Die Porsche Automobil Holding, die mit 52,2 Prozent der Anteile über den größten europäischen Autohersteller Volkswagen herrscht, wird von zwölf Aufsichtsräten kontrolliert: Neben Vertretern der beiden Familienstämme wie Wolfgang, Oliver und Hans-Peter Porsche, sowie Ferdinand und Hans Michel Piëch, sitzen dort mächtige Gewerkschafts- und Betriebsratsvertreter wie Uwe Hück und Bernd Osterloh ebenso wie der honorige Industrieveteran Ex-Henkel-Chef Ulrich Lehner. Eine Frau haben Sie bislang noch nicht in ihre Reihen geholt.
Damit ist Porsche die letzte Männerbastion in dieser Riege. Das sollte sich bald ändern – zumindest nach dem Willen der Bundesregierung, die schon Anfang 2016 eine fixe Quote von 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen verordnet hat. Spätestens wenn Porsche sein oberstes Kontrollgremium im Jahr 2018 neu besetzt, müssten vier Frauen einziehen. Die Zeit, sich um geeignete Kandidatin zu bemühen drängt – zumal die Nachfrage nach Topfrauen immens hoch ist.
Vielzahl vakanter Posten
Gerade Familienunternehmen, die börsennotiert und voll mitbestimmt sind – und somit unter die Quotenverpflichtung fallen, haben noch großen Nachholbedarf. Das zeigt eine aktuelle Analyse der Beratungsgesellschaft Kienbaum, die Capital exklusiv vorab vorliegt.
Fehlten vor einem Jahr insgesamt noch 33 weibliche Aufsichtsräte, um den gesetzlich geforderten Frauenanteil von 30 Prozent in Aufsichtsräten zu erreichen sind heute in den insgesamt 20 betroffenen Familienunternehmen immer noch 19 Aufsichtsratsposten, die für Frauen vorgesehen sind vakaant.
Elf der 20 Familienunternehmen erfüllen die Frauenquote bereits: Bauer (4 Frauen : 8 Männer im AR), BMW (6 : 14), Cewe (5 : 7), Dürr (4 : 8), ElringKlinger (4 : 8), Fielmann (6 : 10), Fresenius (4 : 8), Hella KGaA Hueck (6 : 10), Henkel (6 : 10), Jungheinrich (4 : 8) und Siltronic (4 : 8).
Warum tun sich viele Unternehmen immer noch so schwer Frauen für die Besetzung der Aufsichtsratsposten zu finden? „Es gibt auf jeden Fall genug qualifizierte Frauen“, sagt Anne von Fallois, Director Political Relations bei Kienbaum. Einige Familienunternehmen stünden jedoch vor der Herausforderung mehrere Quoten erfüllen zu müssen: neben der Frauenquote auch einen bestimmten Anteil an Sitzen für Familienvertreter, für die bislang nicht unbedingt im gleichen Maßen Frauen wie Männer bereit stünden.
Mehr als nur gesetzliche Vorgaben
Das Fotoentwicklungsunternehmen Cewe Stiftung ist mit einem Frauenanteil von knapp 42 Prozent der Spitzenreiter. Im Durchschnitt liegt der Anteil weiblicher Aufsichtsräte bei rund 27 Prozent. Schlusslicht ist Porsche mit 0 Prozent. Nachholbedarf haben zudem Villeroy & Boch (Frauenanteil 8,33 Prozent), Hornbach (12,50 Prozent), Wacker Chemie (12,50 Prozent), Volkswagen (20 Prozent), Beiersdorf (25 Prozent), Gerry Weber (25 Prozent), Krones (25 Prozent) und Sartorius (25 Prozent).
Unter die gesetzliche Mindestquote von 30 Prozent fallen insgesamt 106 börsennotierte und voll mitbestimmungspflichtige Unternehmen. 49 dieser 106 Unternehmen erreichen laut Women-on-Board-Index, den die Fraueninitiative FidAR herausgibt, die gesetzlich verbindliche Quote von 30 Prozent.
„Es tut sich etwas in den Aufsichtsräten. Wir sind überzeugt, dass sich auch für die neu zu besetzenden Positionen in den Familienunternehmen Top-Frauen finden lassen“, sagt Monika Berane, Partnerin bei Kienbaum. Letztlich sei es im Eigeninteresse der Unternehmen die Führungsebenen vielfältiger zu besetzen", sagt ihre Kollegin Anne von Fallois: „Es geht um mehr als um die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben: Mehr Vielfalt in den Aufsichtsräten, Vorständen und oberen Führungseben hilft den Unternehmen, innovativ und als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.“