem Jahr erneut für die Spitzenposition gereicht. Unmittelbar vor dem Stichtag 18. März aber sank der Aktienkurs seines Stahlproduzenten Novolipetsk Steel laut „Forbes“ im Zuge der Corona-Krise um fast 30 Prozent. Lissin verlor dadurch den Analysten zufolge 3,2 Mrd. Dollar und kam mit 18,1 Mrd. Dollar weltweit auf Rang 45.

Wladimir Potanin ist der neue reichste Mann Russlands. „Forbes“ bezifferte das Vermögen des 59-Jährigen auf 19,7 Mrd. Dollar (weltweit Platz 41). Potanin war der zweite Superreiche der Top 10, der seinen Reichtum im Vergleich zum Vorjahr mehren konnte. Dividenden beim Metallriesen Nornickel bescherten dem Konzernpräsidenten dem Bericht zufolge ein Plus von 1,6 Mrd. Dollar. Im 2019er Ranking hatte Potanin noch auf Platz sechs gelegen. Er hält laut „Forbes“ auch Anteile am Pharmakonzern Petrovax Pharm. Aktuell hat Potanin aber ein großes Problem: Aus dem lecken Großtank eines Nornickel-Kraftwerks nördlich des Polarkreises flossen Ende Mai Tausende Tonnen Diesel und Chemikalien in die Landschaft. Potanin musste sich daraufhin von seinem „guten Bekannten“ Putin während einer Videokonferenz scharf kritisieren lassen. Der nach der Havarie abgesackte Aktienkurs habe aber trotz der Tirade des Präsidenten wieder etwas zugelegt.